Hamburg. Lufthansa, Air France und weitere Airlines wollen den Riesen-Airbus nicht mehr – ganz verschwinden dürfte er aber nicht.

Nun folgen immer mehr Fluglinien. Auch Europas Primus trennt sich von dem Flugzeugtypen, der zu großen Teilen im Hamburger Airbus-Werk gefertigt wurde. „Bei Lufthansa wurden 14 A380 … dauerhaft aus dem Betrieb genommen“, sagte Lufthansa-Chef Carsten Spohr bei der Bilanzpressekonferenz Anfang März.

Momentan sind die 14 Riesen-Airbusse langfristig geparkt. Fünf von ihnen – darunter auch die mit dem Taufnamen „Hamburg“ – stehen in Frankfurt, sieben in Teruel (Spanien) und zwei in Lourdes (Frankreich). Was mit acht Jets passieren soll, ist offen. Dafür sei es noch zu früh, sagte eine Lufthansa-Sprecherin auf Anfrage.

Für sechs Exemplare ist der Weg hingegen seit zwei Jahren klar. Im März 2019 wurde bekannt, dass sechs Maschinen an Airbus verkauft werden – im Gegenzug bestellte Lufthansa allerdings auch 20 A350-Großraumflugzeuge.

Was macht Airbus mit den A380?

Fragt sich, was Airbus mit den Fliegern machen will. „Wir äußern uns nicht zu Details von Kundenverträgen“, sagte ein Sprecher. Die Frage, ob weitere Rücknahmen der für bis zu 853 Passagiere zugelassenen Jets denkbar seien, blieb unbeantwortet. Viele Airlines würden so ein Angebot wohl gerne annehmen.

So werden die zehn A380 von Etihad Airways kaum an den Himmel zurückkehren. Man habe die strategische Entscheidung getroffen, die A380 zu parken, sagte Tony Douglas, Chef der arabischen Airline, vor wenigen Tagen der Zeitung „The National“. „Ich bin mir sicher, dass wir sie sehr wahrscheinlich nicht mehr bei Etihad im Einsatz sehen werden.“

Heinrich Großbongardt,
Luftfahrtexperte
Heinrich Großbongardt, Luftfahrtexperte © Unbekannt | Unbekannt

Thai Airways sondiert den Markt für zwei A380

Thai Airways testet seit dem 11. März das Marktinteresse für den Verkauf von zwei seiner sechs Superjumbos. Zwei Wochen lang können Bieter Angebote unterbreiten. Dies solle so früh wie möglich erfolgen, so die thailändische Fluglinie. Ob es Offerten gibt, darf bezweifelt werden.

Malaysia Airlines will seine sechs Exemplare seit Jahren verkaufen – es findet sich aber kein Abnehmer. Zuletzt wurden die A380 eingesetzt, um Pilger nach Mekka zu bringen. Der Hadsch findet dieses Jahr Mitte Juli statt. Weil ein Superspreader-Ereignis aber vermieden werden soll, will Saudi-Arabien eine Impfung zur Pflicht für die Teilnehmer machen. Das dürfte die Besucherzahl drücken. Selbst die Einsätze als Charterflieger dürften also gefährdet sein.

Qatar Airways will mindestens fünf seiner zehn Riesen-Airbusse für immer aus dem Dienst ziehen. Man habe sich entschieden, den A380 auf absehbare Zeit nicht einzusetzen, sagte Chef Akbar Al Baker zu Jahresanfang. Wenn er zurückkehre, dann maximal mit der Hälfte der Flotte. Al Baker ist ein Mann markiger Sprüche. Entsprechend deftig fielen seine Bemerkungen aus. Der A380 sei „bezüglich der Emissionen eines der schlimmsten Flugzeuge der heutigen Zeit“ und ein „teurer Spritfresser“.

Am Himmel wird man den A380 weiter sehen

Das Grundproblem bringt er auf den Punkt: Wegen der vier Triebwerke verbraucht der A380 deutlich mehr Sprit als zweistrahlige Konkurrenten wie der moderne A350 oder Boeings 787 Dreamliner und 777. Nun kommt die Corona-Krise hinzu: In der Branche wird mit einer Erholung auf der Langstrecke erst in ein paar Jahren gerechnet. Die Passagierzahl wird also für lange Zeit niedrig bleiben. Das macht den Einsatz für die Fluggesellschaften unrentabel, weil eine hohe Auslastung kaum möglich ist – bei Qatar Airways soll sie durchschnittlich nie höher als 55 bis 60 Prozent gewesen sein.

Auch wenn sich nun wegen der Pandemie immer mehr Fluglinien vom Riesenjet verabschieden – am Himmel wird man den Flugzeugtyp, von dem 251 Stück bestellt wurden, weiterhin sehen. „Ich rechne damit, dass rund 150 A380 wieder in den Liniendienst zurückkehren“, sagte der Hamburger Luftfahrtexperte Heinrich Großbongardt dem Abendblatt.

In erster Linie liegt das an Emirates. Die arabische Fluglinie orderte 123 Stück bei Airbus und ist damit der Hauptabnehmer. „Das gesamte Streckennetz von Emirates baut auf dem A380 auf. Auf Sicht ist die Maschine für Emirates nicht zu ersetzen“, sagte Großbongardt. Allerdings erwartet er eine Reduzierung der Flotte. Ältere Modelle werden aussortiert werden, weil sie ein höheres Gewicht und höhere Wartungskosten haben oder die Leasingverträge auslaufen.

Emirates bekennt sich zum Riesen-Airbus

Emirates bekennt sich erwartungsgemäß zum Riesen-Airbus. „Der A380 wird bis Mitte der 2030er-Jahre unser Flaggschiff bleiben“, sagte ein Unternehmenssprecher auf Anfrage. Von den 117 Maschinen in der Flotte werden derzeit etwa zehn eingesetzt. Sie fliegen vom Heimatflughafen Dubai nach Amman (Jordanien), Kairo (Ägypten), Guangzhou (China) und Moskau (Russland) – und für 15 Tage rund um Ostern ab 24. März ab München.

Sobald die Nachfrage steige, werde die Maschine auf weiteren Strecken eingesetzt. Spätestens im ersten Quartal 2022 sollen alle A380 wieder fliegen. „Wann der A380 wieder nach Hamburg kommt, hängt von der Marktnachfrage ab“, so der Emirates-Sprecher. Ab 29. März steht Fuhlsbüttel vier- statt bisher dreimal wöchentlich im Flugplan, aber mit der kleineren Boeing 777.

Airbus wird letzten A380 im Mai 2022 an Emirates liefern

Vom Airbus-Werksflughafen auf Finkenwerder soll im Mai 2022 der letzte jemals gebaute Riesen-Airbus an Emirates ausgeliefert werden – 17 Jahre nach dem Erstflug. Für Flugzeugprogramme ist das ein kurzer Zyklus. Anfang 2019 beschloss der Konzern, die Fertigung auslaufen zu lassen. Es gab keine neuen Aufträge mehr. Auf Finkenwerder erfolgt nun noch der Innenausbau der letzten Flieger mit Montage von Sitzen, Küchen, WC-Einheiten und Bordunterhaltungsprogramm sowie die Lackierung.

Lesen Sie auch

Auch in Zukunft auf den Flieger setzen will British Airways. „Der A380 fliegt derzeit nicht, aber er spielt eine Rolle für den Wiederaufbau der Fluglinie“, sagte Fluglinien-Chef Sean Doyle dem „Irish Independent“. Wann er wieder in Dienst gestellt werde, sei unklar. Die Briten nahmen stattdessen Boeings 747 aus der Flotte und verfügen nun mit der 777 und dem A350 über deutlich kleinere Flugzeuge – daher kann sich der Einsatz des großen A380 wirtschaftlich lohnen, sagte Großbongardt: „British Airways dürfte vom Drehkreuz London-Heathrow seine zwölf A380 mit jeweils 469 Sitzplätzen auf Strecken nach Los Angeles, Mumbai oder Singapur gut auslasten können.“

Blick in Halle 260, vorne die Strukturmontage für den A321XLR 
Blick in Halle 260, vorne die Strukturmontage für den A321XLR  © Michael Rauhe / FUNKE Foto Services | Unbekannt

Der Luftfahrt-Experte erwartet, dass auch einige weitere Airlines dem A380 treu bleiben werden. Für All Nippon Airways lohne er sich, weil die drei Maschinen sehr jung sind (eine wird noch ausgeliefert) und es von Tokio starke Strecken Richtung Europa und USA (auch auf die Urlaubsinsel Hawaii) gebe. China Southern dürfte seine fünf A380 wegen des großen Binnenmarktes überwiegend auf nationalen Strecken mit einer hohen Auslastung einsetzen. Singapore Airlines will zwölf von einst 19 A380 behalten und verpasst diesen eine neue Kabine, die auf den Rennstrecken nach Europa oder in die USA gut gefüllt werden dürfte. Korean Air könnte nach der Übernahme des nationalen Konkurrenten Asiana Airlines bis zu einem Dutzend der zusammen 16 Maschinen behalten.

Situation hat sich durch Corona erschwert

Auch Qantas setzt auf den A380 und modernisierte Ober- und Hauptdecks des zweistöckigen Superjumbos. Frühestens 2024 könnte die Nachfrage auf dem Niveau von 2019 liegen, sagte Alan Joyce, der Chef der australischen Airline, dem Portal „Executive Traveller“. „Deshalb gehen wir davon aus, dass die A380 für diese drei Jahre in der Wüste geparkt werden.“ Mehrere Maschinen stehen in der Nähe von Los Angeles. In der Mojave-Wüste gelten die Bedingungen für die Einlagerung von Flugzeugen wegen der trockenen Hitze als ideal. Und wenn man sich irre und die Nachfrage besser als erwartet laufe, „können wir die A380 innerhalb von drei bis sechs Monaten reaktivieren“, sagte Joyce.

Einen Schlussstrich unter das Kapitel zog hingegen Hi Fly. Die Portugiesen kauften im Sommer 2018 als erste Fluglinie einen gebrauchten A380. Die Maschine flog einst für Singapore Airlines und gehört dem Fondshaus Doric. Hi Fly wollte die Maschine im Wet-lease-Verfahren vermarkten, also inklusive Crew, Wartung und Versicherung an Fluglinien verleihen, um beispielsweise Kreuzfahrttouristen zu befördern. Das Geschäftsmodell funktionierte offenbar nicht. Hi Fly verlängerte den Leasingvertrag nicht und gab die Maschine Ende 2020 zurück.

Die wichtigsten Corona-Themen im Überblick

Der Fall stützt Großbongardts Einschätzung: „Es gibt keinen Zweitmarkt, und es wird auch keinen geben. Käufer für ganze Maschinen werden sich nicht finden lassen. Den A380 auszumustern heißt: Er wird verschrottet.“ Die Flieger werden als Ersatzteillager dienen, die Motoren können verkauft oder vermietet werden – ein Schicksal, das schon einige A380 erlebten. Auch den vier Jets auf der Myairtrade-Seite droht das Los. Sie stehen seit Monaten zum Kauf oder zur Vermietung – ohne Erfolg. Die Situation habe sich durch Corona erschwert, sagte ein Sprecher von Dr. Peters, sodass nicht abzusehen sei, „ob es zukünftig kaufwillige Airlines geben wird“.