Wedel. Der Schulauer Hafen muss regelmäßig von Schlick befreit werden: Was der Klimawandel und die Elbvertiefung damit zu tun haben (könnten).

Es ist 13 Uhr, noch steht die Crew der MS „Akke“ an der Reling, doch gleich heißt es für die Männer: Schlafenszeit! Erst, wenn das über den Tag hineingelaufene Wasser abends aus dem Schulauer Hafen abzulaufen beginnt, geht es für Robert Böcker und seine Kollegen wieder an die Arbeit.

Denn wie schon in den vorherigen Jahren muss das Schulauer Hafenbecken in Wedel auch dieses Frühjahr entschlickt werden. Das Sediment aus den Überresten abgestorbener Lebewesen, das sich hier angesammelt hat, soll jetzt zu großen Teilen zurück in die Elbe gespült werden. Dafür hat die Stadt das Spülbaggerschiff MS „Akke“ und dessen Besatzung angeheuert.

Wie die Entschlicker im Schulauer Hafen arbeiten

Die Kapitäne Robert Böcker und Hans Burlager sowie Maschinist Ralf Oleksyn sind an Bord im Einsatz. Sie wissen ganz genau, wie der Entschlickungsvorgang funktioniert: „Zwei Pumpen am Schiff saugen Wasser an und drücken es durch zwei Rohre zu mehreren Düsen, die das Wasser dann wieder in den Boden spritzen“, sagt Böcker. Durch das „Injizieren“, wie die Fachleute sagen, werde das Sediment aufgelockert und bekomme „die Konsistenz eines Puddings“. Mit der Ebbe werde das Wasser dann aus dem Hafenbecken in den Elbstrom getragen und fließe in Richtung Nordsee.

1943 erbaut, hat die MS „Akke“ schon eine lange Geschichte hinter sich. Während des Zweiten Weltkriegs wurde sie genutzt, um Wasserflugzeuge in Not zu bergen, sagt Hayung Poppe. Er ist der Geschäftsführer der Meyer & van der Kamp GmbH, die den Spülbagger betreibt. Im Laufe der Jahre sei das Schiff immer weiter modernisiert worden und laufe jetzt mit GTL, einem Treibstoff aus verflüssigtem Erdgas. Dieser gebe weniger Schadstoffe in die Atmosphäre ab als Diesel. „Die MS ,Akke‘ ist das beste Beispiel dafür, dass solche Maschinen lange erhalten werden können, wenn man sie immer auf den neuesten Stand der Technik bringt“, sagt er „ich sehe das als sehr nachhaltig an.“

Ist die Elbvertiefung schuld am Schlick?

Das mehr als 45 Meter lange Spülbaggerschiff im Schulauer Hafenbecken. Hier ist gerade Niedrigwasser.
Das mehr als 45 Meter lange Spülbaggerschiff im Schulauer Hafenbecken. Hier ist gerade Niedrigwasser. © Alexandra Schrader | Alexandra Schrader

Dass das Spülbaggerschiff seiner Firma in den letzten Jahren regelmäßig in Wedel zum Einsatz kommt, sei vor allem auf den natürlichen Prozess der Verschlickung zurückzuführen. Das Sediment lagere sich immer dort ab, wo der Fluss wenig in Bewegung ist. Ob die vor Wedel bereits abgeschlossene Elbvertiefung einen Einfluss auf die Ablagerungsmengen hat, lasse sich aktuell noch nicht feststellen. „Es braucht Jahrzehnte, bis wir da Zusammenhänge erkennen können“, sagt Poppe. Schließlich gebe es auch natürliche Veränderungen, weshalb erst nach einiger Zeit Folgen der Fahrrinnenanpassung festzustellen seien.

Das entspricht auch den Aussagen von Jürgen Behm, Sachbereichsleiter beim Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Hamburg. Trotzdem sagt er: „Eingriffe in die Natur haben immer Auswirkungen auf natürliche Vorgänge.“ So müsse auch bei der Entschlickung auf bestimmte Kriterien geachtet werden: Der Einsatz des Spülbaggers dürfe beispielsweise immer nur bei einer Wassertemperatur unter zwölf Grad stattfinden, sagt Behm. Sonst werde der Sauerstoffgehalt des Wassers zu gering.

Die starke Verschlickung des Schulauer Hafens während der letzten Jahre hänge jedoch auch mit den veränderten Wassermengen in der Elbe zusammen. „In den letzten Jahren gab es relativ wenig Regen und Schmelzwasser in der Region der tschechisch-polnischen Grenze, wo die Elbe entspringt“, so Jürgen Behm. Daher habe es weniger Wasser gegeben, das das Sediment in Richtung Nordsee hätte spülen können, stattdessen lagere es sich in den ruhigen Häfen ab.

Auch unter dem Ponton am Willkomm-Höft ist Schlick

Laut Aussage der Hamburg Port Authority sind die geringen Niederschlagsmengen bereits eine Folge des Klimawandels. Auch Wasserentnahmen aus der Elbe, zum Beispiel „zur Flutung ehemaliger Braunkohletagebaue und zur Bewässerung von Landwirtschaft“ seien Grund für die geringeren Oberwassermengen, die aus dem Inland nach Hamburg fließen.

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18.000 Kubikmeter Schlick sollen dieser Tage laut Wedeler Stadtverwaltung aus dem Schulauer Hafen gespült werden. „Wie viel es dann letztendlich sind, erfahren wir meist erst am Ende, wenn eine Nachpeilung der Hafensohle stattgefunden hat“, sagt Robert Böcker. Das könne von den Prognosen abweichen.

Auch der Bereich des Pontons am Willkomm-Höft soll am 22. und 23. März mit einem kleineren Spülschiff entschlickt werden. Zwischen 45.000 und 50.000 Euro kosten die Hafen-Unterhaltungsmaßnahmen die Stadt Wedel.