Hamburg. Erfolg nach monatelangen Verhandlungen: Airbus, Gewerkschaft und Betriebsrat erzielen Einigung über Beschäftigungssicherung.
Leicht war das offenbar nicht: Nur gut drei Wochen vor dem Ende der Beschäftigungssicherung bei Airbus in Deutschland haben sich die Arbeitnehmerseite und das Unternehmen auf eine neue Jobgarantie verständigen können. Bis Ende des Jahres 2023 sind betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen, wie die IG Metall und der Betriebsrat in Hamburg am Donnerstag mitteilten.
Das sei „eine riesige Erleichterung für uns alle“, sagte Holger Junge, der Vorsitzende des Konzernbetriebsrats: „Wir können uns jetzt wieder auf die schrittweise Erholung der Produktion und vor allem auf unsere Zukunftsprojekte konzentrieren, wie etwa das emissionsfreie Fliegen.“
Airbus gibt bis 2023 eine Job-Garantie
In den Verhandlungen ging es darum, eine Möglichkeit zu finden, wie Airbus nach dem Auslaufen der Kurzarbeit Ende diesen Jahres mit einer weiterhin schwachen Auslastung der aktuell um 40 Prozent gekürzten Flugzeugproduktion umgehen kann. Kernpunkt der jetzt gefundenen Einigung ist ein Regelwerk, das dem Unternehmen die Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit von regulär 35 Stunden in vier Stufen bis hinunter auf 28 Stunden bei „teilweisem Entgeltausgleich“ erlaubt.
Was das konkret bedeutet, erklärte IG-Metall-Verhandlungsführer Carsten Bremer: „Jemand, der 28 Stunden pro Woche arbeitet, wird für 29,2 Stunden bezahlt, außerdem erhält er pauschal 100 Euro im Monat zusätzlich.“ Weil die Wahlmöglichkeit bestehe, das Weihnachtsgeld in zwölf Monatsraten ausgezahlt zu bekommen, könne es Fälle geben, in denen ein Mitarbeiter gar keine Gehaltseinbuße gegenüber der regulären Arbeitszeit hinnehmen muss, so Bremer.
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Für den teilweisen Lohnausgleich habe man ein „solidarisches Finanzierungsmodell“ vereinbart: Airbus trägt mindestens zwei Drittel der Kosten, den Rest steuern Beschäftigte bei, die nicht von der Absenkung der Arbeitszeit betroffen sind. Dafür soll unter anderem das tarifliche Zusatzgeld, das im Jahr 2018 eingeführt wurde und das in bis zu acht zusätzliche freie Tage umgewandelt werden kann, herangezogen werden.
„Mit dem Abschluss zeigen IG Metall, Betriebsrat und Geschäftsführung, dass sie gemeinsam und verantwortungsvoll auf den massiven Produktionseinbruch durch die Corona-Krise reagieren“, sagte Daniel Friedrich, Bezirksleiter der IG Metall Küste: „Aus meiner Sicht ist das ein sehr starkes Ergebnis.“ Vor allem sei nun klar: „Die angedrohten Entlassungen sind vom Tisch.“
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Regulär wäre die bisher bei Airbus geltende Beschäftigungssicherung bereits Ende Dezember 2020 ausgelaufen. Angesichts der schweren Luftfahrtkrise und der dadurch noch schwierigeren Verhandlungen über eine Nachfolgeregelung war die Frist bis Ende März 2021 verlängert worden.
Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie hatte Airbus im vergangenen Juli angekündigt, weltweit 15.000 Stellen abbauen zu wollen, darunter 5100 der 50.000 Arbeitsplätze in Deutschland. In Hamburg sollten 2260 der rund 15.000 Stellen wegfallen. In diesem Zusammenhang hatte der Konzernvorstand gedroht, dass Entlassungen vorgenommen werden müssen, wenn nicht genügend Beschäftigte freiwillig und mit Abfindungen gehen sollten.
Insgesamt 2300 Airbus-Mitarbeiter gehen freiwillig
Wie Holger Junge jetzt mitteilte, haben insgesamt rund 2300 Mitarbeiter die entsprechenden Angebote des Unternehmens angenommen. In Hamburg seien es etwa 1000 gewesen und ebenfalls 1000 bei dem konzerneigenen Zulieferer Premium Aerotec Group (PAG) mit Werken in Nordenham und Varel (Niedersachsen) sowie in Augsburg.
Nach Einschätzung von Junge hat die gr0ße Zahl derer, die das Freiwilligenprogramms aus dem Sozialplan annahmen, einen „radikalen Kahlschlag verhindert“. In dem großen Zuspruch zeige sich die Attraktivität der vereinbarten Konditionen. Junge dankte aber auch der Bundesregierung: „Die Verlängerung der Kurzarbeit und die enormen Mittel für Forschung und Entwicklung tragen massiv dazu bei, Arbeitsplätze zu sichern.“ Durch staatliche geförderte Forschungsprojekte sei zusätzliche Arbeit hereingekommen.
Bis zu 300 Beschäftigte von Standortwechsel betroffen
Auch in Frankreich und Großbritannien werde es keine Kündigungen geben, teilte Airbus nach einem Treffen mit dem europäischen Betriebsrat am Donnerstag mit. In Spanien werde noch verhandelt. Die ergriffenen Maßnahmen zur sozialen Abfederung – gemeint sind vor allem die Kurzarbeiterregelungen in den verschiedenen Ländern – zeigten Wirkung, hieß es. Voraussetzung für die Beschäftigungssicherung sei aber eine erhöhte interne Mobilität der Mitarbeiter.
Sie wird nach Angaben von Junge auch in Norddeutschland vom Personal gefordert sein: „250 bis 300 Beschäftigte von PAG erhalten die Möglichkeit, in Airbus-Werke zu wechseln, vor allem an den Standort Hamburg.“