Hamburg. Gründer Daniel MacGowan hat die Mehrheit abgegeben. Nun will er mit pflanzlichen Produkten in die Supermärkte.
Auf dem Herd brutzeln Bratlinge. Sie sehen aus wie Fleisch, riechen auch so, sind aber vegan. Daniel MacGowan-von Holstein (40) brät sie so lange, bis die Unterseite braun ist. Dann wendet er sie. Der Gastronom steht in der Otto’s-Burger-Küche am Grindelhof. Lange war er der Kopf der Restaurantkette. Jetzt ist er es nicht mehr. Im Oktober hat er die Mehrheit seines Unternehmens an die Gustoso Gruppe aus München verkauft, MacGowan ist nur noch stiller Teilhaber. Er möchte weg von Burgern, von der Gastronomie und hin zum veganem Fleischersatz, zum Einzelhandel und zur Fünf-Tage-Woche.
Mit der Corona-Krise habe der Verkauf nichts zu tun, sagt er. Otto’s Burger habe 2020 einen Umsatz im siebenstelligen Bereich gemacht und schwarze Zahlen geschrieben. Siebenstellig war auch der Betrag, den die Gustoso Gruppe gezahlt hat, um die Restaurantkette zu erwerben. MacGowan besitzt jetzt nur noch wenige Anteile, wie viele genau, will er nicht verraten.
Konzept bleibt gleich
„Das Konzept bleibt aber gleich, die Speisekarte und das Personal bleiben. Der Gast wird nichts merken – außer er liest davon.“ Was sich hingegen bald ändern könnte: Statt der drei Standorte in Hamburg und einem in Köln, will der neue Hauptgesellschafter bundesweit neue Filialen eröffnen. Fast drei Jahre liefen die Gespräche, bis das Geschäft zustande kam.
Seit 2019 gehört der Gustoso Gruppe auch die Münchener Restaurantkette Ruff’s Burger. Sie soll mit Otto’s Burger kooperieren, um die deutsche Burgerlandschaft aufzurollen. „Durch die Zusammenarbeit können wir gemeinsam erfolgreich weiter wachsen und in ganz Deutschland expandieren“, sagt MacGowan. Ohne den Partner hätte das aus seiner Sicht länger gedauert.
MacGowan möchte beruflich andere Wege gehen
Doch das ist nicht der einzige Grund für den Verkauf der Mehrheit. Es gibt noch zwei weitere: MacGowan möchte mehr Zeit mit Söhnchen William (11 Monate) verbringen und dadurch seine Frau, die eine Kinderarztpraxis hat, unterstützen. Das würde als alleiniger Kopf von Otto’s Burger nicht funktionieren. „In der Gastronomie ist immer irgendwas, auch am Wochenende und abends.“ Außerdem möchte er beruflich andere Wege gehen. MacGowan will vegane Ersatzprodukte ohne Zusatzstoffe entwickeln – und Fleischesser zu Flexitariern machen. Das ist sein neues Projekt mit dann hoffentlich regelmäßigen Arbeitszeiten.
Veganer gehören dabei nicht zur Hauptzielgruppe. „Da ist nicht viel gewonnen, wenn wir eine bessere Fleischalternative für Veganer finden. Das wird umwelttechnisch nicht groß etwas ändern. Aber wenn wir Fleischesser überzeugen können, mehr Alternativen zu essen, dann macht das einen Riesenunterschied.
MacGowan beliefert Otto’s Burger seit Jahren mit Fleisch
Das muss das Ziel sein.“ Mit „wir“ meint MacGowan sich und Franziskus Schnabel (42). Er beliefert Otto’s Burger seit Jahren mit Fleisch. Im Heidedorf Jelmstorf betreibt er die Lebensmittel-Manufaktur Beef Basics, wo er Steaks, Spareribs und Schweinenacken produziert. Tierwohl sei dort oberste Priorität. Nun geht auch er einen Schritt weiter. Fürs Klima. Seine Fleisch-Manufaktur betreibt er trotzdem weiter.
Die Marke, mit der die beiden den Markt gewinnen wollen, existiert bereits. Mit „Keen 4 Greens“ (deutsch: scharf auf Gemüse) bieten sie seit Oktober 2019 Bratlinge an, die schon bei Otto’s Burger in der Küche brutzeln. Die Restaurantkette verkauft sie auch bei Edeka Nord für 4,99 Euro mit eigenem Otto’s-Etikett.
Fünfstelliger Umsatz von Keen 4 Greens im Corona-Jahr
Das Rezept geht auf die zwei Gründer zurück. Doch sie wollen weg vom Bratling. MacGowan sagt: „Wir sind keine Burger-Nation. In der Gastronomie essen wir zwar viele Burger, das ist eines meiner Kerngeschäfte. Aber zu Hause grillen wir und essen meistens ein Stück Fleisch oder eine Bratwurst.“
Deshalb setzt das Duo mit seiner Marke seit dem Sommer zusätzlich auf Mayonnaisen, Ketchup und vegetarische Chicken Nuggets. Die Hamburger Fast-Food-Kette Vincent Vegan hat die frittierten Nuggets bereits ins Sortiment genommen. Geschäftsführer Christian Kuper sagt: „Da schmecken Leute fast kaum Unterschiede zu den herkömmlichen.“ Mit der Produktpalette ist Keen 4 Greens im Corona-Jahr bereits auf einen fünfstelligen Umsatz gekommen. Am Ende stand kein Verlust, aber eine kleinere Zahl als erhofft, sagt MacGowan.
November-Lockdown traf das Start-up hart
Denn der November-Lockdown traf das Start-up hart. Im Laufe des vergangenen Jahres hatten die Gründer nämlich auf den Großhandel gesetzt, doch dann brauchten die Restaurants keine Mayonnaisen und Bratlinge mehr. Dieses Jahr ändern MacGowan und Schnabel ihre Strategie, wollen die Schlappe wettmachen und einen siebenstelligen Umsatz erwirtschaften.
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Statt auf die Gastronomie zu setzen, streben die beiden in die Supermärkte. „Wir wollen, dass die Leute unsere Produkte in den Alltag einbauen und sie nicht nur auf den Tisch bringen, wenn sie Freunde einladen“, sagt Schnabel. Er setzt darauf, dass es auch nach Corona weiter viele Hobby-Köche geben wird. Deshalb sollen in jedem Quartal neue Erzeugnisse auf den Markt kommen.
Im zweiten Quartal kommt die vegane Bratwurst in den Einzelhandel
So sieht der Jahresplan aus: Im zweiten Quartal kommt die vegane Bratwurst in den Einzelhandel. Ab dem dritten gibt es vegane Baconstreifen, Gulaschwürfel und Geschnetzeltes. Zum Beispiel für eine Pilzpfanne oder den Salat. Außerdem arbeiten die Gründer an Käsehappen mit Jalapeños und Tiefkühlgerichten nach asiatischer, indischer oder europäischer Art. Alles vegan.
Hergestellt wird der Fleischersatz in einem Partnerbetrieb in der Lüneburger Heide. Der Zeitplan ist sportlich, denn alle Produkte sind noch in Planung. Um ihn trotzdem einhalten zu können, verhandeln die beiden mit einem Investor, der namentlich noch nicht genannt werden soll.
Neue Grundmischung sieht ein wenig aus wie Geschnetzeltes
Anders als beim alten Keen-4- Greens-Sortiment ist die Zutatenliste demnächst kürzer. In die Bratling-Rezeptur gehören aktuell Weizenprotein, Erbsen, Bohnen sowie Rapsöl, Rote-Bete-Extrakt, Bockshornklee, Zwiebel, Gewürze, Röstaromen, Hefe-Extrakt und der Hefekleister Methylzellulose (E 461). Die neuen Erzeugnisse kommen hingegen mit vier Komponenten aus: Wasser, Öl, Salz und Sonnenblumenkerne in Bioqualität. „Das ist unser Alleinstellungsmerkmal“, sagt Schnabel. Preislich orientieren sollen sich die Bioprodukte am Premiumfleischmarkt orientieren.
Die neue Grundmischung sieht ein wenig aus wie Geschnetzeltes und hat eine rindfleischähnliche Textur. Der Geschmack erinnert an Huhn. Eine Schale zum Probieren steht in der Küche bei Otto’s Burger. MacGowan steht daneben. Er trägt Sohn William auf dem Arm. Der Kleine schaut aber nicht auf die Schale, auch nicht auf die brutzelnden Bratlinge, sondern lieber gespannt auf die blinkende Spülmaschine. Er macht große Augen.
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Dabei war er bereits häufig in Gastroküchen. „Ich stand schon mit ihm an der Pfanne und habe versucht, Burger zu machen, da war er sechs Monate alt.“ Nun findet der neue Alltag fast nur noch im Büro statt. Doch der Weg ins Restaurant am Grindelhof bleibt ein kurzer: Nur eine Etage trennen William, seinen Papa und Franziskus Schnabel von der Küche. Bei offenem Fenster können sie sogar den Burgerduft riechen.