Hamburg. Unternehmen in Hamburg können Anträge auf erste Zahlungen für November jetzt stellen. Kritiker: Unterstützung zu großzügig.

Nun soll alles ganz schnell gehen: Hamburger Unternehmen und Selbstständige, die immerhin schon seit dreieinhalb Wochen von den erneuten Betriebsschließungen zur Corona-Bekämpfung betroffen sind, können seit Mittwoch zumindest einen Abschlag auf die so genannte Novemberhilfe beantragen – dem Vernehmen nach lief es problemlos. Erste Zahlungen würden „noch im November" erfolgen, verspricht Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD).

Mit rund 20.000 Anträgen in Hamburg rechnet Finanzsenator Andreas Dressel (SPD). Zusammen mit den anderen aktuell noch laufenden und bereits angekündigten Unterstützungsprogrammen sei der Hamburger Corona-Schutzschirm nun „so breit aufgespannt wie noch nie“, heißt es vom Senat.

Finanzsenator erwartet halbe Milliarde Euro an Wirtschaftshilfe

Er geht davon aus, dass aus diesen neuen Programmen mehr als eine halbe Milliarde Euro von der Wirtschaft der Hansestadt in Anspruch genommen werden. Zum Vergleich: Aus der früheren Überbrückungshilfe I und der jetzigen Überbrückungshilfe II sind wegen der sehr restriktiv gehaltenen Kriterien bisher nur knapp 60 Millionen Euro in Hamburg bewilligt worden. Mit der am Mittwoch von der Ministerpräsidentenkonferenz diskutierten Verlängerung der Corona-Beschränkungen bis zum 20. Dezember werden die Forderungen aus der Unternehmenslandschaft, Hilfslücken künftig zu schließen, noch lauter. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten zu den Unterstützungsprogrammen:

Wer kann Novemberhilfen beantragen?

Vorgesehen sind sie in erster Linie für Unternehmen sowie Selbstständige, denen die Geschäftstätigkeit aufgrund der „Lockdown light“-Bestimmungen untersagt ist – also etwa für Restaurants, Kinos und Kosmetikstudios. Doch auch indirekt Betroffene können einen Antrag stellen, sofern sie „nachweislich und regelmäßig“ mindestens 80 Prozent ihrer Umsätze mit Unternehmen erwirtschaften, die unter die Schließungsverordnung fallen.

Wie viel Geld gibt es?

Unternehmen mit bis zu 50 Beschäftigten erhalten eine einmalige Kostenpauschale von bis zu 75 Prozent des Umsatzes, den sie im November 2019 erzielt haben. Bei größeren Firmen ist die Förderhöhe durch das EU-Beihilferecht auf höchstens 70 Prozent der ungedeckten Fixkosten begrenzt. In jedem Fall werden andere Corona-Hilfen, die als Zuschuss gewährt werden – auch das Kurzarbeitergeld –, angerechnet. Bisher kann jedoch erst einmal nur eine Abschlagszahlung beantragt werden. Sie beträgt für Soloselbstständige bis zu 5000 Euro, für Firmen gibt es bis zu 10.000 Euro.

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Wie werden Restaurants mit Außerhausverkauf behandelt?

Für sie gibt es eine Sonderregelung. Manche Restaurants, die Anfang November schließen mussten, beschäftigen ihre Küche für Bringdienste weiter. Die damit jetzt erzielten Umsätze werden nicht auf die Novemberhilfe angerechnet. Allerdings werden dafür bei der Festlegung ihrer Höhe nur die im November 2019 im eigentlichen Restaurantbetrieb erwirtschafteten Erlöse zugrunde gelegt.

Wie funktioniert die Abwicklung?

Soloselbstständige dürfen den Antrag selber stellen, Firmen müssen dazu einen Steuerberater (gut 4400 in Hamburg), Wirtschaftsprüfer (gut 1000) oder Rechtsanwalt (11.000) einschalten, wobei der Staat die Kosten dafür trägt. Die Anträge werden über das bereits von der früheren Corona-Hilfe bekannte Internetportal (www.ueberbrueckungshilfe-unternehmen.de) eingereicht. Für Antragsteller aus Hamburg übernimmt die Hamburgische Investitions- und Förderbank (IFB) die Prüfung der Unterlagen. Nach Angaben der IFB sind bis zu 100 Mitarbeiter damit beschäftigt.

Kann die Novemberhilfe sogar zu einem höheren Gewinn führen?

Der CDU-Politiker Friedrich Merz hat in einem Interview mit dem „Tagesspiegel“ eine Debatte über solche ungewollten Effekte der Novemberhilfe, die ja nur auf den Umsatz und nicht auf die Kosten abstellt, ausgelöst. Ein Konzertveranstalter etwa mache vielleicht fünf Prozent Gewinn am Umsatz, bekomme jetzt aber 75 Prozent eines Monatsumsatzes erstattet, so Merz: „Das ist völlig jenseits aller Schäden, die er erleidet.“

Auch Ralf Jahn, Jura-Professor und Hauptgeschäftsführer der IHK Würzburg-Schweinfurt, hat in einem Blog-Beitrag mit dem Titel „Corona-Wirtschaftshilfe als Plusgeschäft!“ auf mögliche Fehlsteuerungen hingewiesen: Laut Deutschem Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) lägen bei Restaurants die Kosten für Personal- und Wareneinsatz zwischen 20 und 30 Prozent des Umsatzes. Wenn ein Gastronom, bei dem diese Kosten mehr als 25 Prozent der Erlöse ausmachen, jetzt auf das Außerhaus-Geschäft verzichte und die Kosten daher nicht anfielen, könne er durch die Hilfen besser abschneiden als im November des Vorjahres, so Jahn.

Welche weiteren Corona-Hilfen gibt es?

Aktuell läuft noch die Überbrückungshilfe II für Unternehmen und Selbstständige, die zwischen April und August einen Umsatzeinbruch von durchschnittlich mindestens 30 Prozent erlitten haben. Für sie gibt es bis zu 50.000 Euro pro Monat. Bereits angekündigt wurde eine Überbrückungshilfe III für die Fördermonate Januar bis Juni 2021 mit Verbesserungen gegenüber dem bisherigen Programm und einer auf monatlich 200.000 Euro heraufgesetzten Obergrenze.

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Wie beurteilt die Wirtschaft die Hilfe?

„Die Novemberhilfen sind erkennbar mit der sehr heißen Nadel gestrickt worden“, sagt Michael Thomas Fröhlich, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Unternehmensverbände in Hamburg und Schleswig-Holstein (UVNord). „Der Umfang geht der Höhe nach in Ordnung“, so Fröhlich, die Auszahlung komme aber spät.

Es werde jetzt und in den nächsten Wochen darauf ankommen, „auch die mittelbar betroffenen Unternehmen besser auszustatten, damit Arbeitsplätze bei uns in der Hansestadt nicht verloren gehen“, heißt es vom UVNord. Norbert Aust, Präses der Handelskammer Hamburg, bekräftigte die Forderung, „dass kein Unternehmen, das vor Ausbruch der Corona-Pandemie gesund war, durch die Eindämmungsmaßnahmen pleite gehen darf“.

Wie steht der Einzelhandel dazu?

Einzelhändler bekommen die Novemberhilfe nicht, weil sie die Geschäfte nicht schließen mussten. „Wir werden auf die Überbrückungshilfe II verwiesen, aber dazu müssten die Umsätze über einen längeren Zeitraum um 30 Prozent eingebrochen sein“, sagt Brigitte Nolte, Geschäftsführerin des Handelsverbandes Nord. Weil es im Sommer zwischenzeitlich besser lief, sei dies meist nicht gegeben. „Aber schon ein Umsatzrückgang von 20 Prozent führt dazu, dass Mieten nicht mehr bezahlt werden können“, sagt Nolte.

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