Hamburg. Bis zum 30. November kann der Anbieter gewechselt werden. In Hamburg sind Policen teuer, deshalb lohnt ein Vergleich besonders.

Die Werbebotschaften der Kfz-Versicherer zeigen, die Wechselsaison ist in vollem Gange. Bis zum 30. November können Hamburgs Autofahrer zu einem günstigeren Anbieter wechseln oder sich um ein besseres Angebot bei ihrem bisherigen Versicherer bemühen. 48 Prozent der Autofahrer denken 2020 über einen Wechsel ihrer Kfz-Versicherung nach, ergab eine Umfrage von YouGov. Das Ziel: 85 Prozent wollen Geld sparen, und 27 Prozent hoffen auch auf bessere Versicherungsleistungen.

Auch die Versicherer wollen von dieser Wechselbereitschaft profitieren. Die Allianz Direct wirbt mit Sprintstar Usain Bolt, erzählt die Geschichte eines Autokaufs und zeigt, dass sich die Police mit ein paar Klicks per Smartphone abschließen lässt. Die Spots der HUK Coburg transportieren dagegen die plakative Botschaft von „unglaublichen Leistungen zum unglaublichen Preis“.

Der Unterschied ist, dass in Vergleichsrechnungen des Abendblatts (s. Grafik) Tarife der HUK-Gruppe häufig unter den günstigsten Anbietern sind, während sich ein Tarif der Allianz Direct nicht unter den Bestplatzierten findet. Auch ein umfangreicherer Vergleich der Stiftung Warentest zeigt, die Tarife des Direktversicherers HUK24 sind für alle Altersgruppen weit besser als der Durchschnitt, während Allianz Direct nur besser als der Durchschnitt abschneidet. Der Wechsel zu einem neuen Schutz ist aber nicht nur eine Frage des Preises, auch die Leistungen müssen passen. Das Abendblatt beantwortet die wichtigsten Fragen zum Versicherungswechsel.


Wie ist das Preisniveau der Kfz-Versicherung in Hamburg?

Die deutschen Großstädte wie Hamburg, Berlin oder Köln sind besonders teure Regionen. Die Hamburger zahlen für den Rundumschutz rund 40 Prozent mehr als im Bundesschnitt. „Großstädte sind häufig in hohe Regionalklassen eingestuft, weil es aufgrund des dichteren Verkehrs häufiger kracht“, sagt Tobias Stuber, Geschäftsführer bei Check24. Und je höher die Einstufung – Hamburg hat die höchste Regionalklasse in der Haftpflichtversicherung – desto teurer werden die Policen.




Lohnt dann ein Wechsel überhaupt?

Unbedingt. Denn Treue rächt sich. Für Bestandskunden werden die Verträge bei Kfz-Versicherungen oft von Jahr zu Jahr teurer. Zwar sind das in der Regel nur zehn oder 20 Euro, aber im Laufe der Jahre summiert sich das schnell auf 100 Euro oder mehr. Doch wer einen Neuvertrag abschließt – egal ob beim bisherigen Versicherer oder einem neuen Anbieter – profitiert vom Preiskampf der Kfz-Versicherer zur Wechselsaison.

Nach Berechnungen der Stiftung Warentest können viele Versicherte mehrere Hundert Euro sparen. Im Oktober zahlen Verbraucher nach Berechnungen von Check24 für die Haftpflichtversicherung zehn Prozent weniger als im Juli. „Wir vermuten, dass sich diese Entwicklung fortsetzt und der Kfz-Haftpflichtbeitrag in diesem Jahr sogar weiter sinkt als im Vorjahr“, sagt Stuber. „Die Versicherer mussten wegen der Corona-Beschränkungen weniger Schäden regulieren und das könnte sich positiv auf die Versicherungsbeiträge auswirken.“

Welche Faktoren beeinflussen die Versicherungsprämie?


Neben dem Fahrzeugtyp, der Regionalklasse sowie dem Schadenfreiheitsrabatt (SF-Klasse) fließt eine Vielzahl weiterer Merkmale in die Beitragsberechnung ein – wie der Wohnort des Versicherten. Selbst innerhalb einer Stadt wie Hamburg kann es große Unterschiede geben, wie Check24 in einer Studie ermittelt hat. So steigt der Versicherungsbeitrag (Haftpflicht mit Vollkasko) für den Hamburger Autofahrer um bis zu 15 Prozent je näher er in der Bergedorfer Straße stadteinwärts wohnt. Auch das Alter, die jährliche Fahrleistung und die Zahl sowie das Alter der Fahrer spielen eine Rolle. Ein beliebiger Fahrerkreis kann die Police um 179 Prozent verteuern.

Lesen Sie auch:


Wer sind die günstigsten Versicherer?

Die Stiftung Warentest hat in umfangreichen Berechnungen einige Versicherer ermittelt, die in der Regel für viele Autofahrer beim Beitragsniveau weit besser als der Durchschnitt abschneiden. Das hängt aber auch vom jeweiligen Tarif ab. Zu diesen Versicherern gehören Axa Easy, Deutsche Allgemeine, Hanse Merkur, HUK24 und Verti. Einzelheiten können im aktuellen Heft „Finanztest“ nachgelesen werden. In den nicht repräsentativen Beispielrechnungen für Hamburger Autofahrer in der Grafik können sich die HUK Coburg und ihre Tochtergesellschaft, die Direktversicherung HUK 24, insgesamt viermal unter den preisgünstigsten Anbietern behaupten. Die Alte Leipziger ist dreimal und die WGV, VHV und Sparkassenversicherung je zweimal vertreten.

Welche Leistungen sind wichtig für eine Kfz-Versicherung?


„Wir raten zur Höchstdeckung von 100 Millionen Euro für den Gesamtschaden“, sagt Kerstin Becker-Eiselen, Versicherungsexpertin der Verbraucherzentrale Hamburg. Personenschäden sollten mit mindestens acht Millionen Euro versichert sein. Bei der Vollkaskoversicherung sollte durch den Versicherer auf den Einwand der groben Fahrlässigkeit verzichtet werden.

Ein solcher Vorwurf kann zum Beispiel erhoben werden, wenn man aus Unachtsamkeit eine rote Ampel überfährt und dadurch einen Unfall verursacht. Der Versicherer kann dann die Zahlungen für das eigene Auto kürzen. „Über eine erweiterte Wildschadenklausel sollten Schäden durch Kollisionen mit Tieren aller Art versichert sein“, rät Bianca Boss vom Bund der Versicherten. Auch für Schäden durch Marderbisse sowie deren Folgeschäden sollte die Versicherung aufkommen.

Worin unterscheiden sich die Tarife in den Beispielrechnungen?


Der junge Fahrer entscheidet sich für einen Basis-Tarif mit Teilkasko-Versicherung, weil er das Auto besonders günstig versichern möchte. Damit geht in der Regel eine Werkstattbindung bei Kaskoschäden einher. Der Kunde darf nur in Werkstätten fahren, die der Versicherer vorschlägt. Alle fünf Tarife verzichten aber auf den Einwand der groben Fahrlässigkeit. Der Tarif Classic Select der HUK24 ist deutlich besser als Basis Select der HUK Coburg. So hat der Direktversicherer eine erweitere Wildschadenklausel, versichert also auch den Zusammenstoß nicht nur mit Wildtieren. Außerdem werden Folgeschäden durch Tierbisse bis zu 20.000 Euro ersetzt.

Im Tarif der Muttergesellschaft gibt es das alles nicht. Die höchsten Beiträge muss der Neuwagenfahrer bezahlen. Das liegt an einigen Extras, die für einen Neuwagen wichtig sind. So gewähren die drei günstigsten Anbieter bei einem Totalschaden oder einem Diebstahl eine Neuwertentschädigung von 24 Monaten. Da das Fahrzeug mit einem Kredit gekauft wurde, gibt es noch eine sogenannte GAP-Deckung für die Kaskoversicherung. Sie deckt bei einem Totalschaden die Lücke zwischen dem von der Versicherung bezahlten Wiederbeschaffungswert und der Restforderung der Bank oder Leasinggesellschaft ab. Wenn Finanzierungszeit und Dauer der Neuwertentschädigung identisch sind, braucht es keine GAP-Deckung. Abgesehen von Neuwagen reicht ein Standardtarif für eine komfortable Versicherung aus.

Welche weiteren Sparmöglichkeiten gibt es?


Wegen der coronabedingten Schadensrückgänge hat die HUK eine Beitragsrückerstattung an seine zuletzt 12,4 Millionen Kfz-Versicherten angekündigt. Die – wie es heißt – signifikante Rückerstattung wird mit dem Beitrag für die Police für das nächste Jahr verrechnet. Wer also zur Konkurrenz wechselt, geht leer aus. Wer wegen der Arbeit im Home­office weniger Kilometer gefahren ist als in der Kfz-Versicherung angegeben, der kann das seinem Versicherer melden. Viele Versicherer passen die Beiträge dann rückwirkend an.


Wie komme ich zu einer günstigeren Versicherung?
Das macht ein wenig Mühe. Mit der Zulassungsbescheinigung in der Hand kann auf Vergleichsportalen wie nafi-auto.de, Check 24 oder Verivox ein individueller Vergleich erstellt werden. Alle wesentlichen Kriterien können bei diesen Vergleichen eingesehen werden. „Wir raten zu nafi-auto oder test.de der Stiftung Warentest, weil die kommerziellen Vergleichsportale wie Check 24 nicht alle Versicherer enthalten“, sagt Becker-Ei­selen. Nicht dabei seien zum Beispiel die HUK Coburg und HUK24.