Hamburg. Unternehmen schließt Kooperation mit Asklepios und wird immer mehr zum Taxi-Konkurrenten. Neuer Betriebshof für Elektrobusse.

Der Fahrdienst Moia darf nicht überall in Hamburgs Straßennetz halten, um Fahrgäste aussteigen zu lassen oder aufzunehmen. Dafür hat er 15.000 behördlich genehmigte Haltepunkte, die über die ganze Stadt verteilt sind. Jetzt sind aber ein einige bedeutende Haltepunkte hinzugekommen, die insbesondere Krankenhauspersonal und Patienten als Kunden locken sollen.

Der zum VW-Konzern gehörende Dienstleister ist eine Kooperation mit dem Hamburger Krankenhausbetreiber Asklepios Kliniken eingegangen. An den Kliniken Heidberg, Ochsenzoll, Wandsbek, Altona, St. Georg und Barmbek sind sogenannte aktive Haltepunkte eingerichtet worden. Damit will Moia Patienten oder deren Angehörige für Fahrten in die Klinik gewinnen, aber auch Klinikmitarbeiter, die zwischen den Stand­orten gelegentlich wechseln müssen. Zudem dürfen Fahrer an diesen Standorten auch Pausen machen, sagt Jens-Michael May, der Leiter des operativen Geschäfts von Moia.

Pausenort mit zusätzlichen Stromtankstellen entsteht für Moia derzeit bei Vattenfall

Mit solchen neuen Haltepunkten auf dem privaten Gelände besucherstarker Einrichtungen oder Firmen steigt das Unternehmen zunehmend in die Personenbeförderung von Tür zu Tür ein – die bisher eigentlich Taxis vorbehalten ist. Zuvor war Moia bereits eine Kooperation mit der Schwarz-Gruppe eingegangen, die den Elektrobussen Haltestellen vor einigen ihrer Hamburger Lidl und Kaufland-Märkte einräumt. Supermarktkunden mit schweren Einkäufen können sich von dort bis zum nächsten Haltepunkt nahe ihrer Haustür bringen lassen.

Ein Pausenort mit zusätzlichen Stromtankstellen entsteht für Moia derzeit bei Vattenfall. Der Energiekonzern schafft so etwas wie einen dezentralen Betriebshof für die E-Fahrzeuge. Während die Fahrer Pause machen, wird ihr Bus aufgeladen. Dazu baut Vattenfall zusätzliche Ladesäulen. Refinanziert werden sie über den Strompreis für die Moia-Busse, die dort tanken.

„Es kommen immer mehr Interessenten zu uns, die für ihre Unternehmen eine eigene Ladeinfrastruktur aufbauen wollen, aber derzeit noch nicht genug eigene Abnehmer haben“, sagt Moia-Manager May. „Die fragen, ob wir als Abnehmer bei ihrem Projekt einsteigen.“ Moia nutzt solche Gelegenheiten, um die Fahrzeuge im Fluss zu halten. Sie können in der Nähe ihres Aufenthaltsorts die Batterie aufladen und müssen dafür nicht extra zu einem der Betriebshöfe zurückkehren.

Fahrdienst will Fahrzeugflotte mittelfristig auf 500 E-Busse erweitern

Davon gibt es in Hamburg jetzt drei. Der Fahrdienst, der seine Fahrzeugflotte mittelfristig auf 500 E-Busse erweitern will, hat nach einem Standort in Horn und einem in Groß Borstel am Dienstag seinen größten Betriebshof in Hamburg in Wandsbek vorgestellt. Dort sind 66 Ladepunkte und zwölf Schnellladesäulen sowie Parkplätze für rund 290 Fahrzeuge entstanden. Hinzu kommen sechs Reinigungsstationen, eine Werkstatthalle und ein großes Service-Center, das die Leitzentrale für alle Moia-Fahrzeuge in Hamburg und Hannover sowie die Schichtplanung und ein Fahrer-Ausbildungszentrum beherbergt. Zweimal pro Woche schaut der TÜV für Kontrollen direkt auf dem Gelände vorbei.

Jens-Michael May, Leiter des operativen Moia-Geschäfts.
Jens-Michael May, Leiter des operativen Moia-Geschäfts. © Marcelo Hernandez

„Moin, Moin Moia“ steht auf einer riesigen Tafel in der hellen Eingangshalle. Mehrere Millionen Euro habe Moia in den Betriebshof investiert, sagt dessen Leiter Georg Königsmann. Besonders stolz ist er auf die von Porsche stammenden Schnellladesäulen, mit denen innerhalb einer halben Stunde rund 80 Prozent des Ladevolumens eines Batterie-Busses aufgebaut werden kann. „Von hier aus werden wir bis zu 980 Fahrer einsetzen“, sagt Königsmann.

Mit der Corona-Krise war auch das Geschäft von Moia eingebrochen

Doch das dürfte noch eine Weile dauern. Mit der Corona-Krise war im Frühjahr auch das Geschäft von Moia eingebrochen. Die Fahrgäste blieben zu Hause. Fahrten zu Veranstaltungen fanden gar nicht mehr statt. Lediglich im Notbetrieb, nachts, waren einige Fahrzeuge im Einsatz, um wichtige Funktionsträger wie Krankenschwestern oder Polizisten zur Arbeit zu bringen.

Die 500 Fahrzeuge, die Moia ursprünglich bis zum Jahresende auf die Straße bringen wollte, sind bereits da. Ein Teil der Flotte steht auf den Betriebshöfen beschäftigungslos herum, benötigt werden derzeit nur bis zu 240 Fahrzeuge. Aber die Lage erhole sich, sagt May: „Wir haben jetzt etwa wieder 60 Prozent des Vorkrisenniveaus erreicht. Auch die Kurzarbeit wurde zurückgefahren, wir haben wieder 80 Prozent unserer Mitarbeiter im Einsatz.“ Moia hat 1000 Beschäftigte in Hamburg. Derzeit sind im Wochendurchschnitt etwa 100 Fahrzeuge im Einsatz. Im Juni waren es noch 70.

Fahrer verdienen 12 Euro pro Stunde

Besonders der August gebe mit 155.000 Fahrgästen Anlass zur Hoffnung, so May. Das waren genau so viele wie im August 2019. Und die umsatzstarken Monate kommen erst noch – die Wintermonate. „Da interessiert uns beispielsweise, ob Weihnachtsmärkte stattfinden.“ Nach dem Neustart habe sich aber auch gezeigt, dass mehr Pendler Moia für die Fahrt zum Arbeitsplatz buchen.

Als Arbeitgeber sei Moia bei Fahrern inzwischen beliebt, betont May. „Wir haben viele Anfragen, die wir im Moment abschlägig beantworten müssen. Meistens handelt es sich um unzufriedene Pizza-Lieferanten oder Subsubunternehmer von Paketdiensten, die gehört haben, dass wir feste Verträge mit fairen Arbeitsbedingungen haben.“

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Moia zahle seinen Fahrern 12 Euro pro Stunde. Hinzu kommen Nacht- und Wochenendzuschläge. Viele Fahraufträge hatte Moia in den vergangenen Tagen: Der Anbieter war vom Bundesverkehrsministerium als offizieller Fahrdienst für den Gipfel der EU-Verkehrsminister in Hamburg (siehe Seite 7) engagiert worden und kutschierte die Staatsgäste quer durch die Stadt. May nutzte die Konferenz für ein kurzes Treffen mit Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), um ihm das Moia-Geschäfts­modell vorzustellen. Bisher bietet das Unternehmen seinen Fahrservice nur in Hamburg und Hannover an. Aber dabei soll es nicht bleiben.