Hamburg. Agenturen wie Jung von Matt und ORCA prognostizieren für 2020 Geschäfte wie auf Vorjahresniveau. Digitale Medien legen zu.
Corona hat die Wirtschaft auf den Kopf gestellt – und auch die Arbeit der Werbeagenturen. „In der Corona-Hochphase gingen die pragmatischen Lösungen so weit, dass ein Shooting in das Wohnzimmer eines unserer Geschäftsführer verlegt wurde“, erinnert sich eine Unternehmenssprecherin der Werbeagentur Jung von Matt an dieses Frühjahr. Viele Kunden mussten seither ihre Strategien umstellen, etwa in der Gastronomie – aber gingen sie damit auch an die Öffentlichkeit, warben sie für ihre neuen Angebote?
In der Kreativhochburg Hamburg erlebten viele Werbeagenturen während des Lockdowns zwar eine kurze Flaute, doch inzwischen blicken sie wieder zuversichtlich auf ihre Geschäftszahlen. „Es gab einen kurzen Knick im März, als es mit Corona und den Ausgangsbeschränkungen in Deutschland losging“, sagte Jan Ritter, Kreativchef der ORCA Gruppe. „Dann haben sich aber die meisten unserer Kunden schnell gefangen und aus dem Homeoffice weitergearbeitet. Unsere Umsätze sind im Vergleich zu den Vorjahren sogar etwas gestiegen“, fasst der Hauptgesellschafter von ORCA Campaign mit Sitz in Hamburg zusammen, zu deren Auftraggebern die Bundespolizei und Bertolli gehören.
Neue digitale Projekte
„Wir verzeichnen aktuell eine Delle im einstelligen Bereich bei unseren Honoraren, womit wir uns als inhabergeführte Agentur besser als die internationalen Networks entwickeln, die größere Einbußen verzeichnen mussten“, sagt die Jung-von-Matt-Sprecherin über die Lage bei der Agentur, die etwa für Bosch und BMW Werbekampagnen entwickelt hat. Die Aussichten sind auch hier nicht schlecht. „Wir haben aktuell einige neue digitale Projekte in der Umsetzung und wollen 2020 auf einem ähnlich starken Niveau wie im vergangenen Jahr abschließen“, ergänzte die Sprecherin von Jung von Matt. Es habe Kunden gegeben, die stark in Marketingkommunikation investiert hätten, weil sie als systemrelevant galten und ihren Kunden Sicherheit vermitteln wollten. Andere Auftraggeber hätten sich zunächst in der Kommunikation zurückgehalten und starteten jetzt erst wieder richtig durch.
Eine positive Lage in der Branche sieht auch Nicolas Poppitz, Deutschland-Chef bei Teads. „Als Mitte März klar wurde, dass wir in Deutschland auf eine Art Lockdown zusteuern, hat sich das auch recht schnell in den Werbeausgaben unserer Kunden widergespiegelt. Viele haben komplett ihre Budgets eingefroren oder geplante Werbekampagnen ausgesetzt“, sagt der Leiter der globalen Werbevermarktungsplattform mit Niederlassung in der Hansestadt. Und weiter: „Seitdem es aber Lockerungen gibt und das gesellschaftliche Leben wieder zugenommen hat, wird auch wieder verstärkt Werbung gebucht. Wir sehen derzeit deswegen sogar ein Wachstum auf unserer Plattform“, heißt es bei Teads, zu deren Kunden unter anderem Pampers und Renault gehören.
Änderung im Verhältnis mit dem Kunden
Martin Blach, Gründer und Chef der Hirschen Group, zu der in Hamburg etwa die Agenturmarken Zum goldenen Hirschen und ressourcenmangel gehören, beobachtet durch Corona zudem eine Änderung im Verhältnis mit dem Kunden: „Die Krise wirkt als Beschleuniger. Kommunikation findet zunehmend im digitalen Raum statt“, beschreibt Blach. Die Onlinenutzung steige noch stärker als zuvor.
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Diese Einschätzung bestätigt eine Marktanalyse des Brancheninsiders Magna. Demnach sollen die Werbeausgaben 2021 in Deutschland wieder um 7,8 Prozent steigen – und Wachstumstreiber sollen hierbei vor allem Außenwerbung und die digitalen Medien sein.