Hamburg. Annegret Kramp-Karrenbauer hat die Airbus-Maschine bei Lufthansa Technik abgeholt. So ist der Kanzlerjet ausgestattet.
Beim Betreten des Hangars von Lufthansa Technik fällt der A350 mit seiner weißen Lackierung ins Auge. „Bundesrepublik Deutschland“ steht in schwarzen Buchstaben auf dem Airbus-Großraumjet. Die Nationalfarben Schwarz-Rot-Gold zieren den Bauch des Fliegers. Vor Beginn einer Auslieferungszeremonie sind das ungewohnte Bilder.
„Normalerweise übergeben wir unsere Flugzeuge verhüllt“, sagt Johannes Bußmann etwas später mit Blick auf die 66,80 Meter lange Maschine. Aber das wäre in diesem Fall zu viel Tuch gewesen. Der Lufthansa-Technik-Chef steht auf einem Podest neben Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) und ergänzt: „Deswegen haben wir uns dieses Mal entschieden, Ihnen symbolisch ein Modell zu überreichen.“
Ein Tusch ertönt, dann zieht Bußmann ein kleines, graues Tuch hoch – und auf dem Tisch kommt das A350-Modell zum Vorschein. „Ich wünsche Ihnen viele angenehme Reisen“, sagt Bußmann und übergibt das „neue Flaggschiff der Flugbereitschaft“.
Drei A350-Kanzlerjets kosten den Bund 1,2 Milliarden Euro
Erst im April 2019 hatte der Bund drei Jets vom Typ A350 geordert. Der Bundestag hatte die Mittel dafür freigemacht. Rund 1,2 Milliarden Euro lässt sich die Regierung die drei neuen Kanzlerjets kosten. Rund 640 Millionen Euro fließen an Hersteller Airbus.
Rumpfteile für die Maschine lässt der europäische Flugzeugbauer in seinem Hamburger Werk auf Finkenwerder fertigen, die Endmontage erfolgt in Toulouse. Knapp 300 Millionen Euro sollen bei Lufthansa Technik für den Einbau der VIP-Kabine hängen bleiben. Mehr als 200 Millionen Euro sind für die Installation von Selbstschutzeinrichtungen wie ein Raketenabwehrsystem vorgesehen.
Zuvor hatte die Flotte der Flugbereitschaft immer wieder Negativschlagzeilen gemacht. Mehrere Bundesminister saßen auf ihren Reisen fest. Der Tiefpunkt: Im November 2018 traf Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zu spät beim G-20-Gipfel in Buenos Aires ein. Ein A340 sollte sie nach Argentinien bringen. Doch kurz nach dem Start in Berlin gab es einen Ausfall des Kommunikationssystems, die Maschine musste in Köln/Bonn notlanden. Die Kanzlerin flog per Linie und traf mit zwölfstündiger Verspätung ein.
Es gehe auch um das Ansehen als größte europäische Industrienation
Generell seien die beiden mehr als 20 Jahre alten A340 zwar zuverlässige und sichere Langstreckenflugzeuge, sagt Kramp-Karrenbauer am Donnerstag in Hamburg. Aber: Spätestens seit November 2018 sei klar gewesen. „So kann es nicht weitergehen. Wir müssen vernachlässigte Investitionen dringend nachholen“, so die Ministerin.
Während bisher meist gebrauchte Linienmaschinen gekauft wurden – zuletzt ein A321 von Lufthansa – sollten es nun neue sein. Es gehe neben dem sicheren Transport der Politiker auch um das internationale Ansehen als größte europäische Industrienation. „Wir läuten mit diesem ersten von drei neuen A350 ein neues Kapitel in der Geschichte der Regierungsflieger der Flugbereitschaft ein.“
Ein neues Kapitel wird auch für das Flugzeug geschrieben. Erstmals wird der A350 nicht kommerziell bei einer Fluggesellschaft eingesetzt. „Deutschland ist bisher das einzige Land, dass den A350 in seiner Flotte willkommen heißt“, sagt Bußmann. Sowohl der Unternehmenschef als auch die Verteidigungsministerin unterstrichen das gute Zusammenspiel aller Beteiligten und das hohe Tempo von der Beschaffung bis zur Auslieferung – trotz schwerer Bedingungen.
"Die Corona-Pandemie traf das Vorhaben mit ganzer Wucht“, sagt Bußmann. Die nationalen Grenzen schlossen sich, sodass seine Mitarbeiter nur dank der Flugbereitschaft nach Toulouse kamen. Er bedankte sich bei Airbus, dass der Konzern im Frühjahr die einzige Abnahme einer Maschine in dieser Zeit ermöglicht habe.
Im Mai traf der A350 in Hamburg ein. Bis zu 150 Mitarbeiter von Lufthansa Technik bauten anschließend die Kabine ein. Damit die vorgesehenen Abstände eingehalten werden, wurde von einem Zwei- auf ein Drei-Schicht-System umgestellt. So waren weniger Menschen zugleich im Kanzlerjet. Wurde eng zusammengearbeitet, galt Maskenpflicht.
Bereiche für Büros, Konferenzen und eine Lounge
Es wurden Bereiche für Büros, Konferenzen und eine dem Vernehmen nach in beige-braun gehaltene Lounge geschaffen. Bußmann sprach von „zwei Mini-Suiten“ an Bord. Medienvertreter durften sich aus Sicherheitsgründen im Inneren der Maschine nicht umsehen. Die Bestuhlung im Delegationsbereich gleicht derjenigen von Lufthansa. Im vorderen Teil sind 30 Sitze der Businessclass untergebracht, weiter hinten sind es 80 Premium-Economy-Sitze. Bis zu vier Patienten-Transporteinheiten sollen in den Flieger passen, denn die Maschine soll auch Evakuierungsflüge in Notsituationen absolvieren.
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Nach Augenzeugenberichten gibt es noch keine Dusche im Flieger – das liegt wohl daran, dass es sich um eine Übergangskabine handelt. Das Flugzeug sollte möglichst schnell in den Dienst gehen, daher wurde zunächst auf Standardware zurückgegriffen. Wenn im Jahr 2022 der zweite und dritte A350 an die Bundeswehr übergeben worden sind, soll die erste Maschine zurück nach Hamburg kommen und ihre endgültige VIP-Kabine erhalten. Weil das Flugzeug vor allem für Langstreckenflüge genutzt wird, dürfte dann eine Dusche an Bord montiert werden.
In Fuhlsbüttel erfolgen noch weitere wichtige Arbeiten
Der Airbus-Jet wird noch einige Wochen in Fuhlsbüttel verbringen. Es stehen Testflüge, Crewschulungen sowie die militärische Zulassung der Maschine mit der Kennung „10+03“ aus. Ursprünglich war die Übergabe für Anfang Juli terminiert. Probleme in der Lieferkette durch die Pandemie hätten den Besitzerwechsel verzögert, hieß es. Die beiden anderen georderten A350 werden derzeit noch bei Airbus in Toulouse gefertigt. Anschließend erfolgt in Hamburg bei Lufthansa Technik die Montage der Inneneinrichtung.
Die Tochter des Kranich-Konzerns ist seit 60 Jahren für die technische Betreuung der Bundeswehrmaschinen zuständig. Normalerweise machen diese Aufträge rund zwei Prozent des Jahresumsatzes von Lufthansa Technik aus. Angesichts der Flaute im Geschäft mit den kommerziellen Airlines wegen des heftigen Passagiereinbruchs könnte sich dieses Kräfteverhältnis deutlich verschieben, sagt Bußmann: „Ich glaube, dieses Jahr werden es mehr als zwei Prozent sein.“