Berlin. Was Arbeitnehmer nach ihrem Sommerurlaub zu Corona an ihrem Arbeitsplatz wissen müssen. Wichtige rechtliche Fragen und Antworten.
In manchen Bundesländern hat die Schule wieder begonnen. Nicht nur für Tausende Schüler, sondern auch für Beschäftigte beginnt wieder der Alltag. Einige Arbeitgeber wünschen sich, dass ihre Mitarbeiter wieder im Büro arbeiten statt am heimischen Schreibtisch im Homeoffice. Zeitgleich steigt die Zahl der Corona-Infizierten in diesen Tagen wieder an. Damit stellen sich für viele wichtige arbeitsrechtliche Fragen.
Zu Hause arbeiten: Habe ich einen Anspruch darauf?
Ein gesetzlicher Anspruch, von zu Hause aus zu arbeiten, besteht nicht. Arbeitnehmer können dies jedoch mit ihrem Arbeitgeber vereinbaren. Die Option kann sich auch aus einer Betriebsvereinbarung oder einem Tarifvertrag ergeben.
Homeoffice: Darf ich auch im Freien arbeiten?
Nein. Für das Homeoffice gilt die Arbeitsstättenverordnung: Der Arbeitsplatz zu Hause muss aus Gründen des Arbeitsschutzes dem Büroarbeitsplatz entsprechen, sagt Christian Oberwetter, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Hamburg.
Büro: Darf ich einfach wieder zurück?
Manchen Beschäftigten ist es im Homeoffice derzeit viel zu warm. Sie sehnen sich nach einer Klimaanlage im Büro. Dürfen sie wieder im Büro arbeiten, auch wenn der Arbeitgeber alle Mitarbeiter nach Hause geschickt hat? Hat der Mitarbeiter sich mit der Tätigkeit im Homeoffice einverstanden erklärt, kann er nicht ohne Weiteres zurück. Aber: Der Arbeitgeber muss dafür sorgen, dass das Arbeiten von zu Hause aus erträglich ist (Stellung von Getränken, eventuell Ventilatoren), sagt Oberwetter.
Kommentar: Homeoffice ist eine große Chance – wenn es die Wahl gibt
Und wenn das Arbeiten dennoch unzumutbar wird, kann der Mitarbeiter die Arbeit einstellen – da bietet es sich dann doch an, den Mitarbeiter wieder im Büro arbeiten zu lassen. Liegt keine vertragliche Vereinbarung über Homeoffice vor, darf der Mitarbeiter ohnehin vom Büro aus arbeiten.
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Test auf Corona: Darf mein Arbeitgeber mich dazu zwingen?
Nein, dazu ist er nicht berechtigt, sagt der Hamburger Fachanwalt Oberwetter: „Es muss ein Anlass vorliegen, der Beschäftigte muss also typische Corona-Symptome aufweisen.“
Ich bin Rückkehrer aus einem Risikogebiet: Worauf muss ich mich bei der Arbeit einstellen?
In Deutschland besteht eine Testpflicht für alle Rückkehrer aus Urlaubsregionen, die zum Risikogebiet erklärt wurden. Der Arbeitgeber kann die Vorlage des Negativtests verlangen, so Oberwetter. Rückkehrer aus Gebieten mit Reisewarnung wegen erhöhter Infektionszahlen besitzen eine erhöhte Infektionsgefahr. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die Belegschaft vor Schäden wie zum Beispiel Infektionen zu schützen, das ergibt sich aus seiner Fürsorgepflicht. Die Tests sind kostenlos.
Quarantäne nach dem Urlaub: Wer zahlt mein Gehalt?
„Wer sich in Gefahr begibt, kommt darin um“, bringt der Arbeitsrechtler Oberwetter das Risiko auf den Punkt. „Der Arbeitgeber muss das Entgelt nur bei unverschuldeter Abwesenheit vom Dienst bezahlen; und wer in ein Land mit Reisewarnung fährt, muss wissen, dass zu Hause die Quarantäne auf ihn wartet.“
Entschädigungszahlungen nach dem Infektionsschutzgesetz müssen grundsätzlich nicht in jedem Fall geleistet werden. Da die Beschäftigten bewusst in ein Risikogebiet reisen, muss der Staat – und damit die Allgemeinheit – nicht für deren Verdienstausfall aufkommen.
Der Arbeitgeber will Informationen über meine Gesundheit: Was nun?
Fragen des Arbeitgebers nach der Gesundheit eines Arbeitnehmers bedürfen grundsätzlich einer besonderen Rechtfertigung, da sie nicht unerheblich in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers und dessen Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingreifen, berichtet das Bundesarbeitsministerium.
Aus diesem Grund enthalten ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, die den Arbeitgebern vorgelegt werden, auch keine Diagnosen. Wird bei einem Arbeitnehmer jedoch eine Erkrankung durch eine Infektion mit dem neuen Coronavirus Sars-CoV-2 festgestellt, kann der Arbeitgeber aber Auskunft hierüber verlangen, damit er seinen Fürsorge- und Schutzpflichten nachkommen und die gesundheitlichen Belange anderer Arbeitnehmer schützen kann.
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Was passiert, wenn ich an Covid-19 erkrankt bin?
Ist der Beschäftigte infolge einer Infektion mit dem Coronavirus arbeitsunfähig, besteht ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für den Zeitraum von sechs Wochen. Nach diesem Zeitraum haben gesetzlich Krankenversicherte grundsätzlich Anspruch auf Krankengeld, heißt es im Bundesarbeitsministerium.
Muss ich ins Büro, wenn die Kollegen husten?
Ein allgemeines Recht des Arbeitnehmers, bei Ausbruch einer Erkrankungswelle wie Covid-19 der Arbeit fernzubleiben, gibt es nicht. Für das Eingreifen eines Leistungsverweigerungsrechts wäre es erforderlich, dass ihm die Erbringung seiner Arbeitsleistung unzumutbar ist (§ 275 Abs. 3 BGB).
Eine Unzumutbarkeit ist zum Beispiel dann gegeben, wenn die Arbeit für den Betroffenen eine erhebliche objektive Gefahr oder zumindest einen ernsthaften objektiv begründeten Verdacht der Gefährdung für Leib oder Gesundheit darstellt. Das bloße Husten von Kollegen ohne weiteren objektiv begründeten Verdacht für eine Gefahr wird dafür wohl nicht ausreichen.
Der Arbeitgeber schickt mich wegen Husten nach Hause: Darf er das?
Der Arbeitgeber ist aus seiner Fürsorgepflicht heraus verpflichtet, einen objektiv arbeitsunfähig erkrankten Arbeitnehmer von der Arbeit fernzuhalten. Wird ein solcher Arbeitnehmer von dem Arbeitgeber nach Hause geschickt, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Es gelten die Regelungen des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EFZG).
Dürfen Betriebsratssitzungen als Video- oder Telefonkonferenz durchgeführt werden?
Ja – dies ist bis zum 31. Dezember 2020 nach den Sonderregelungen aus Anlass der Covid-Pandemie zulässig (§ 129 BetrVG), berichtet das Bundesarbeitsministerium.
Danach kann die Teilnahme an Sitzungen des Betriebsrats, Gesamtbetriebsrats, Konzernbetriebsrats, der Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Gesamt-Jugend und Auszubildendenvertretung und der Konzern-Jugend- und Auszubildendenvertretung sowie die Beschlussfassung mittels Video- und Telefonkonferenz erfolgen, wenn sichergestellt ist, dass Dritte vom Inhalt der Sitzung keine Kenntnis nehmen können. Eine Aufzeichnung ist unzulässig.
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