Berlin. Viele Urlauber warten bis heute auf die Erstattung für ausgefallene Flüge. Die Beschwerden über Bahn und Fluggesellschaften nehmen zu.
Ob stornierte Flüge, nicht erstattete Reisekosten oder Zugtickets zu ausgefallenen Veranstaltungen: Die Corona-Pandemie hat zu einer deutlichen Zunahme der Rechtsbeschwerden über Airlines und der Bahn geführt.
Im ersten Halbjahr stieg die Zahl der Schlichtungsanträge bei der Schlichtungsstelle für den Öffentlichen Personenverkehr (SÖP) um 23 Prozent auf 14.647 Fälle, berichtet die SÖP am Freitag. In drei einzelnen Wochen gingen allein jeweils 1000 Beschwerden ein.
Die meisten Beschwerden gehen gegen Airlines
Die meisten Schlichtungsanträge entfielen mit 81 Prozent auf den Flugverkehr. Mit insgesamt 11.920 Fällen gingen 20 Prozent mehr Schlichtungsanträge als im Vorjahreszeitraum ein. Streitigkeiten gab es vor allem, weil Fluggesellschaften für ausgefallene Flüge oft nur Gutscheinen statt Bargeld gewährt haben.
Manche Airlines haben zwar eine Erstattung der Ticketkosten in Aussicht gestellt, doch die Überweisung erst für einen wesentlich späteren Zeitpunkt angekündigt – teilweise erst vier bis fünf Monate später, berichtet die SÖP.
Lufthansa muss bei Reiseveranstaltern noch Millionen erstatten
Der Anstieg deckt sich auch mit den Ermahnungen von Reisebüros. So warten konzernunabhängige Internetvermittler immer noch auf die Erstattung eines dreistelligen Millionenbetrags für ausgefallene Flüge der Lufthansa, berichtet der Verband Internet Reisevertrieb (VIR).
In Folge der Corona-Pandemie war der Luftverkehr Mitte März nahezu vollständig zusammengebrochen. Tausende Flüge wurden storniert. Grundsätzlich müssen Airlines den Ticketpreis innerhalb von sieben Tagen erstatten.
Lufthansa und andere Airlines hatten zunächst darauf gesetzt, die Kunden mit Gutscheinen abzufinden. Dies scheiterte aber an der EU-Kommission. Lufthansa hat angekündigt, den Stau bis Mitte August zu beseitigen. Ende Juni stand mit rund einer Milliarde Euro aber noch rund die Hälfte der Erstattungen aus.
Hintergrund: Wer auf eine Ticketerstattung hoffen darf
Bahn bekommt deutlich mehr Beschwerden
Stark erhöhten sich auch die Beschwerden über die Bahn: So gingen bei der SÖP im ersten Halbjahr 2308 Beschwerden ein – und damit 61 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Zunächst zeigte sich die Bahn sehr kulant.
Im Mai wurde aber die Gültigkeit von Gutscheinen für ausgefallene Sparpreis-Tickets auf Ende Oktober befristet. Fällt jedoch der Reisezweck – wie zum Beispiel ein Konzertbesuch weg, so mache eine Verschiebung der Reise auf einen späteren Termin keinen Sinn, erläutert der Geschäftsführer Heinz Klewe.
Fernbusse fuhren kaum - deshalb auch nur wenige Beschwerden
Die Beschwerden über Fernbusse gingen unterdessen um 37 Prozent auf 175 Schlichtungsanträge zurück. Dies liegt auch daran, dass das Busangebot im Zuge der Pandemie stark eingeschränkt und teilweise auch komplett eingestellt worden war.
Hilfe bei der Schlichtungsstelle ist kostenlos
Die SÖP ist eine staatlich anerkannte Verbraucherschlichtungsstelle. Sie hilft immer dann, wenn Reisende auf ihre Beschwerde vom Verkehrsunternehmen keine zufriedenstellende Antwort erhalten. Dann kann bei der SÖP ein Schlichtungsantrag gestellt werden (www.soep-online.de).
Die Schlichtung ist für den Verbraucher kostenlos. Es werden weder Erfolgsprämien, noch Bearbeitungsgebühren oder Gerichtskosten fällig. „Schlichtung heißt dabei für die SÖP nicht, schnell mal „halbe halbe machen - also beiden Parteien zu empfehlen, sich finanziell in der Mitte zu einigen“, so der SÖP-Geschäftsführer. Vielmehr erhielten Verbraucher die ihnen rechtlich zustehende Entschädigungssumme in voller Höhe.
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