Hamburg. Friseurkette Klier Hair Group will sechs Arbeitnehmervertreterinnen loswerden – und scheitert bereits im ersten Verfahren.
„Das ist ein schöner Erfolg für die Kolleginnen. Die Entscheidung stimmt uns optimistisch für die weiteren Verfahren“, sagte Gewerkschaftssekretär André Kretschmar. Das Arbeitsgericht Hamburg hat am Dienstag entschieden, dass das Friseurunternehmen Klier Hair Group sechs Hamburger Betriebsrätinnen, die die Interessen von mehr als 100 Beschäftigten in 17 Salons der Unternehmensgruppe in der Region vertreten, nicht kündigen darf.
„Der vom Arbeitgeber geäußerte Tatverdacht konnte von ihm nicht hinreichend begründet werden“, sagte Arbeitsgerichts-Präsident Esko Horn dem Abendblatt über die Hintergründe der Entscheidung. Klier hatte den Frauen Arbeitszeitbetrug vorgeworfen. Dann wäre eine Kündigung der Betriebsrätinnen, die in dieser Funktion vor Entlassung besonders geschützt sind, durchaus möglich gewesen.
Unternehmen wird den Frauen Arbeitszeitbetrug vor
Das Unternehmen argumentierte, die sechs Frauen hätten jahrelang pauschal je einen Tag pro Woche für die Betriebsratstätigkeit angesetzt und sich damit von der Arbeit im Salon freigestellt. Tatsächlich aber seien sie an diesen Tagen nicht immer volle acht Stunden für den Betriebsrat tätig gewesen. Klier stützte diesen Vorwurf auf die Reisekostenabrechnung. Die auf den eingereichten Fahrscheinen vermerkten Zeiten belegten den Vorwurf des Arbeitszeitbetrugs, so die Unternehmensgruppe. Das Hamburger Arbeitsgericht aber folgte diesen Argumenten nicht.
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Formal ging es um ein sogenanntes Zustimmungsersetzungsverfahren. Der Arbeitgeber hatte dem Betriebsrat angekündigt, dass er dessen sechs gewählten Vertreterinnen kündigen will und die notwendige Zustimmung des Gremiums verlangt. Die Rätinnen aber stimmten der eigenen Entlassung nicht zu. Das sollte nun das Gericht tun – und lehnte das ebenso ab.
Friseurkette offenbar unbeirrt von Niederlage
Verhandelt wurde allerdings nur der Fall einer Betroffenen. Die Einzelverfahren für die fünf anderen sollen in den nächsten Wochen beginnen. „Dann könnte das Gericht auch zu anderen Entscheidungen kommen“, sagte Präsident Horn.
Wie die Klier Hair Group weiter vorgehen will, darauf gab es am Dienstag keine eindeutige Antwort. „Leider liegen uns noch nicht formale und inhaltliche Gründe des Beschlusses seitens des Gerichts vor, weshalb wir noch keine abschließende Bewertung vornehmen können“, erklärte ein Unternehmenssprecher auf Abendblatt-Anfrage. Die Klier Hair Group sehe in dem Beschluss aber kein Präjudiz für die weiteren Verfahren.
Sicher ist: Es die zweite Niederlage gegen die Betriebsrätinnen. Anfang des Jahres war drei von ihnen, die als Salonleiterinnen tätig sind, fristlos gekündigt worden, weil sie nach Auffassung des Arbeitgebers Führungskräfte sind. Auch das sah das Arbeitsgericht anders.
Derzeit laufen gut 20 Verfahren
Die Gewerkschaft Ver.di sieht in den Kündigungen den Versuch, die Gründung von Betriebsräten für ganze Standorte und die Gruppe zu behindern. Klier betreibt hierzulande etwa 1400 Salons mit 9000 Beschäftigten und bezeichnet sich als größte Friseurkette Deutschlands.
„Auffallend ist, dass die fristlosen Kündigungen erfolgten, nachdem sich ein Gesamtbetriebsrat gegründet hatte“, sagte Kretschmar. Deutschlandweit gebe es etwa 20 Verfahren gegen Klier-Betriebsräte. Der Firmensprecher hatte nach dem ersten Verhandlungstag betont: „Aus unserer Sicht ist ein Salon eine eigenständige Betriebseinheit.“