Frankfurt/Main. In der Corona-Pandemie entscheiden die Banken, wer mit Hilfskrediten gerettet wird. Für die Banker sind das „schmerzhafte Gespräche“.
Geschäfte geschlossen, Bestellungen storniert, Lieferketten unterbrochen: In der Corona-Krise sind viele Unternehmen ins Wanken geraten. Nach jüngsten Zahlen haben sie über 42 Milliarden Euro an staatlichen Hilfskrediten beantragt. Wer die rettenden Gelder erhält, darüber entscheiden die Hausbanken der Unternehmer – und die müssen manchmal trotz einer bis zu 100-prozentigen Haftungszusage des Bundes Nein sagen.
Solche Situationen kennt der Deutsche-Bank-Manager Stefan Bender. Er leitet die deutsche Unternehmensbank. „Natürlich ist der Wunsch von Kunden da, in dieser Situation mal Fünfe gerade sein zu lassen“, sagt Bender unserer Redaktion. „Das können wir als Bank aber nicht.“ Die Geldhäuser müssten die Kreditvergabe mit der nötigen Sorgfalt angehen. „Es ist auch unsere Verantwortung als Bank, sicherzustellen, dass die Fördermittel sinnvoll eingesetzt werden“, betont er.
Corona-Kredite: 75.000 Anfragen abgearbeitet
Seine Kunden haben in der Corona-Krise viele Fragen. Das größte Geldhaus Deutschlands hat gleich zu Beginn der Pandemie einen Corona-Helpdesk eingeführt und damit das Wissen der 2500 Berater für Mittelstand, Geschäfts- und Großkunden gebündelt. „Das haben wir aus früheren Krisen gelernt“, sagt Bender. „Wenn der Kunde fragt: Wie beantrage ich Kurzarbeitergeld?, müssen wir als Bank zumindest sagen können, wie und wo das möglich ist, auch wenn wir damit eigentlich nichts zu tun haben.“
75.000 Anfragen hat die Deutsche Bank abgearbeitet: Es geht um die Ausweitung des Kreditrahmens, Liquiditätshilfen, steuerliche Unterstützung. Bei 7500 Kreditanfragen zu öffentlichen Hilfsprogrammen geht es um insgesamt 5,3 Milliarden Euro. Bender: „Darunter sind einige große Namen mit hohem Volumen und sehr viele kleine Anfragen.“ Lesen Sie auch: So wirkt das 130-Milliarden-Konjunkturpaket der Koalition
Auch bei der Commerzbank, der Nummer zwei der Banken, stehen die Telefone nicht mehr still. Über 20.000 Gespräche haben die Berater mit Unternehmern geführt. Rund 4500 Anträge auf Hilfskredite hat die Bank bewilligt und acht Milliarden Euro ausgezahlt, davon knapp die Hälfte über KfW-Programme. Bei jedem Antrag müsse die Bank genau hinschauen „und manchmal auch Nein sagen“, sagt Firmenkundenvorstand Roland Boekhout: „Eine saubere Risikoprüfung ist eine wichtige Aufgabe, die die Banken in dieser Krise haben.“
Einige Geschäftsmodelle haben schon vor der Krise nicht funktioniert
Er spricht von „sehr schwierigen und schmerzhaften Gesprächen“, wenn die Bank Kreditanfragen ablehnen muss, weil etwa die Kriterien der Hilfsprogramme nicht erfüllt werden. „Denn wir reden auch über Kunden, deren Existenz bedroht ist“, sagt der Manager. „Zur Wahrheit gehört auch, dass es Geschäftsmodelle gibt, die schon vor der Krise nicht funktioniert haben“, pflichtet Privatkundenchef Michael Mandel bei. „Und die werden in und nach der Krise erst recht nicht mehr funktionieren.“ Lesen Sie auch: so wirkt das 130-milliarden-konjunkturpaket der koalition Mehrwert- und Umsatzsteuer: Wann wird sie gesenkt?
Boekhout sieht wachsende Sorgen. Zu Beginn der Pandemie hätten sich die Firmen vor allem dank des Kurzarbeitergeldes gut aufgestellt gefühlt. „Seit Mitte Mai spüren einige Unternehmen aber einen zunehmenden Druck und müssen über weitere Kostenmaßnahmen wie Personalabbau nachdenken“, erzählt er. „Die Entwicklungen sind unglaublich schnell, die Verunsicherung ist sehr groß.“
Generell sei die deutsche Wirtschaft aber gut gerüstet, sagt Deutsche-Bank-Manager Bender. Viele Unternehmen hätten nach der Finanzkrise ihre Hausaufgaben gemacht und mehr Eigenkapital gebildet. „Das hilft bei der Bewältigung dieser Krise enorm.“ Wer sich darum nicht gekümmert habe, könne in Schwierigkeiten kommen.
Die Staatshilfen scheinen anzukommen
„Deshalb ist es der Bundesregierung auch so wichtig, zu vermeiden, dass man nicht funktionierende Geschäftsmodelle jetzt mit viel Steuergeld über die Krise hinwegrettet. Es müssen die marktwirtschaftlichen Ordnungsprinzipien weiter gelten“, sagt er.
Tatsächlich scheinen die Staatshilfen anzukommen. „Von einer Kreditklemme im Mittelstand kann momentan keine Rede sein“, sagt Mario Ohoven, Präsident der Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft (BVMW). Er verweist auch auf die Sparkassen und Volksbanken, die im April 40 Prozent mehr Kredite an den Mittelstand zugesagt hätten als ein Jahr zuvor. Auch interessant: Lufthansa fliegt aus Dax – was Anleger jetzt wissen müssen
Doch auch Ohoven kennt die problematischen Einzelfälle. „Einige Unternehmer haben uns berichtet, ihre Hausbanken hätten trotz der 100-prozentigen staatlichen Haftungsgarantie vor einer Kreditzusage auf zusätzlichen Sicherheiten von bis zu 100 Prozent bestanden“, sagt er. Zudem fürchtet er eine restriktivere Kreditvergabe, wenn demnächst die erwartete Insolvenzwelle über die deutsche Wirtschaft schwappen sollte.
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