Hamburg. Der Koalitionsvertrag von Rot-Grün legt bei der Wirtschaft einen Schwerpunkt auf Veränderungen im Hafen. Verbände üben bereits Kritik.

Hamburgs Industrie, das Handwerk und der Handel sollen gestärkt, der Hafen bis 2040 klimaneutral gestaltet werden. Auf 20 Seiten haben SPD und Grüne ihre Ziele und Vorhaben für die Wirtschaft im Koalitionsvertrag festgelegt. Bei genauerer Betrachtung bleiben einige Fragen offen.

Landstrom

Eine der dringend notwendigen Aufgaben, um die Klimaziele zu erreichen und den Hafen bis 2040 klimaneutral zu machen, ist der Ausbau von Landstromanlagen. Dadurch sollen die Abgasemissionen im Hafen deutlich reduziert werden. Um dies zu erreichen, sollen alle Kreuzfahrtterminals und acht Liegeplätze für große Containerschiffe in den kommenden Jahren mit Landstromtechnik ausgestattet werden. Sie versorgt die Schiffe mit Energie, die Schiffe müssen dafür während der Liegezeit nicht ihre Motoren laufen lassen. Offen bleibt der Koalitionsvertrag bei den Fragen, wer der Betreiber der Landstromanlagen wird und wie der Ausbau finanziert werden soll. Dafür muss ein dreistelliger Millionenbetrag aufgebracht werden. Die eine Landstromanlage, die in Hamburg am Kreuzfahrtterminal Altona installiert ist, wird bislang kaum genutzt. Das wollen die Koalitionäre ändern: Sollten die Kreuzfahrtreedereien nach Fertigstellung der Anlagen und trotz eines Anreizsystems diese nicht ausreichend nutzen, sollen sie dazu gezwungen werden. Schiffe die ökologisch nachgerüstet werden, erhalten beim Hafengeld Rabatte.

Hafenausbau

Die sogenannte Westerweiterung des Containerterminals Eurogate ist bislang ein zentrales Vorhaben im Hafen. Um mehr Platz insbesondere für große Frachter zu schaffen, sollen am Elbufer in Waltershof zwei neue Liegeplätze für Großcontainerschiffe und ein dritter für Feeder gebaut werden. Dafür sollen ein altes Hafenbecken zugeschüttet und mehrere Hundert Meter neue Kaimauern errichtet werden. Zudem soll die Einfahrt zum Parkhafen so verbreitert werden, dass große Schiffe mehr Platz zum Drehen haben. Den Planfeststellungsbeschluss dazu gibt es. Klagen gegen das Ausbauprojekt sind in erster Instanz gescheitert. In letzter Instanz wird das Oberverwaltungsgericht wohl erst 2021 entscheiden. Nun stellen die Koalitionäre das Projekt selbst wieder infrage. So heißt es: Der Drehkreis solle schnell geschaffen, die Westerweiterung aber „final bewertet“ werden. Das heißt: Die schon beschlossene Realisierung ist wieder infrage gestellt

Bürgermeister Tschentscher stellt den Koalitionsvertrag vor:

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A 26-Ost und Köhlbrandbrücke

Diese Projekte waren der Wirtschaft ein wichtiges Anliegen. Beide werden realisiert. Die Autobahn A 26 wird bis zur A 1 verlängert, die Köhlbrandbrücke durch einen Bohrtunnel ersetzt. Neben den Fahrspuren soll auch eine Möglichkeit zum Containertransport auf Schienen realisiert werden. Mit dem Bau der A 26 soll allerdings auch eine Verkehrsreduzierung auf der Willy-Brandt-Straße einhergehen.

Industrie

Hamburgs Industrie soll zu einem Vorreiter bei der CO2-armen Produktion werden. Der Industriestandort Billbrook soll mit einem neuen Konzept modernisiert werden, sodass insbesondere dort auch neue und nachhaltige Unternehmen entstehen können. Konkreter wird der Koalitionsvertrag in diesem Punkt aber nicht. Er macht auch keinerlei Vorgaben, wie die Industrie ihre Schadstoffemissionen reduzieren soll. Das Bündnis für die Industrie bleibt erhalten. Es sollen auch künftig 100 Hektar Gewerbe- und Industrieflächen zur Verfügung stehen. Insgesamt ist der Passus sehr allgemein gehalten.

Die Pläne von Neu-Senatorin Gallina für Hamburgs Justiz:

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Handwerk

Die sogenannte Meistermeile, in der sich kleine und mittlere Handwerks- und Produktionsbetriebe auf Gewerbeflächen zu fairen Mietpreisen in mehrgeschossigen Gebäuden ansiedeln können, soll ausgebaut werden. Bisher gibt es eine Meistermeile in Lokstedt. Künftig soll es solche Gebäude auch an anderen Standorten geben, etwa im Holstenquartier (Altona), am Diebsteich (Altona) und an der Krausestraße (Nord).

Wasserstoff

Hamburg soll zu einem Zentrum der Wasserstoffindustrie und innovativer Speichertechnologien werden. Die Kohleverfeuerung in Moorburg soll beendet, das Kraftwerk abgeschaltet werden. Auf dem Gelände soll stattdessen eine der weltweit größten Anlagen für Wasserstoff-Elektrolyse entstehen, mit der aus erneuerbarem Strom grüner Wasserstoff produziert werden soll. Parallel dazu sollen Hochtemperaturspeicher entwickelt werden, die in Zeiten größerer Nachfrage sowohl Strom als auch Wärme zur Verfügung stellen. Das soll – wenn möglich – noch in dieser Legislaturperiode geschehen. Da Hamburg aber keinen Alleingang plant, sondern sich eng mit der Bundesregierung abstimmen will, ist der Zeitplan mit vielen Fragezeichen versehen.

Die Reaktionen aus der Wirtschaft

Während die Handwerkskammer von einer „stabilen Arbeitsgrundlage für die nächsten fünf Jahre“ spricht, klagen andere Verbände, dass der Koalitionsvertrag viele Fragen offenlasse: „Wenn etwa das hochmoderne Kraftwerk Moorburg umgewidmet werden soll, wächst die Sorge, dass die ohnehin hohen Energiekosten in Hamburg weiter steigen“, meint der Arbeitgeberverband Nordmetall. „Die Hamburger Industrie hätte erwartet, dass Rot-Grün auch die Kraft gefunden hätte, eine klare Zielvorstellung für die wirtschaftliche Zukunft Hamburgs zu benennen, anstatt nur bereits bekannte Projekte erneut aufzulisten“, kritisierte der Industrieverband Hamburg (IVH). Auch aus Sicht der Handelskammer ist „in einzelnen Feldern noch Bedarf zur Konkretisierung oder für vertiefende Gespräche zu erkennen“. Und dem Unternehmensverband Hafen Hamburg (UVHH) fehlt „ein Bekenntnis zur Lagerung und Betankung von Flüssigerdgas (LNG) im Hafen“.