Berlin. Knapp die Hälfte der Arbeitnehmer meidet im Job das Gespräch über politische Themen. Manche tun dies aus Sorge um die eigene Karriere.
Über politische Themen am Arbeitsplatz sprechen – für fast die Hälfte der Arbeitnehmer in Deutschland kommt das nicht in Frage. 44 Prozent der Beschäftigten hierzulande meiden Gespräche, bei denen es um Politik geht. Das geht aus einer aktuellen Umfrage des Marktforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Unternehmensbewertungsplattform Glassdoor hervor. Die Umfrage liegt unserer Redaktion exklusiv vor.
Manche der Arbeitnehmer meiden das Gespräch über die Politik, weil sie berufliche Konsequenzen fürchten. Andere sind offener. Wer spricht im Job über Politik – und wer meidet das Thema?
Politik am Arbeitsplatz: Die Zurückhaltung steigt
Die Deutschen werden vorsichtiger, was die Gespräche über Politik am Arbeitsplatz angeht. 39 Prozent der über 1000 Befragten gaben an, in den letzten fünf Jahren zurückhaltender geworden sein, was politische Themen im Job angeht. Besonders hoch ist der Anteil unter AfD-Wählern mit 55 Prozent. Den niedrigsten Wert weisen die Grünen-Wähler auf, hier ist nur jeder Dritte zurückhaltender geworden.
Dass Politik für immer mehr Deutsche zum Tabuthema an der Arbeit wird, findet Felix Altmann, Arbeitsmarkt-Experte bei Glassdoor, beunruhigend: „Das legt den Schluss nahe, dass die aufgeheizten gesellschaftlichen Debatten der letzten Jahre auch eine Fortsetzung im Arbeitsleben gefunden haben, aber zu Gunsten des Betriebsfriedens oder der eigenen Karriere nicht ausgefochten werden“, sagte Altmann.
Männer sprechen öfter über Politik als Frauen
Nicht einmal jeder Dritte spricht regelmäßig am Arbeitsplatz über politische Themen. Deutliche Unterschiede ergeben sich zwischen den Geschlechtern. 38 Prozent der Männer thematisieren Politik regelmäßig auf der Arbeit, dem stehen nur 21 Prozent der Frauen gegenüber. 54 Prozent der Frauen halten politische Themen am Arbeitsplatz sogar für „unangebracht“, bei Männern sind es nur 40 Prozent.
Auch ergeben sich Unterschiede zwischen den alten und den neuen Bundesländern. 40 Prozent der Ostdeutschen sprechen im Job über Politik, bei den Westdeutschen sind es nur 28 Prozent. Am häufigsten suchen FDP-Wähler (40 Prozent) das Gespräch über Politik, wohingegen nur rund jeder vierte AfD-Wähler im Job politische Themen anspricht.
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AfD-Wähler fürchten überdurchschnittlich oft negative Karriere-Auswirkungen
Dies könnte auch damit zusammenhängen, dass die AfD-Wähler negative Folgen fürchten. 57 Prozent und damit fast doppelt so viele wie der Durchschnitt gaben an, dass sie fürchten, in ihrer Karriere beeinträchtigt zu werden, wenn sie über Politik sprechen. Zum Vergleich: Bei den FDP-Wählern rechnet nicht einmal jeder Fünfte mit negativen Auswirkungen.
Vor allem ältere Berufstätige kalkulieren mögliche negative Folgen bei Gesprächen über Politik in ihr Gesprächsverhalten mit ein. Während bei den 45- bis 54-Jährigen fast jeder Dritte negative Auswirkungen auf die Karriere befürchtet, sind die 18- bis 24-Jährigen deutlich sorgloser: Hier gehen nur 19 Prozent von Konsequenzen aus.
Kollegen tolerieren andere politische Meinungen
Gegenüber den Kollegen werden andere politische Einstellungen meist toleriert. „Die Berufstätigen zeigen sich in Deutschland tolerant und sehen keine Notwendigkeit, dass sie mit ihren Kollegen und Kolleginnen in politischen Fragen übereinstimmen”, sagte Altmann.
46 Prozent aller Befragten kennen die politischen Einstellungen ihrer Kollegen, nur jeder Fünfte findet es wichtig, dass die Kollegen die eigenen politischen Einstellungen teilen, besonders die 18- bis 24-Jährigen (29 Prozent) vertreten diese Auffassung. Mit zunehmenden Alter nimmt diese Auffassung allerdings ab.
Jeder vierte Ostdeutsche wünscht sich eine Übereinstimmung bei der politischen Meinung mit seinen Kollegen, bei den Westdeutschen trifft das nur auf knapp jeden Fünften zu. Am wichtigsten ist AfD-Wählern (23 Prozent) dieselbe politische Einstellung der Kollegen, das geringste Bedürfnis nach einer gemeinsamen politischen Einstellung haben Grünen-Wähler.
SPD- und CDU-Wähler fordern oft Positionierung des Arbeitgebers
Knapp die Hälfte der Befragten vertritt die Auffassung, dass sich der eigenen Arbeitgeber zu gesellschaftlichen Fragestellungen positionieren sollte. Besonders ausgeprägt ist der Anteil unter den SPD- (60 Prozent) und CDU- Wählern (56 Prozent).
Auch hier gibt es deutliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern: Während 54 Prozent der Männer eine solche Positionierung des Arbeitgebers erwarten, sehen das nur 41 Prozent der Frauen so.
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