Berlin. Die Corona-Krise erschüttert den Arbeitsmarkt. Laut Trendence Institut steigt der Stress bei Chefs und Mitarbeitern – und die Sorge.

Der Arbeitsplatz am Küchentisch, der Unterricht der Kinder in Eigenleistung und gleichzeitig die Ungewissheit, wie stark die Corona-Krise die Wirtschaft und damit den eigenen Arbeitsplatz gefährdet: Die Herausforderungen und Sorgen von Führungskräften und Mitarbeitern in der Krise sind vielfältig.

Das Trendence Institut, das wie unsere Redaktion zur Funke Mediengruppe gehört, hat in einer Blitzumfrage unter 1.055 Mitarbeitern und Führungskräften nun ermittelt, wo die Sorgen und Ängste der Mitarbeiter liegen – aber auch, welche positiven Effekte sich in der Krise mitnehmen lassen.

Corona-Krise: Fast jeder vierte Chef fürchtet den Kontrollverlust

Nicht nur für viele Mitarbeiter ist die berufliche Situation in Zeiten der Krise vor allem mit Stress verbunden. Vor allem für Führungskräfte scheint der gegenwärtige Zustand zur Belastung zu werden. Fast jede vierte Führungskraft stimmte der Umfrage zufolge der Aussage zu, den erhöhten Stresspegel aufgrund der Ungewissheit auf Dauer nicht durchzuhalten.

Und mit dem Stress gehen offenbar auch Ängste einher. 22,5 Prozent der befragten Führungskräfte gaben an, dass sie Sorge haben, die Kontrolle als Führungskraft zu verlieren.

Corona-Krise: Frauen haben größere Sorgen vor der Stressbelastung

Auch die Mitarbeiter stehen unter Stress. Allerdings stimmten nur 14,8 Prozent der Aussage zu, dass sie dem Druck auf Dauer nicht stand halten werden – also knapp zehn Prozent weniger als bei den Führungskräften.

44 Prozent der Befragten schaffen aufgrund der Kinderbetreuung ihr Arbeitspensum nicht mehr.
44 Prozent der Befragten schaffen aufgrund der Kinderbetreuung ihr Arbeitspensum nicht mehr. © iStock | istock

Allerdings lassen sich dabei auch berufs- und geschlechtsspezifische Unterschiede feststellen. So sorgen sich Frauen deutlich häufiger als Männer, dem Druck nicht standzuhalten. Während jede vierte Frau diese Sorge äußert, ist es gerade einmal jeder zehnte Mann. Und auch beim Ausbildungsstand zeigt sich: Wer studiert hat, der hat jetzt mehr als doppelt so viel Angst vor einer stressbedingten Überlastung als ein Arbeitnehmer aus einem Ausbildungsberuf.

Kinderbetreuung verringert Arbeitspensum

Wer nicht in einem systemrelevanten Beruf arbeitet, der ist derzeit auf eine eigene Kinderbetreuung angewiesen. Die Kinder wollen nicht nur beschäftigt werden, viele Eltern müssen sich auch im Unterrichten von zu Hause, dem Home Schooling, probieren.

Das kostet aber Zeit, die am Arbeitsplatz fehlt. Entsprechend gaben 44 Prozent der Befragten an, dass sie aufgrund der Kinderbetreuung das Arbeitspensum nicht im vollem Ausmaß schaffen. Auch daran sind Ängste geknüpft: Rund jeder siebte Arbeitnehmer ist der Auffassung, dass Kollegen ohne Kinder eine höhere Arbeitsplatzsicherheit haben.

Frauen fühlen sich weniger geschützt

Frauen kritisieren häufiger als Männer, dass sich der Arbeitgeber nicht um ausreichend Schutz bemüht.
Frauen kritisieren häufiger als Männer, dass sich der Arbeitgeber nicht um ausreichend Schutz bemüht. © funkegrafik nrw | Selina Sielaff

In jedem fünften Unternehmen hat es der Umfrage zufolge bereits mindestens ein Mitarbeiter mit dem Coronavirus angesteckt. Trotzdem sind die Arbeitnehmer mehrheitlich zufrieden, was den Schutz vor einer möglichen Anstrengung mit dem Corona-Virus angeht. 60,5 Prozent der Männer und 56,3 Prozent der Frauen gaben an, dass der Arbeitgeber absolut ausreichende Maßnahmen ergriffen habe.

Als völlig unzureichend bewerteten 7,5 Prozent der Männer und 12,4 Prozent der Frauen die Maßnahmen. Ein Erklärungsansatz für die Unterschiede: Frauen arbeiten häufiger in Berufen mit direktem Kunden- oder auch Patientenkontakt.

Branchentypisch gibt es nämlich große Unterschiede. Jeder fünfte Mitarbeiter im öffentlichen Raum fühlt sich vollkommend unzureichend geschützt. Zum Vergleich: Bei der Maschinenarbeit gaben das gerade einmal 2,6 Prozent an.

Und selbst in Berufen mit direktem Patientenkontakt fühlt sich gerade einmal jeder zehnte Mitarbeiter vollkommen unzureichend geschützt – also gerade einmal halb so viele wie im öffentlichen Raum.

Aufklärung fand mehrheitlich statt

Die meisten Arbeitgeber haben ihre Mitarbeiter über das Virus aufgeklärt.
Die meisten Arbeitgeber haben ihre Mitarbeiter über das Virus aufgeklärt. © funkegrafik nrw | Selina Sielaff

Bei der Frage, welche Maßnahmen der Arbeitgeber konkret ergriffen habe, gaben über zwei Drittel der Befragten die Aufklärung an. Sie seien entweder mündlich oder schriftlich informiert worden.

In mehr als jedem zweiten Unternehmen wurde zudem Desinfektionsmittel bereitgestellt und nicht zwingend notwendige Dienstreisen gestrichen.

Knapp 40 Prozent der Arbeitgeber haben ihren Mitarbeitern zudem empfohlen, ins Home Office zu wechseln. Dafür haben sie auch Laptops zur Verfügung gestellt.

Jeder zweite Arbeitnehmer dauerhaft im Home Office

Beim Home Office hat die Krise zu einem gravierenden Wandel geführt. Vor der Krise arbeitete gerade einmal ein Prozent der Befragten regelmäßig von zu Hause aus, acht Prozent arbeiteten häufig oder regelmäßig im Home Office.

Die Pandemie hat nun dazu geführt, dass diese Zahlen in die Höhe geschossen sind. 70 Prozent der Befragten arbeiten sehr häufig von zu Hause, jeder zweite sogar dauerhaft.

„Gerade von Arbeitsmarkt-Experten wird Corona als ein Wegbereiter für New Work Themen erachtet. Wo jahrelang kein Home Office möglich war, erhalten Mitarbeitende Laptops und VPN Zugänge“, sagte Robindro Ullah, Geschäftsführer des Trendence Instituts, unserer Redaktion. „Die Frage, die sich viele Stellen: wird uns das nach Corona erhalten bleiben, oder geht alles wieder zurück auf Start und alte verstaubte Arbeitswelt?“

Zumindest jeder zweite Befragte rechnet damit, dass die Präsenzkultur an Bedeutung verlieren wird. Aber: 14,2 Prozent der Führungskräfte sehen das nicht so und glauben weiterhin an die feste Anwesenheit im Büro.

Im vergangenen Jahr hatten insbesondere viele Pendler in einer Trendence-Umfrage angegeben, dass das Home Office sie vom Stress entlasten würde.

Die Vorzüge des Home Office

Viele Arbeitnehmer empfinden das Home Office als positiv, um Familie und Beruf besser vereinbraen zu können.
Viele Arbeitnehmer empfinden das Home Office als positiv, um Familie und Beruf besser vereinbraen zu können. © funkegrafik nrw | Selina Sielaff

Viele Arbeitnehmer schätzen ihre neue Erfahrung im Home Office – auch wenn man manchmal sieht, was nicht für einen bestimmt ist. Fast drei Viertel der Befragten stimmten zumindest teilweise der Aussage zu, dass die Arbeit von zu Hause die Vereinbarkeit von Familie und Beruf fördere.

61 Prozent gaben an, dass sich das eigene Leben durch das Home Office besser strukturieren lasse. Allerdings gibt es auch kritische Bereiche: So äußerten 40 Prozent die Sorge, dass Home Office die Gefahr berge, sich durch Mehrarbeit selbst auszubeuten. Dass die Grenzen zwischen Privat- und Berufsleben bei der Arbeit von zu Hause verschwimmen, sagten zwei Drittel der Befragten.

Auch im Home Office gibt es einige Tipps, die man daher beachten sollte. Dazu zählt auch die gesunde Ernährung.

Wechselabsicht ist stark zurückgegangen

Deutlich mehr Arbeitnehmer als vor der Krise lehnen die Jobsuche derzeit ab.
Deutlich mehr Arbeitnehmer als vor der Krise lehnen die Jobsuche derzeit ab. © funkegrafik nrw | Selina Sielaff

Doch nicht nur der Effekt des Home Office geht mit der Krise einher. Die wachsende Unsicherheit am Arbeitsmarkt macht sich auch in der Wechselabsicht der Arbeitnehmer bemerkbar.

Während vor der Krise gerade rund einmal rund jeder zehnte Akademiker angab, nicht offen für einen neuen Job zu sein, ist es nun schon jeder Vierte. Bei den nicht-akademischen Berufen erhöhte sich die Quote sogar von 11,8 auf 29,5 Prozent.

„Die letzten Jahre haben sich vor allem auch dadurch ausgezeichnet, dass der Arbeitsmarkt für viele Berufsgruppen ein Paradies geworden war. Jobs, wohin man sah und damit verbunden eine steigende Wechselbereitschaft. Diesen Trend hat Corona quasi über Nacht gekillt“, sagte Robindro Ullah.

Wie man ein Zwischenzeugnis bekommt, wenn man einen neuen Job sucht, lesen Sie hier.

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