Hamburg. Sinkende Beiträge und hohe Renten belasten den Etat. Die Führung der Kammer erwägt die Aufnahme eines Kredits.
Die Hamburger Handelskammer hat in ihrer 355-jährigen Geschichte schon viele Krisen überstanden. Den verheerenden Brand 1841 beispielsweise, dem das benachbarte Rathaus zum Opfer fiel. Oder die Zeit des Nationalsozialismus und die Bombardements während des Zweiten Weltkrieges. Nun steht Hamburgs ehrwürdige Kammer vor der nächsten Herausforderung. Die Auswirkungen der Corona-Pandemie lähmen die Wirtschaft in der ganzen Stadt und belasten nun auch ihre Vertretung am Adolphsplatz. Kurz gesagt: Der Handelskammer geht das Geld aus. Grund ist, dass die Pflichtbeiträge wegen des Shutdowns sinken werden. Und über Rücklagen für schlechte Zeiten verfügt die Kammer nicht.
„Wir haben nichts mehr, wovon wir zehren können“, sagt die neue Vorsitzende des Finanzausschusses, Vizepräses Astrid Nissen-Schmidt, nachdem sie einen Kassensturz gemacht hat. Die Rücklagen, die die Kammer in der Vergangenheit aufgebaut hatte, sind in der letzten Wahlperiode an die Mitglieder zurückgezahlt worden.“ Dabei geht es um 20 Millionen Euro, die unter der Führung der Kammerrebellen an die Mitgliedsunternehmen ausgeschüttet wurden. Anlass war die erfolgreiche Klage eines Kammerrebellen vor Gericht, der sich über die Höhe seiner Mitgliedsbeiträge beschwert hatte. Das Gericht schrieb der Kammer vor, ihm einen Teil zurückzuerstatten. Mit der Begründung: Die Handelskammer müsse die Erhebung ihrer Beiträge an ihre Ausgaben koppeln und dürfe keine Überschüsse bunkern. Der neuen Kammerführung fällt dieses Urteil jetzt auf die Füße, denn die Mitgliedsbeiträge halten die Kammer am Leben. Und diese werden infolge der Corona-Krise sinken.
Wesentliche Einnahmequelle der Handelskammer
Die Pflichtbeiträge setzen sich aus einem Grundbetrag zusammen, der sich nach der Größe des Unternehmens richtet, aber auch nach den Gewerbeerträgen, also nach dem Gewinn. Und da dieser bei fast allen Firmen in diesem Jahr aufgrund des Shutdowns einbrechen wird, gehen auch die Beiträge zurück. Diese Mitgliedsbeiträge sind aber die wesentliche Einnahmequelle der Handelskammer. Sie machen mehr als 80 Prozent der Einnahmen aus und lagen im vergangenen Jahr bei 42,6 Millionen Euro. Brechen die Beiträge jetzt weg, gerät die Liquidität in Gefahr. Dann muss die Kammer möglicherweise Kredite aufnehmen, um zu überleben.
Corona-Lockerungen: Das ist wieder erlaubt
„Kredite wären eine Option“, sagt Finanzchefin Nissen-Schmidt. Mit Spannung wartet der Finanzausschuss auf die Steuerschätzung des Senats Ende des Monats. Dann kann die Kammer etwas genauer beurteilen, wie viel Geld sie bekommt. „Mehr als 40 Millionen Euro werden es aber sicher nicht sein.“ Auch um weitere Einnahmequellen ist es dem Kassensturz zufolge nicht gut bestellt. Der Wert der Aktien und Rentenpapiere, die die Kammer zur Absicherung der Pensionen besitzt, ist im Zuge des allgemeinen Börsensturzes um 6,7 Prozent gesunken.
Minus von 5,3 Millionen Euro
Bleibt die Frage: Wo genau soll die Kammer nun sparen? Anders als der ehemalige Kammerpräses Tobias Bergmann prognostiziert hat, lassen sich die Kosten offensichtlich nur wenig herunterfahren. 21,5 Millionen Euro gibt die Kammer allein für ihre 218 Mitarbeiter aus. Stellenstreichungen sind aber bei den derzeitigen Aufgaben nicht möglich, wie der Personalrat immer wieder betont. „Fast 70 Prozent des Materialaufwands entfallen auf Abteilungen mit hoheitlichen Aufgaben im Bereich Berufsbildung. Auch da können wir nicht sparen“, sagt Nissen Schmidt. Langfristig bliebe also dann die Möglichkeit, das Angebot zu verkleinern. Aber daran mag die neue Kammerführung noch nicht denken.
Corona in Hamburg – die Bilanz des Bürgermeisters
Zudem kann man der Kammer nicht vorwerfen, dass sie unwirtschaftlich arbeitet. Die Betriebserträge haben im vergangenen Jahr den Aufwand um 9,2 Millionen Euro überstiegen. Dennoch stand unterm Strich ein Minus von 5,3 Millionen Euro. Grund für die finanzielle Schieflage sind vor allem riesige Pensionsverpflichtungen, die auf der Kammer lasten. Dabei geht es um 89 Millionen Euro. Allein der Ausgleich niedriger Ertragszinsen hat im vergangenen Jahr 9,4 Millionen Euro gekostet. „Unsere Vorgänger haben uns ein schwieriges Erbe hinterlassen“, sagt Nissen-Schmidt. Dabei steht aktuell nur eines fest: „Glücklicherweise kann die Kammer als Körperschaft öffentlichen Rechts nicht insolvent gehen.“ Im Notfall müsste der Staat einspringen.
Coronavirus: Verhaltensregeln und Empfehlungen der Gesundheitsbehörde
- Reduzieren Sie Kontakte auf ein notwendiges Minimum und halten Sie Abstand von mindestens 1,50 Metern zu anderen Personen
- Achten Sie auf eine korrekte Hust- und Niesetikette (ins Taschentuch oder in die Armbeuge)
- Waschen Sie sich regelmäßig die Hände gründlich mit Wasser und Seife
- Vermeiden Sie das Berühren von Augen, Nase und Mund
- Wenn Sie persönlichen Kontakt zu einer Person hatten, bei der das Coronavirus im Labor nachgewiesen wurde, sollten Sie sich unverzüglich und unabhängig von Symptomen an ihr zuständiges Gesundheitsamt wenden