Hamburg. Geschäftsklima-Index: Die Stimmung in der Hamburger Wirtschaft ist wegen der Corona-Krise so schlecht wie seit fast 50 Jahren nicht.

Handelskammer-Präses Norbert Aust machte erst gar keinen Versuch, die Lage von Hamburgs Wirtschaft in Corona-Zeiten zu beschönigen. „Es sieht düster aus für Hamburg“, sagte er. Die Situation sei „dramatisch“. Wie dramatisch zeigt der Blick auf den am Mittwoch von der Handelskammer vorgestellten Index für das Geschäftsklima in der Hansestadt. Demnach ist die Stimmung in den Unternehmen der Elbmetropole aufgrund der Corona-Krise so schlecht wie seit fast 50 Jahren nicht - noch schlechter als in der schweren Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009.

Laut Handelskammer stürzte der Index auf 38,6 Punkte - den niedrigsten Wert, der jemals registriert wurde. Seit 1971 befragt sie vierteljährlich ihre Mitglieder nach deren Konjunktureinschätzungen. Insgesamt vertritt die Handelskammer Hamburg etwa 160 000 Unternehmen.

Drei Viertel der befragten Unternehmen mit deutlichem Umsatzrückgang

Die repräsentative Befragung erfolgte vom 2. bis 21. April - also nach den Allgemeinverfügungen für die Bevölkerung und den Hilfspaketen für die Wirtschaft mit Kurzarbeit und Steuerentlastungen. Noch im letzten Quartal 2019 hatte der Wert bei 108,3 Punkten gelegen (höchstmöglicher Wert: 200). Selbst in der Finanzkrise vor zwölf Jahren war der Wert mit 72,3 Punkten noch deutlich höher als nun während der Corona-Pandemie.

Von 711 befragten Unternehmen in der Hansestadt gaben 75,1 Prozent an, dass sie einen zum Teil deutlichen Umsatzrückgang in diesem Jahr befürchten. Besonders stark betroffen sind die Tourismusbranche und das Gastgewerbe. Deren Index stürzte sogar auf 4,8 Punkte ab. Aust sagte, er habe Hamburgs Wirtschaftsenator Michael Westhagemann (parteilos) runde Tische für die unterschiedlichen Bedürfnisse der stark betroffenen Branchen wie den Tourismus vorgeschlagen.

Drei-Phasen-Plan der Handelskammern im Norden

Da die wirtschaftliche Situation in den anderen norddeutschen Bundesländern ähnlich wie in Hamburg ist, hat die Handelskammer der Hansestadt sich mit den anderen Kammern im Norden zusammengetan. Gemeinsam legten sie einen Drei-Phasen-Plan für Wege aus der Corona-Krise vor.

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Zu den Forderungen zählt unter anderem Planungssicherheit für die Unternehmen - mit klaren medizinischen Regeln und Hygienevorschriften. Damit könnten Unternehmen ihren Betrieb wieder aufnehmen. Aust kritisierte in dem Zusammenhang auch die Vorgabe von 800 Quadratmetern Fläche für Geschäfte. Diese sei willkürlich und aus der Bauordnung und nicht medizinisch begründet. „Kein vor der Krise gesundes Unternehmen darf wegen der Corona-Pandemie in die Insolvenz gehen“, sagte Aust. Er plädierte für eine schnelle Öffnung aller Einzelhändler.

Handelskammer fordert bessere Zusammenarbeit der Bundesländer

Weitere Wünsche der norddeutschen Kammern sind unter anderen der Abbau der Bürokratie, Deregulierungen und Zuschüsse für kleinere und mittlere Firmen für den digitalen Umbau. Aust erhofft sich von dem gemeinsamen Auftreten der Nord-Handelskammern, dass auch die Politik in den norddeutschen Bundesländern enger zusammenarbeitet. „Manchmal muss man die Pferde zur Tränke tragen“, meinte er.

Wie schlecht es vielen Unternehmerinen und Unternehmern geht, erleben die Handelskammer-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter an der Hotline. Neben den Nachfragen wie beispielsweise zur Kurzarbeit seien zehn Prozent der Anrufe eher seelsorgerisch, meinte Aust: „Die Handelskammer ist auch Trost- und Kummerkasten.“