Berlin. DIHK-Präsident Eric Schweitzer ist erleichtert über die Lockerungen. Doch die Krise sei damit nicht vorbei, warnt er im Kurzinterview.

Restaurants dürfen in den ersten Bundesländern bald wieder öffnen, auch erste Hotels können wieder Gäste empfangen. Nach Wochen des Shutdowns lockern Bund und Länder die Beschränkungen in der Corona-Pandemie.

Zugleich werden erste Forderungen nach einem Konjunkturpaket laut. So fordert etwa die Automobilindustrie eine Kaufprämie, der Handel pocht auf Einkaufsgutscheine. Eric Schweitzer, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), bezieht im Kurzinterview Stellung zu einem möglichen Konjunkturprogramm und dringt auf weitere Entlastungen in der Gastronomie.

Bund und Länder lockern immer mehr. Entspannt sich die Situation für die Unternehmen?

Eric Schweitzer: „Viele Unternehmer vor allem in Hotel und Gastronomie sind froh, dass sie bald endlich wieder etwas unternehmen dürfen. Die Schockstarre des Shutdown muss sich jetzt lösen. Die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie sind aber viel weitgehender. Denn die tiefe Rezession ist auch Folge der Umsatzrückgänge in Industrie, Bauwirtschaft und vielen Dienstleistungen. Aus unserer aktuellen Blitzumfrage wissen wir, dass über alle Branchen hinweg rund 80 Prozent der Unternehmen wegen der Corona-Krise mit Umsatzeinbrüchen für das Gesamtjahr rechnen, jeder Vierte sogar mit einem Minus von mehr als 50 Prozent. Diese Zahl hat sich in den letzten Wochen nicht verändert. Das zeigt, dass uns die wirtschaftlichen Folgen dieser Pandemie noch deutlich länger beschäftigen werden. Darüber dürfen uns die guten aktuellen Öffnungen nicht hinwegtäuschen.“

Die Gastronomie darf schrittweise wieder öffnen, die Mehrwertsteuer ist abgesenkt. Reicht das aus, damit die gastronomischen Betriebe überleben?

Eric Schweitzer: „Trotz der einsetzenden Lockerungen fürchten weiterhin viele Unternehmen eine baldige Pleite. Besonders dramatisch ist die Situation dort, wo bis zuletzt überhaupt nicht oder kaum gewirtschaftet wurde. In der Gastwirtschaft kämpfen inzwischen mehr als ein Drittel der Betriebe gegen die Insolvenz. Denn geschlossene Hotels, Ferienwohnungen, Restaurants, Bars und Biergärten konnten in den letzten zwei Monaten kaum Umsätze erzielen. Auch jetzt müssen viele prüfen, ob es sich wegen der hohen Auflagen überhaupt lohnt zu öffnen. Da sich die Unternehmen verständlicherweise auf erhöhten Gesundheitsschutz konzentrieren müssen, brauchen sie Entlastungen an anderer Stelle: Um zum Beispiel Abstandsregeln in der Außengastronomie einzuhalten, könnten die Behörden hier vorübergehend großzügiger die Nutzung öffentlicher Flächen erlauben. Klar ist: Der Re-Start wird für viele Unternehmen kein Selbstläufer, denn er ist zunächst mit weniger Umsatz und höheren Kosten verbunden.“

Der Bund will bis Ende des Monats Rahmenbedingungen für ein mögliche Konjunkturpaket erarbeiten. Braucht es eine solche Förderung und wie könnte sie konkret aussehen?

Eric Schweitzer: „Unsere Wirtschaft ist in den nächsten Monaten mit vielen Herausforderungen konfrontiert - z.B. Gesundheitsmaßnahmen, Lieferkettenprobleme, fortdauernde Grenzschließungen, Einschränkungen bei Geschäftsreisen. Ich warne davor, jetzt für jede Branche eigene Strohfeuer zu entzünden. Wir stehen gerade auch mit unserer globalen Vernetzung, die unseren Wohlstand sichert, gerade am Anfang einer Neujustierung mit offenem Ausgang. Viele Unternehmen beginnen ihren Re-Start zudem nicht bei Null, sondern aus dem Minus heraus. Das ganze Ausmaß der Krise können wir noch nicht wirklich absehen. Aber gerade wir Unternehmer wollen nicht jammern, sondern anpacken. Deshalb wünschen wir uns klare Rahmenbedingungen der Politik und aufeinander abgestimmte Maßnahmen, die der Wirtschaft die erforderlichen Anpassungen leichter machen.“

Der DIHK hatte eine klare Exit-Strategie gefordert, die Länder führen ihre Lockerungen bisweilen aber sehr unterschiedlich aus. Braucht es eine bundesweit einheitliche Linie?

Eric Schweitzer: „Soweit ich das sehe, ist die Linie ja da: Alle orientieren sich an den gleichen Kriterien. Aber auch aus Sicht der Wirtschaft ist es ein Vorteil, wenn ein Teil der Entscheidungen vor Ort getroffen wird. Wenn künftig in einem Landkreis die Ansteckungen stark steigen sollten, muss doch nicht das ganze Land dicht machen.“

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