Hamburg. Zuerst durften sie nicht kommen, dann doch. Nun haben die Saisonarbeiter mehr Platz zum Schlafen und viel zu tun. Ein Ortstermin.

Ein kalter Wind weht an diesem Apriltag durch Wennerstorf, als Heiner Bartels aus der Tür seines Hauses tritt. Ein Schlepper zieht gerade landwirtschaftliches Gerät über den Hof. Im Hofladen brummt das Geschäft. Die Spargelernte läuft auf Hochtouren, seit vier Generationen das wirtschaftliche Standbein der Familie Bartels. 20 Hektar Spargelfelder bewirtschaftet Bartels südwestlich von Hamburg, aus denen er je nach Witterung zwischen 100 und 160 Tonnen pro Saison ziehen kann. Die Höchstmenge wird dieses Jahr sicherlich nicht erreicht. Sechs Buchstaben sind dafür verantwortlich: Corona.

Nicht nur das Fehlen von Erntehelfern ist zum Problem geworden. Auch die Schließung der Hotels und Restaurants macht den Spargelbauern zu schaffen. „Ein Drittel liefere ich normalerweise an die Gastronomie. Das fällt jetzt weg“, meint Bartels. Dabei sagt er von sich, dass er noch in einer glücklichen Lage sei, weil er einen Großteil seiner Erntehelfer bereits vor der Schließung der Grenzen aus Rumänien holen konnte. Bartels hat mit der Spargelernte bereits im März begonnen. Grund ist eine Feldheizung, betrieben durch eine Biogasanlage in der Nähe seines Hofes. „Wir haben 16 Erntehelfer auf dem üblichen Weg zu uns gebracht“, sagt er.

Unglaub­liche Solidarität in der Coronakrise

Dann kam die Pandemie und mit ihr die Schließung der Grenzen – ausgerechnet zu dem Zeitpunkt als die Ernte hochlief. „Da hatten wir ernsthafte Sorgen. Denn hätten wir nicht weitere Kräfte bekommen, wäre ein Großteil der Ernte verloren gewesen. Aber dann sei etwas passiert, womit er nicht gerechnet habe, erinnert sich der Spargelbauer. „In der Coronakrise erlebten wir eine unglaub­liche Solidarität. Plötzlich gab es 25 bis 35 Initiativbewerbungen pro Tag von Deutschen, die uns bei der Ernte unterstützen wollten.“

Bartels, der kein Mann überhasteter Entscheidungen ist, hat sich das lange überlegt. Dann habe er sich aber dagegen entschieden, deutsche Bewerber als Erntehelfer einzusetzen. „Man wusste ja nicht, wie sich die Ausbreitung weiterentwickelt. Meine rumänischen Helfer sind entweder auf dem Feld oder auf dem Hof, da ist die Ansteckungsgefahr gering. Die Deutschen fahren aber nach der Arbeit nach Hause, oder zum Einkaufen.

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Wenn sich dort einer infizieren und das unter meinen Helfern verbreiten würde, stünden am Ende wir vor dem Totalausfall.“ Weil er aber den Bewerbern, die keine Arbeit hatten helfen wollte, habe er sechs zusätzliche Kräfte für den Verkauf eingestellt. „Ich denke ja bei allem, dass es uns noch gut geht. Wir haben Arbeit – im Gegensatz zu vielen anderen.“

Arbeitskräfte auf dem Feld fehlten

Aber Bartels musste reagieren und die Spargelernte drosseln, weil ihm die Arbeitskräfte auf dem Feld fehlten. „Ich habe die Heizung abgestellt und die Felder mit weißer, wärmeabweisender Folie bedeckt.“ So könne man das Wachstum um bis zu 30 Prozent verlangsamen, sagt er. Und dann kam Anfang April die Nachricht, dass die Bundesregierung doch die Einreise ausländischer Erntehelfer genehmigt hat. „Das war für uns eine Erlösung, auch wenn damit viel Arbeit vor uns lag.“ Flugtickets mussten für die Erntehelfer gekauft und deren Transport vom Flughafen zum Hof organisiert werden. Zudem waren medizinische Tests gefordert. Die rechtlichen Vorgaben für die Erntehelfer waren eng.

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„Die saßen mit 50 Mann in einer Maschine, die 280 Plätze hat“, sagt Bartels. Zehn zusätzliche Kräfte hatte er geordert. „Wir sind mit zwei Bussen nach Düsseldorf zum Flughafen gefahren, um unsere Erntehelfer dort abzuholen, damit sie mit ausreichend Abstand sitzen.“ Sammeltransporte waren nicht erlaubt. Jeder Betrieb musste seine eigenen Helfer abholen. Zuvor habe es bei jedem Ankömmling medizinische Tests und einen Rachenabstrich gegeben. Zudem sind die Neuankömmlinge getrennt vom Rest der Erntecrew in zweiwöchiger Quarantäne untergebracht.

Erheblicher Mehraufwand und Mehrkosten

„Das bedeutet für die Landwirte erheblichen Mehraufwand und Mehrkosten, aber alle waren heilfroh, dass es dann diese Lösung gab“, sagt Fred Eickhorst, Vorstandssprecher der Vereinigung der Spargel- und Beerenanbauer. „Wir haben unsere Mitarbeiter über den gesetzlichen Standard hinaus getestet und geschützt. Wir können sicher sagen, dass von unseren Erntehelfern keine Gefahr für die Bevölkerung ausgeht.“

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    Die Hygiene-Vorschriften haben für Bartels und seine Kollegen zusätzliche Konsequenzen. Durch das Abstandsgebot, dürfen nicht so viele Erntehelfer in einem Wohncontainer untergebracht werden wie üblich: „Normalerweise sind vier erlaubt, derzeit maximal zwei, ideal wäre nur einer“, sagt Eickhorst.

    Jeder Erntehelfer wohnt in seinem eigenen Container

    Bei Bar­tels wohnt jeder Erntehelfer in seinem eigenen Container. Dadurch fehlt ihm Platz für weitere Helfer: „Ich könnte noch sechs weitere Mitarbeiter gebrauchen, aber das geht nun nicht“, sagt er. 9,35 Euro bekommt jeder Erntehelfer pro Stunde – den gesetzlichen Mindestlohn.

    Den Ausfall der Gastronomie als Abnehmer versucht Bartels durch mehr Direktverkauf zu kompensieren. Neben dem Hofladen, betreibt er zehn Verkaufsstände und beliefert Edeka und Rewe. Bis zu Sankt Johannis am 24. Juni läuft die Spargelernte. „Wir werden dann sehen wie hoch der Umsatz wirklich war.“ Eines weiß Bartels aber jetzt schon: „Es wird uns besser gehen als vielen anderen Branchen, die mit leeren Händen dastehen.“ So spricht ein Optimist.

    Coronavirus: Verhaltensregeln und Empfehlungen der Gesundheitsbehörde

    • Reduzieren Sie Kontakte auf ein notwendiges Minimum und halten Sie Abstand von mindestens 1,50 Metern zu anderen Personen
    • Achten Sie auf eine korrekte Hust- und Niesetikette (ins Taschentuch oder in die Armbeuge)
    • Waschen Sie sich regelmäßig die Hände gründlich mit Wasser und Seife
    • Vermeiden Sie das Berühren von Augen, Nase und Mund
    • Wenn Sie persönlichen Kontakt zu einer Person hatten, bei der das Coronavirus im Labor nachgewiesen wurde, sollten Sie sich unverzüglich und unabhängig von Symptomen an ihr zuständiges Gesundheitsamt wenden