Hamburg. Hohe Preisunterschiede zwischen An- und Verkauf. Wie Edelmetallhändler in Hamburg reagieren und was Käufer wissen müssen.
Tagelang war der Internetshop des Edelmetallhändlers Pro Aurum geschlossen. Am Donnerstag öffnete er erstmals mit einem überschaubaren Angebot an Münzen und sehr kleinen Barren wieder, um nur wenige Stunden später erneut vom Netz zu gehen. „Pro Tag lassen wir nur 500 Orders zu“, sagt Pro-Aurum-Sprecher Benjamin Summa. „Dieser Wert war bereits um 10.30 Uhr erreicht. Am Freitag öffnen wir wieder um 8.00 Uhr.“
Ob Pro Aurum, Degussa oder Philoro – all diese Edelmetallhändler haben Filialen in Hamburg, die sie aber wegen des Coronavirus nicht öffnen können. Dabei ist die Nachfrage nach dem Edelmetall groß. „Unmittelbar nach den Kursabstürzen an der Börse und dem Ausbruch der Krise brach eine wahre Flut an Aufträgen herein“, sagt Robert Hartmann, Geschäftsführer von Pro Aurum. Sie lagen noch 50 Prozent über dem Niveau der Eurokrise 2010/2011.
Hamburg: Hohe Nachfrage nach Gold in Corona-Zeiten
Doch angesichts von Lieferengpässen und anfänglichen Logistikproblemen macht es keinen Sinn unzählige Aufträge anzunehmen, wenn sie nicht in überschaubarer Zeit abgearbeitet werden können. Deshalb gibt es jetzt bei Pro Aurum die Beschränkungen der täglichen Kaufaufträge.
Der Anbieter Degussa gaukelt zwar auf seiner Internetseite den Kunden ein großes Angebot vor. Doch erst, wenn man Münzen oder Barren in den Warenkorb legen will, erfährt der Kunde, dass die Ware gar nicht verfügbar ist. Bei Philoro ist das Angebot an Anlagegold ebenfalls überschaubar, aber wenigstens lieferbar.
Haspa verkauft Gold nur noch an eigene Kunden
Während die Edelmetallshops geschlossen sind, haben Banken noch geöffnet. Sie sind die einzige Möglichkeit, das Gold direkt zu erwerben. Denn in den Onlineshops muss die Ware erst bezahlt werden, bevor sie geliefert wird. „Gold wird bei den Hamburgern schon seit längerem stark nachgefragt“, sagt Stefan Rose, Leiter des Edelmetallhandels bei der Hamburger Sparkasse (Haspa).
„Das Interesse hat sich in den vergangenen Tagen aber noch mal deutlich erhöht.“ Die Sparkasse verkauft Münzen und Barren in ihrer Hauptfiliale am Großen Burstah inzwischen nur noch an eigene Kunden. „Zur Zeit gibt es noch verschiedene gängige Anlagemünzen. Das kann sich aber aufgrund der hohen Nachfrage jederzeit ändern“, sagt Rose.
Bei den meisten Anbietern wird Gold knapp
Besser hat sich offenbar die Commerzbank mit Gold bevorratet. „Wir können klassische Barren wie auch Anlagemünzen in verschiedenen Stückelungen liefern“, sagt Sprecher Thomas Kleyboldt. Allerdings nur an Kunden, die bei der Commerzbank über ein Girokonto verfügen. Auf Grund der großen Nachfrage sind Bestellungen über das Internet nicht mehr möglich, „sondern nur über unsere Servicemitarbeiter und Berater in den Filialen“, so Kleyboldt.
Bei den meisten Anbietern wird Gold knapp. Ob und wann Nachschub kommt, ist derzeit offen. „Der physische Goldmarkt trocknet derzeit aus“, sagt Gold-Experte Ronald Peter Stöferle. Das Schweizer Kanton Tessin hat wegen des Coronavirus alle Industriebetriebe geschlossen, die nicht lebensnotwendig sind. Darunter fallen auch drei der größten Goldbarrenhersteller der Welt wie Argor-Heraeus und Valcambi.
Etwa 70 Prozent des weltweit verarbeiteten Goldes kommt aber aus der Schweiz. „Auch Lieferungen aus den USA und Kanada erreichen kaum noch Europa, weil fast keine Passagiermaschinen mehr abheben“, sagt Hartmann. Die Frachtraten hätten sich verzehnfacht. Zudem hat auch die australische Münze ihre Produktion eingestellt. Von dort kommt die Goldmünze Australien Känguru.
Kaufpanik zahlt sich nicht aus
Die Verknappung des Angebots führt auch zu Preiskapriolen. Anleger sollten jetzt nicht überstürzt Gold kaufen, nur weil die Ware noch verfügbar ist. Denn Kaufpanik wird sich nicht auszahlen. Angesichts der Unterschiede zwischen An- und Verkaufspreis muss der Goldpreis deutlich steigen, damit sich der Kauf zu den aktuellen Konditionen nicht als Verlustgeschäft entpuppt. „Schon an der Goldbörse in London gibt es große Unterschiede zwischen Geld- und Briefkurs“, sagt Hartmann. Das wirke sich dann auch auf die eigene Preisgestaltung aus.
So kostete am Donnerstag bei Pro Aurum die Goldmünze Philharmoniker (31,1 Gramm) der österreichischen Münze im Verkauf 1639 Euro. Wäre die Münze gleich wieder verkauft worden, hätte man nur 1504 Euro bekommen, ein Preisunterschied von 135 Euro.
Je kleiner die Stückelung, desto größer der Preisunterschied
Bei Degussa war diese Münze zwar nicht verfügbar, aber der Preisunterschied betrug bei diesem Anbieter schon 246 Euro. Käufer hätten 1691 Euro bezahlen müssen, Verkäufer hätten nur 1446 Euro dafür bekommen. Ein Unterschied von 17 Prozent. Bei Philoro liegt der Unterschied für das gleiche Produkt bei 170 Euro.
Noch größer ist das Aufgeld bei den winzigen Ein-Gramm-Barren aus Gold. Degussa verlangt 35 Prozent, Pro Aurum 20 Prozent. Generell gilt schon in normalen Zeiten: Je kleiner die Stückelung, desto größer der Preisunterschied. Bei Philoro gibt es 50-Gramm-Barren mit einem Aufgeld von 13,5 Prozent. 2901 Euro musste der Käufer am Donnerstagvormittag dafür bezahlen. Insgesamt gibt es im Moment sehr große Preisunterschiede.
Das Vergleichsportal gold.de weist für den sehr beliebten Krügerrand bei verschiedenen Anbietern eine Preisspanne von 1641 Euro bis 2310 Euro aus (Verkaufspreise). Häufig müssen die Kunden dann auch noch bis zu 15 Tage auf ihre Ware warten.
Gold ist keine verlässliche Krisenwährung
Auch bei der Preisentwicklung hat sich Gold nicht als verlässliche Krisenwährung erwiesen. Zwar mussten Edelmetallbesitzer nicht so große Verluste verkraften wie Aktienanleger, aber trotz sich verschärfender Krise liegt der Goldpreis in Euro für die Feinunze (31,1 Gramm) an der Börse aktuell noch etwa fünf Prozent unter seinem Höchststand mit 1556 Euro, der im Februar erreicht wurde. Und damit hat sich der Goldpreis sogar schon wieder deutlich erholt.
Während der turbulentesten Tage an der Börse war auch er deutlich abgestürzt. Eine solche Entwicklung ist nicht ungewöhnlich für Krisensituationen. Das zeigte sich schon im Herbst 2008 als die US-Großbank Lehman Brothers in die Insolvenz gegangen war. Auch damals war Gold als Krisenwährung nur bedingt tauglich. Für den Rest des Jahres 2008 und noch weit bis in das Folgejahr stand die Feinunze unter Preisdruck. In der Folge allerdings legte Gold dann kräftig zu und erreichte in Dollar im Jahr 2011 sein Rekordhoch von rund 1910 Dollar.
Mittelfristig könnte der Goldpreis steigen
„Wenn es an der Börse richtig bergab geht, ist wie 2008 cash gefragt“, sagt Robert Hartmann von Pro Aurum. Alles was Liquidität schafft und vielleicht noch im Plus ist, wird verkauft. „Das trifft dann auch auf die Edelmetalle zu“, so Hartmann. Weitere Rückschläge bei den Aktien können also auch den Goldpreis noch drücken. Eines haben beide Vermögensklassen ohnehin gemeinsam. Die Kurse können stark variieren. Es gibt keine Garantie, dass man sein eingesetztes Kapital zu einem bestimmten Zeitpunkt zurück erhält.
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Mittelfristig könnte der Goldpreis aber weiter steigen. Dafür sprechen neben der sehr lockeren Notenbankpolitik in den USA und Europa auch die steigende Staatsverschuldung zur Stützung der Wirtschaft, die durch die Coronakrise fast zum Erliegen gekommen ist. Doch Anleger sollten laut Experten abwarten, bis sich sich die Lage am physischen Edelmetallmarkt wieder entspannt hat.