Hamburg. Handelskonzern legt vorläufige Jahreszahlen vor: Wird die Mode-Plattform About You verkauft, weil sie keinen Gewinn abwirft?
Zunächst schien es so, als könnte Orkan Sabine dem lange angekündigten Pressetermin über die Entwicklung des Online-Geschäfts bei der Otto Gruppe einen Strich durch die Rechnung machen. Hanna Huber, neue stellvertretende Technologie-Direktorin des Hamburger Handels- und Dienstleistungskonzerns und einzige Frau in der Runde, saß am Montagmorgen wegen diverser Zugausfälle in Berlin fest. Aber dank moderner Technik kam es nicht so weit. Die Chefstrategin wurde kurzerhand zugeschaltet und konnte so aus ihrer Wohnung Einblick in die Entwicklung digitaler Geschäftsfelder geben.
Otto Gruppe steigert Online-Umsatz um 5,5 Prozent
Das vor 70 Jahren von Werner Otto gegründete Unternehmen ist schon lange mehr als ein Versandhändler. „Der wichtigste Treiber für Erfolg im E-Commerce ist Technologie“, betonte Digitalvorstand Sebastian Klauke. Dabei sieht der Konzern sich gut aufgestellt. Nach ersten Prognosen – drei Wochen vor Ende des laufenden Geschäftsjahres – wird die Gruppe 2019/20 wohl mit einem weltweiten Online-Umsatz von 8,1 Milliarden Euro abschließen. Im Vergleich zum Vorjahr mit Erlösen in Höhe von 7,7 Milliarden ist das ein Plus von 5,5 Prozent. Im deutschen E-Commerce-Geschäft legte die Otto Gruppe um gut sechs Prozent auf 5,6 Milliarden Euro zu.
Das Unternehmen konzentriert sich seit einiger Zeit auf sogenannte Fokusfirmen, zu denen Einzelhändler wie Otto, About You, Bonprix, Witt, Mytoys und die US-Firma Crate&Barrel gehören. Diese legten den Angaben zufolge um elf Prozent zu. Infolge dieser Politik hatte Otto den angeschlagenen Sporthändler Sportscheck an die Kaufhauskette Galeria Karstadt Kaufhof abgegeben.
About You steigerte Umsatz auf 740 Millionen Euro
Besonders erfolgreich ist erneut das Mode-Portal About You, das 2014 als Start-up unter dem Dach der Otto-Gruppe gestartet war. Inzwischen ist es „eines der am schnellsten wachsenden Fashion-Online-Stores Europas“, so Klauke. Im vergangenen Jahr wuchs der Umsatz um 60 Prozent auf mehr als 740 Millionen Euro. Gewinn macht About You allerdings weiter nicht. „Aber das macht uns nicht nervös“, so der Konzernvorstand des Mehrheitsgesellschafters. Klauke verwies darauf, dass vor allem das schnelle Wachstum Grund für weitere Investitionen sei. „Wir liegen bei About You besser als geplant.“ Ein Verkauf sei nicht geplant.
Das junge Unternehmen ist für Otto auch ein wichtiger Taktgeber beim Transformationsprozess. Von Anfang an hätten die Gründer, zu denen Benjamin Otto und der heutige Firmenchef Tarek Müller zählen, auf die Entwicklung eigener Software-Lösungen gesetzt. „Wichtig ist uns, dass unser System auf allen mobilen Endgeräten funktioniert, skalierbar und schnell anpassungsfähig ist“, sagte About-You-Technologie-Chef Sebastian Betz. Inzwischen verkauft About You seine Cloud-Lösung auch an andere Unternehmen. Unter anderem wird sie bei der Witt-Gruppe eingesetzt.
E-Commerce-Umsatz laut Prognose um 13 Prozent gesteigert
Der Modehändler aus der Oberpfalz, der vor allem auf ältere Kunden zielt, konnte den E-Commerce-Umsatz laut Prognose um 13 Prozent steigern und entwickelt gerade weitere Onlineshops. Auch die Otto-Einzelgesellschaft, die über otto.de sieben Millionen Kunden erreicht, legte um acht Prozent zu und hatte nach eigenen Angaben das beste Weihnachtsgeschäft der Firmengeschichte. Allein dort arbeiten inzwischen 1100 IT-Fachkräfte.
„Wir sind auf dem Weg zu einem voll digitalisierten Handels- und Dienstleistungskonzern“, so E-Commerce-Vorstand Klauke. Dieser Wandel sei gegenwärtig eines der größten, anspruchsvollsten und spannendsten IT-Projekte in Europa.