Hamburg. Bislang kreiert der Hamburger Röster Produkte für die Zielgruppe 50 plus. Warum er jetzt mit Tattoo-Models um Kunden wirbt.

Albert Darboven (83) weiß noch ziemlich genau, wann er zum ersten Mal mit dem Münchner Kaffee- und Teespezialitätenhändler Eilles zu tun hatte. Das war 1953 und der damals 17 Jahre alte Darboven war Lehrling beim Hamburger Kaffeeimporteur Rothfos. „Ich habe Kaffeebohnen an die Kunden verschickt, unter anderem an Eilles.“ 33 Jahre später kaufte Darboven – inzwischen Geschäftsführender Inhaber des Hamburger Kaffeerösters J.J. Darboven – den ehemaligen bayerischen Hoflieferanten Eilles – inklusive der 50 Fachgeschäfte des Unternehmens in Süddeutschland. „An meinem 50. Geburtstag sind wir uns handelseinig geworden“, sagt Darboven.

Das ist auch schon wieder mehr als 30 Jahre her, die Ladengeschäfte wurden 2016 an Arko weiterverkauft und Eilles ist heute die Premiummarke im Portfolio des Kaffeerösters. Idee-Kaffee gehört dazu, Mövenpick, die Fairtrademarke Café Intencion, die Espressi von Alfredo und noch ein paar andere Marken. „15 bis 20 Prozent“ des Gesamtabsatzes aller Darboven-Marken in Deutschland entfallen auf Eilles, sagt Marketing-Chefin Simone Müggenburg. Der Absatz von Eilles, dessen Markenfarbe ein gediegenes Dunkelblau ist, habe sich zuletzt besser entwickelt als die Stammmarke Idee. In Süddeutschland ist die Marke historisch bedingt stärker verbreitet. Zielgruppe ist die Altersklasse 50 plus – und damit etwas jünger als die der Stammmarke.

Zielgruppe: Qualitätsbewusste Käufer zwischen 25 und 40

In diesen Wochen bekommt die Eilles-Familie Zuwachs und die Marke erhält ein neues, ein zweites Gesicht: Eilles No 1873 kommt in den Handel. „Es ist ein Schritt hin zu jüngeren Verbrauchern“, sagt Marketingchefin Müggenburg, „eine junge Produktlinie innerhalb einer traditionellen Marke.“

Drei Sorten haben die Kaffeeexperten in der Darboven-Zentrale am Pinkertweg in Billbrook kreiert. Alle drei tragen die Zahl 1873, das Gründungsjahr von Eilles, im Namen, zudem eine Geschmacksbeschreibung als Untertitel: Fruchtig-mild, beerig-fein sowie nussig-intensiv. Den Unterschied macht das Mischungsverhältnis der Arabica-Bohnen aus den Anbauregionen der Welt. Die milde Variante enthält mehr brasilianische Bohnen, die beerige hat einen höheren Anteil solcher aus afrikanischen Anbauländern, die intensive basiert vorwiegend auf Rohkaffee aus asiatischen Ländern. Das letzte Wort bei Geschmack und Zusammensetzung hatte – wie immer – Albert Darboven. Und jede der drei Sorten hat ihre eigene, pastellige Verpackungsfarbe.

Eine Spezialtasse schützt den Bart

Es sei eine „radikale Verjüngung“ der Traditionsmarke, heißt es in der Unternehmenszentrale. „Zielgruppe ist die Generation Y“, sagt Simone Müggenburg. Auch die 25- bis 40-Jährigen sollen sich im weiten Reich der Darboven-Marken wiederfinden. Augenfällig wird das im Werbeauftritt: Auf den Packungen findet sich ein Bildnis des jungen Joseph Eilles, der vor bald 150 Jahren in München sein erstes Spezialitätengeschäft eröffnete, auch seine Geschichte wird dort erzählt. Die Models, die für den 1873 werben, kommen alles andere als traditionell und hanseatisch-gesetzt rüber. Zwei Männer und eine Frau, großflächig tätowiert, reichlich Ringe im Ohr, einer trägt einen eindrucksvollen Oberlippenbart. Bei Darboven haben sie sogar eigens eine Barttasse aufgelegt, die das Gesichtshaar beim Trinken vor Kontakt mit dem Heißgetränk bewahrt. Der 1873, er ist der Hipster-Kaffee von Darboven.

Nur als ganze Bohne

Auf den Markt kommen die drei Sorten ausschließlich in einer 500-Gramm-Tüte und als ganze Bohne. Weil auch viele Privathaushalte mittlerweile mit einem Vollautomaten ausgestattet sind, ist die ganze Bohne das derzeit am stärksten wachsende Segment im Kaffeemarkt. Und noch eine Entwicklung ist verheißungsvoll für die neuen Eilles-Sorten zum Kilopreis von etwa 16 Euro: Für Kaffeekäufer ist mittlerweile die Qualität das wichtigste Entscheidungskriterium, nicht mehr ein günstiger Preis.

Insgesamt aber geht der Röstkaffeeabsatz in Deutschland leicht zurück. Das bekam zuletzt auch die Holding zu spüren. Nach den jüngsten veröffentlichten Firmendaten konnten die Darboven-Kaffees 2018 zwar ihren Marktanteil in Deutschland von 6,9 auf 7,3 Prozent steigern. Doch aufgrund eines niedrigeren Kaffeepreises ging der Gesamtumsatz um 1,9 Prozent auf knapp 276 Millionen Euro zurück. In Deutschland sanken die Erlöse gar um 3,6 Prozent auf gut 197 Millionen Euro. Unter dem Strich blieben 20 Millionen Euro Gewinn. Und wie ist es 2019 gelaufen? Zahlen möchte Albert Darboven nicht nennen. „Ich bin hoch zufrieden“, sagt er.

Die Verjüngungskur im Sortiment soll weitergehen. Seit dem vergangenen Jahr hat Darboven einen beim österreichischen Tochterunternehmen J. Hornig kalt gefilterten Cold Brew mit etwas Kohlensäure und leichtem Orangengeschmack im Sortiment. In Deutschland wird er bislang allerdings nur in der Gastronomie und im Onlinehandel vertrieben. „In den nächsten Wochen kommt da was“, kündigt Darboven an.

Vollmundig – aber wo sind die Noten von Nüssen und Karamell?

  • Produkt: Der Eilles No. 1873 kommt in drei unterschiedlichen Varianten auf den Markt: Fruchtig-mild, Beerig-fein sowie Nussig-intensiv. Alle drei Varianten bestehen ausschließlich aus Arabica-Bohnen aus unterschiedlichen Herkunftsländern.
  • Preis/Verfügbarkeit: Die unverbindliche Preisempfehlung für eine 500-Gramm-Packung ganzer Bohnen lautet 7,99 Euro. Andere Eilles-Kaffees kosten zumeist um 6,50 Euro.. Die neuen Sorten sind Anfang des Jahres auf den Markt gekommen. Derzeit sind sie überwiegend online zu beziehen. Unter anderem im Onlineshop von Eilles. In den Einzelhandel kommen die Bohnen ab Februar. In Norddeutschland unter anderem bei Karstadt Feinkost, Rewe sowie Edeka.
Den Kaffee Eilles No 1873 gibt es in drei Geschmacksvarianten.
Den Kaffee Eilles No 1873 gibt es in drei Geschmacksvarianten. © HA | Marcelo Hernandez
  • Geschmack: Getestet wurde die Sorte Nussig-intensiv. „Kräftig“, „vollmundig“, „wenig Säure“ lauten die Geschmacksassoziationen der Tester. „Feine Noten von Nüssen und Karamell“, die der Hersteller verspricht, werden aber nicht ausgemacht. Vereinzelt gibt es Kritik am Preis. Einhelliges Urteil: „Deutlich besser als der Kaffee aus der Redaktionsmaschine.“
  • Fazit: Die Punktwertungen der Tester liegen zwischen 3,5 und 4,5. Das gibt am Ende glatte vier Sterne.