Hamburg. Besonders in Großstädten wie Hamburg ist der Anteil gesunken. Auf spritsparende Autos setzen die Käufer trotz Klimakrise nicht.
Dieselfahrer sind verunsichert. Seit Jahren schreiben ihre Autos wegen illegaler Abgasmanipulationen Negativschlagzeilen. Und das schlechte Image der Wagen als Dreckschleudern bestimmt immer mehr auch die Verkehrspolitik – wer Diesel fährt, muss häufiger draußen bleiben. In Hamburg müssen Besitzer älterer Dieselfahrzeuge einen Bogen um die Max-Brauer-Allee fahren, und selbst in der Autostadt Stuttgart werden betagtere Diesel ausgesperrt. Die Folge: Die eigentlich besonders spritsparenden Dieselmotoren werden zum Auslaufmodell.
Auch wenn bisher die emissionsarmen Alternativen für Normalverdiener nicht mehr geworden sind, da E- und Hybridfahrzeuge deutlich teurer sind – verlieren die Wagen mit Dieselmotor bei den Hamburger Händlern stark an Bedeutung. Weniger als jedes dritte neu verkaufte Auto ist ein Diesel, heißt es in der Hansestadt von Brancheninsidern. Vor fünf Jahren wählte noch jeder zweite Käufer ein Fahrzeug mit dem von Rudolf Diesel erfundenen Antrieb.
Anteil der Diesel-Fahrzeuge sinkt
Der Anteil der Dieselfahrzeuge an den Neuzulassungen ist auch bundesweit stark zurückgegangen. Von 1,5 Millionen Autos mit Dieselantrieb, die 2015 zugelassen wurden, sank die Zahl bis 2018 auf 1,1 Millionen Autos. 2019 ging die Zahl noch einmal leicht zurück auf einen Anteil von nunmehr 32 Prozent. Die Benziner machten 2019 dagegen gut 59 Prozent der Neuzulassungen aus.
Die Skepsis gegenüber dem einst zumindest bei Vielfahrern so beliebten Motor geht so weit, dass etwa bei Hugo Pfohe Dieselfahrzeuge so weit wie möglich gar nicht mehr zurückgenommen werden. Gebrauchte Diesel sind bei dem Autohändler, der Marken wie Ford, Kia und Land Rover vertreibt, daher praktisch nicht mehr zu bekommen. Das Lager soll dieselfrei bleiben. Wenn Kunden ihre Diesel in Zahlung geben wollten, müssen sie bei einer Einstufung des Fahrzeugs schlechter als Euro 6 mit hohen Abschlägen rechnen. Die Fahrzeuge verkauft Pfohe dann an andere Händler. „Wir wollen nicht das Risiko eingehen, darauf sitzen zu bleiben“, sagt ein Verkäufer. Die Preise befänden sich bereits seit längerer Zeit im Sinkflug. Einen gebrauchten Diesel müssten die Händler seit der Dieseldebatte 15 bis 30 Prozent günstiger verkaufen, heißt es bei Pfohe.
Was passiert mit Euro-6-Dieseln?
Auch die Dieselprämie läuft nun langsam aus. Befeuert haben die Dieselkrise zudem die Fahrverbote. Schließlich liegt die Stickoxid-Belastung in vielen Ballungszentren über dem erlaubten Grenzwert. Als mitverantwortlich – in Hamburg neben dem Schiffsverkehr – gelten Dieselfahrzeuge.
Drohen die Beschränkungen dabei auch den Käufern moderner Diesel? Die Antwort ist nicht eindeutig. Laut ADAC stoßen 25 getestete Fahrzeuge mit den aktuellen Schadstoffnormen Euro 6c und 6d-TEMP durchschnittlich 81 Milligramm (mg) pro Kilometer Stickoxid aus. Sie liegen damit in etwa beim Grenzwert von 80 mg pro Kilometer. Es stellt sich bei modernen Dieselautos also die Verbesserung ein, die mit der Umstellung auf Euro 6 schon 2015 erwartet worden war, so der ADAC. Doch das Umweltbundesamt warnt: Einige Diesel der modernen Euro-6-Schadstoffklassen fielen im Betrieb auf der Straße durch „deutlich erhöhte Emissionen“ auf.
Hamburger Kunden entscheiden sich gegen Diesel
„Auch wenn ein Diesel mit der Abgasnorm Euro 6 eine bessere Schadstoffbilanz erreicht als ein vergleichbarer Benziner“, sagt Bernd Glathe, Inhaber von Auto Wichert. „Die Leute entscheiden sich heute dagegen.“ Ältere Kunden hätten selbst in der Hamburger City früher einen Diesel gewählt, einfach nur, um seltener tanken zu müssen.
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„Den höheren Anschaffungspreis haben sich viele Leute hübsch gerechnet, sie haben es genossen, nur alle 500 Kilometer an der Zapfsäule zu stehen“, beschreibt Glathe das frühere Kaufverhalten, das heute umschlägt: Ein großvolumiges, gebrauchtes Euro-5-Dieselfahrzeug sei heute nur mit einem Abschlag von 2000 bis 3000 Euro zu verkaufen.
SUV statt Diesel – der irrationale Trend
Ähnlich irrational wie frühere Dieselkäufer entscheiden sich heute die Fans der SUV-Fahrzeuge. Obwohl das Klimapaket des Bundes die Spritpreise erhöht, werden die Fahrzeuge größer. 2019 ist der Anteil der SUV, Feindbild der Fridays-for-Future-Bewegung, weiter gestiegen. Fast jeder dritte neu zugelassene Wagen fällt in diese Kategorie. „Leider“, sagt Wichert-Inhaber Glathe, der die zur Volkswagen-Gruppe gehörenden Marken wie Audi, VW, Skoda und Seat anbietet, wählten immer mehr Kunden die schweren Stadtgeländewagen. „Und je schwerer ein Fahrzeug, desto mehr Treibstoff verbraucht es.“
Die bulligen Wagen sind so beliebt, dass die Hersteller immer mehr SUV-Modelle herausbringen, wie etwa Opel. „Die Nachfrage nach SUV steigt weiter an“, sagt auch Volker Lauße, Inhaber des gleichnamigen Opel-Händlers. „Unsere Kunden aus der Altersklasse 55 plus wollen einen bequemen Einstieg. Und der ist beim SUV wegen der höheren Sitzposition gegeben“, sagt der Kaufmann, der auch das Dilemma der Händler beim Klimaschutz anspricht: „Wenn wir ein verbrauchstarkes Auto verkaufen, müssen wir zugleich ein emissionsarmes Fahrzeug in den Markt bringen, um die Vorgaben der Politik an die Hersteller in Bezug auf die Umweltziele zu erfüllen. Ansonsten haben wir als Händler wirtschaftliche Nachteile.“
Autohändler bemängelt E-Auto-Infrastruktur
Doch emissionsarme Fahrzeuge mit alternativen Antrieben entwickeln sich auch in einer Stadt wie Hamburg mit vielen Gutverdienern noch nicht zum Verkaufsrenner. So wurden im aktuellsten gemeldeten Zeitraum von Januar bis November 2019 nur 9500 Hybridautos in der Hansestadt neu zugelassen, und nur 1255 reine Elektrofahrzeuge.
Die Infrastruktur für E-Autos ist noch nicht sehr weit entwickelt, bemängelt Lauße. Bisher können in Hamburg 1070 Ladepunkte angefahren werden, in Schleswig-Holstein sind es 825. „Und: Das Auto muss ins Budget passen.“ Beispiel: Ein Elektro-Corsa kostet 29.900 Euro, mit einem Verbrennungsmotor ist das Modell 6500 Euro günstiger. Auch mit dem Umweltbonus von 4000 Euro, den der Staat derzeit Käufern der emissionsfreien Wagen auszahlt, ist der Stromer noch teurer. „Autos mit Verbrennungsmotoren werden noch über viele Jahre eine Daseinsberechtigung haben“, ist Lauße daher überzeugt.