Hamburg. Erstmals hebt der moderne Widebody-Jet vollautomatisch ab. Airbus spricht von einem Meilenstein. Großauftrag für A321neo.
Airbus-Testpilot Yann Beaufils sitzt im Cockpit des A350. Mit der rechten Hand legt er den Schubhebel nach vorn. Das Großraumflugzeug rollt auf der Startpiste des Toulouser Flughafens los. Die linke Hand von Beaufils liegt locker um den Sidestick. Dann hebt die Maschine ab, ohne dass der Pilot den Stick wie normalerweise beim Start nach hinten zieht. Der Sidestick verändert seine Position nicht, das Flugzeug startet dennoch – vollautomatisch.
Ein entsprechendes Video der Weltpremiere hat Airbus nun veröffentlicht. „Während dieses Meilenstein-Tests hat sich das Flugzeug wie erwartet verhalten“, sagte Beaufils. Innerhalb von viereinhalb Stunden hob das Flugzeug am 18. Dezember achtmal ohne Hilfe der Piloten ab. Die Maschine orientierte sich dabei an der Mittellinie der Startbahn.
Der Kapitän und sein Co-Pilot beobachteten das Manöver nur. Die Flugzeugnase hob sich bei der voreingestellten Geschwindigkeit automatisch in den Startwinkel. „Ein paar Sekunden später waren wir in der Luft“, sagte Beaufils.
Bisher landen Flugzeuge automatisch und sind abhängig von externer Hilfe
„Viele Flugzeuge können bereits automatisch landen. Aber sie sind dabei abhängig von externer Infrastruktur wie von einem Instrumenten-Landesystem oder GPS-Signalen“, sagte Sébastian Giuliano. Er leitet das Attol-Projekt, bei dem Airbus das automatische Rollen, Starten und Landen vorantreiben will.
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Das Attol-System benötige ausschließlich Technik, die an Bord verbaut ist. Es nutze Sensoren wie Kameras, Radar und eine laserbasierte Erkennungsmethode in Kombination mit starken Computern.
Der automatische Start sei ein Meilenstein für das Attol-Programm, so Airbus. Als nächste Schritte sollen Mitte des Jahres das Rollen und Landen automatisch stattfinden. „Die größte Herausforderung bei selbststeuernden Systemen ist, wie es bei unerwarteten Ereignissen reagiert. Das ist der große Sprung von automatisiert zu autonom“, sagte Arne Stoschek vom Wayfinder-Team im Silicon Valley, mit dem Airbus eng zusammenarbeitet.
Wayfinder soll skalierbare autonome Systeme entwickeln, die für Flugobjekte vom Lufttaxi bis zum Passagierflugzeug eingesetzt werden können.
Bis 2037 werden mehr als 500.000 Piloten gebraucht
Die Piloten überflüssig machen sollen solche Systeme übrigens nicht. Der Luftverkehr werde sich bis 2037 verdoppeln, geschätzt 37.000 neue Passagier- und Frachtmaschinen würden benötigt, so Airbus – und mehr als 500.000 Piloten, die die Flugzeuge steuern. Autonome Systeme würden Piloten bei den Manövern helfen, nicht ersetzen.
Auch heute wird der Autopilot schon routinemäßig in vielen Flugphasen eingesetzt. Dank der Technik konnte die Cockpitbesatzung in der Vergangenheit von drei auf zwei Personen gesenkt werden. Überlegungen für nur noch einen Piloten gibt es in der Branche ohnehin schon. Airbus ist aber auch klar, dass autonomes Fliegen die „öffentliche Akzeptanz“ erhalten müsse.
Aus Asien meldete das Unternehmen unterdessen einen neuen Auftrag. Die chinesische Flugzeugleasinggesellschaft CALC bestellt 40 Maschinen vom Typ A321neo und wandelt eine bestehende Order für 15 A320neo in 15 A321neo um. Der A321 ist mit 44,51 Metern der größte Flieger der A320-Familie und kann bis zu 240 Passagiere fassen. Mehr als die Hälfte der A320-Maschinen wird in Hamburg endmontiert.