Hamburg. Teil 34: Sie haben ein spezielles Angebot, eine besondere Atmosphäre und trotzen so dem Geschäftesterben.

Er muss noch kurz mit anpacken, dann hat er Zeit. Mit schnellen Schritten läuft Hans-Harald Meyer (65) durch den Laden nach draußen. Er trägt robuste Schuhe, Arbeitshose und eine grüne Fleece-Jacke mit der Aufschrift „Meyer’s Mühle. Grün erleben“. Er sieht aus wie jeder andere Mitarbeiter im Norderstedter Gartencenter. Nicht wie der Chef. Das will er auch nicht, ist nicht sein Ding. „Ich bin lieber im Laden bei den Kunden und Mitarbeitern als nur am Schreibtisch“, sagt Meyer. Den Hans im Namen könne man weglassen, meint er. Ist bei ihnen in der Familie so üblich. Und die Familie ist groß, etliche Meyers arbeiten hier – und arbeiteten hier. Seit Generationen schon.

Anfang der 1920er-Jahre wurde an der Ecke Ohechaussee/Ochsenzoller Straße die Alte Mühle gebaut – die erste mit Strom betriebene Motormühle. „Da es im Laufe der Jahre jedoch immer weniger Landwirte gab, wurde der Betrieb ab den 1960er-Jahren auf Landhandel umgestellt“, sagt Meyer. Er war damals noch ein kleiner Junge und ist mit seinen Geschwistern immer an dem Seil heruntergerutscht, mit dem sonst die Säcke nach oben ins Dachgeschoss gezogen wurden. Vom Dachboden runter ins Untergeschoss, etwa neun Meter in die Tiefe. Absolut verboten sei das gewesen, aber gemacht hätten sie es trotzdem.

Alle Geschwister sind in Familienbetrieb eingestiegen

Fünf Geschwister waren sie, alle sind irgendwann in den Familienbetrieb eingestiegen und haben in den vergangenen Jahrzehnten den Wandel miterlebt, notwendige Veränderungen mitgestaltet. Den großen Anbau 1974 und die komplette Umgestaltung 2014. „Wer sich als Einzelhändler nicht weiterentwickelt, kann nicht überleben“, sagt Meyer und deutet mit dem Kopf in Richtung der Grillabteilung. Hier, im alten Teil der Mühle, in dem noch die historische Sackanlage und der Mühlenstein stehen, war bis vor einem Jahr die Lampenabteilung. „Doch der Geschäftsbereich ist immer weniger geworden, bis wir ihn ganz eingestellt haben“, sagt Meyer und reibt sich mit der Hand übers Gesicht.

Seine Hände sind braun gebrannt. Die Leute denken immer, das komme vom Urlaub. Meyer lacht. „Nein, von der vielen Arbeit draußen.“ Früher hat er mal gesagt, dass er mit 65 nur noch halb so viel arbeiten will. „Prima“, habe sein Sohn damals zu ihm gesagt. „Dann hast Du ja endlich eine 40-Stunden-Woche, wie normale Leute.“ Na ja, so ganz sei er da noch nicht angekommen. Geht einfach nicht im Einzelhandel, bei neun bis zehn Stunden an sechs Tagen. Macht ihm aber nichts. Er mag die Arbeit. Sein Sohn übrigens auch.

Pflanzen sollen stärker in den Fokus gerückt werden

Er hat die neue Grillabteilung aufgebaut, Meyer’s Mühle zu einem der größten Händler für Grills in Norddeutschland gemacht. 500 Quadratmeter groß. Hier gibt es Grills, komplette Outdoorküchen, Grillkurse und Hunderte von Gewürzen. Meyer’s Mühle ist der größte Händler von Gewürzen des Hamburger Labels Ankerkraut. Manchmal ist der Senior immer noch verwundert. Dass Leute einfach so in den Laden kommen und eine Outdoorküche für 8000 bis 10.000 Euro kaufen. Er selbst konnte sich das nicht vorstellen, sein Sohn Niklas (31) schon. „Die jungen Leute sehen andere Sachen als wir – und das ist gut so“, sagt Niklas Meyer, der das neue Grillhaus, wie er es nennt, selbst umgebaut hat.

Der Laden in Kürze

  • Ladengröße: 3000 qm
  • Adresse: Ohechaussee 20, 22848 Norderstedt, Telefon 040/52 86 11 00
  • Internet: www.meyers-muehle.de
  • Gegründet: 1924
  • Öffnungszeiten: werktags 9 bis 18 Uhr, sonnabends 9 bis 16 Uhr
  • Mitarbeiter: 40
  • Günstigster Artikel: Tüte Blumensaat: 50 Cent
  • Teuerster Artikel: Außensauna mit Whirlpool für etwa 10.000 Euro
  • Der Onlinehandel ist für uns … eine ideale Plattform für Informationen – aber nicht für den Verkauf.
  • In zehn Jahren ... ist der Markt ganz anders. Jede Saison ist anders.

Die alte Einrichtung aus den 1970er-Jahren wurde rausgerissen, alles modern im Industrie-Look gestaltet. Planen und Gestalten ist seine Leidenschaft, seine Stärke. „Der Kunde braucht immer wieder was Neues“, sagt Meyer und plant bereits das nächste Projekt: einen Ausbau des Pflanzenbereichs. Denn obwohl Meyer’s Mühle schon eine 1500 Quadratmeter große Abteilung drinnen und draußen mit Pflanzen hat, wissen viele nichts von dem Angebot. „Viele, die uns nur von außen kennen, denken, dass wir nur Grills, Gartenmöbel und Gartentechnik haben“, sagt Meyer und hat sich vorgenommen, das zu ändern. Die Pflanzen sollen stärker in den Fokus gerückt werden.

Konkurrenzkampf mit dem Internet

Eine von vielen Maßnahmen, die Meyer’s Mühle in den vergangenen Jahren getroffen hat, um mithalten zu können, um im Konkurrenzkampf mit dem Internet bestehen zu können. „Wir müssen den Bereich stärken, wo wir den Kunden einen Mehrwert liefern können“, sagt Meyer. Die Gartentechnik sei so ein Bereich, drüben im Rugenbarg, ein paar Hundert Meter vom Hauptstandort entfernt. Dort gibt es zum Beispiel Mähroboter, Aufsitzmäher, Laubbläser, Kehr­maschinen, Hochdruckreiniger und einen Werkstattservice. Die Gartentechnik ist einer von drei Geschäftsbereichen, auf die man sich bei Meyer’s Mühle konzentriert – so wie auf den Gartenmarkt mit dem dazugehörigen Grillhaus und die Abteilung Gartenmöbel.

„Früher stand hier alles voller Rattanmöbel“, erinnert sich Meyer und marschiert von der Alten Mühle in den Neubau, der in den 1970er-Jahren angebaut wurde. An der Wand hängt ein altes Bild aus dieser Zeit. Es zeigt das Unternehmen nach dem Umbau, noch mit einer Tankstelle auf dem Gelände. „Damals haben die Leute Qualität gekauft und wollten, dass Gartenmöbel ein Leben lang halten – heute geht es fast nur noch um die Optik“, sagt Meyer. Er hat erlebt, wie Rattanmöbel Teak gewichen sind, und Teak den Lounge Möbeln. Wie er zu Hause eingerichtet ist? Er lacht, winkt ab. „Fragen Sie nicht“, sagt er. „Ich bin das beste Beispiel für den Schuster, der die schlechtesten Schuhe hat.“ Dann bleibt er plötzlich stehen, überlegt und sagt schließlich: „Aber eigentlich ist mein Zuhause hier.“

Keine Verkäufer, sondern Lebensberater

Hier, wo 40 Mitarbeiter arbeiten. Für ihn sind das keine Verkäufer, sondern Lebensberater. „Die Kunden wollen nicht einfach nur ein Produkt kaufen, sondern eine Lösung für ein Problem.“ Früher gab es noch eine Floristikabteilung und eine große Abteilung für Gartenteiche. Heute führt man keine Schnittblumen mehr, und die Zahl der Gartenteiche wurde minimiert. Stattdessen gibt es im Untergeschoss ein großes Sortiment an Whirlpools und Außensaunen. Ein großer Hersteller hat die Fläche angemietet. Die Nachfrage nach Wellness ist groß – nach Gartenteichen nicht. „Legt sich heute niemand mehr zu“, weiß Meyer und zuckt mit den Achseln. Macht den Leuten zu viel Arbeit – und überhaupt, wer habe heute denn schon noch einen großen Garten und Platz für einen Teich.

Es ist keine Frage, es ist eine Erkenntnis. Meyer kennt seine Kunden, und die Kunden kennen ihn. Immer wieder wird er im Laden angesprochen, um Rat gefragt. Er ist eine Institution, arbeitet seit Jahrzehnten. Und er ist einer der Letzten der alten Garde. Seine Geschwister sind alle in Ruhestand gegangen. Die alte Generation zieht sich langsam zurück. Doch eine neue wird nachkommen. Da ist er sich sicher.