Hamburg. Lichtblick und Hamburg Energie erhöhen die Tarife um bis zu 21 Prozent im kommenden Jahr. Was Verbraucher jetzt beachten müssen.
Die Hamburger müssen sich im nächsten Jahr auf deutlich steigende Strom- und Gaspreise einstellen. So haben die ersten Versorger in Hamburg und dem Umland Preiserhöhungen bei Strom und Gas für 2020 angekündigt. Beim Ökostromanbieter Lichtblick steigt der Preis für die Kilowattstunde (kWh) Strom ab 1. Januar um rund neun Prozent auf 30,55 Cent je kWh, wie das Unternehmen auf Anfrage bestätigte. Die Grundgebühr bleibt dagegen mit monatlich 9,95 Euro unverändert.
Den betroffenen Tarif haben die meisten Lichtblick-Kunden. Der etwas günstigere Kiez-Strom verteuert sich ebenfalls um rund zehn Prozent, bleibt aber noch knapp unter 30 Cent/kWh. 29,75 Cent werden dann ab 1. Januar je kWh fällig. Der Strom stammt zu 100 Prozent aus deutscher Wasserkraft.
Warum Strom in Hamburg teurer wird
Lichtblick hatte die Preise zum letzten Mal vor drei Jahren erhöht. „In den vergangenen Jahren konnten wir steigende Umlagen wie die Netzentgelte ausgleichen. Dies ist ab 2020 leider nicht mehr möglich“, sagt Lichtblick-Sprecher Volker Walzer. So haben sich die Netzentgelte für die Weiterleitung des Stroms nach Unternehmensangaben um rund sechs Prozent erhöht.
Die EEG-Umlage, mit der die Stromkunden den Ausbau der Erneuerbaren Energien bezahlen, stieg um 5,5 Prozent. Beide Komponenten machen rund ein Viertel des Strompreises aus. Zusätzlich wurde für die Versorger der Einkauf von Strom teurer. „Die Börsen-Strompreise sind in den vergangenen zwei Jahren kräftig angestiegen – von durchschnittlich 35 Euro auf rund 55 Euro pro Megawattstunde“, sagt Walzer. „Diese deutliche Preissteigerung müssen wir leider an unsere Kunden weitergeben.“
Der monatliche Grundpreis beim Strom bleibt mit 9,95 Euro unverändert. Zumindest beim Gaspreis hält Lichtblick mit 6,44 Cent/kWh am alten Preis fest.
Hamburger Stromkunde ist entsetzt
Bei Hamburg Energie wird Gas dagegen ab 1. Januar 2020 teurer. Der Tarif Mein Elbgas steigt um 17,7 Prozent auf 4,99 Cent/kWh. „Gleichzeitig können wir aber ihren monatlichen Grundpreis senken“, heißt es im Schreiben von Hamburg Energie an die Kunden. Für den Hamburger Harald Schröder ist das nur ein schwacher Trost.
„Ich spare beim Grundpreis nur neun Euro im Jahr, wenn der von zehn Euro auf 9,25 Euro gesenkt wird, muss aber beim Verbrauch von 41.000 kWh im Jahr beim Gaspreis rund 307 Euro mehr bezahlen“, sagt Schröder. Seine persönliche Energierechnung verteuert sich ebenfalls um 17,7 Prozent. „Da von einer leichten Anhebung zu sprechen, wie das Hamburg Energie macht, ist doch vermessen.“
Dabei profitiert Schröder noch von einem speziellen Tarif aus einer Werbeaktion und bleibt auch künftig unter fünf Cent je kWh beim Gas. Die meisten Kunden müssen zum Teil noch tiefer in die Tasche greifen. Denn der Gastarif Alsterufer verteuert sich im nächsten Jahr um 20,7 Prozent auf 5,25 Cent/kWh. Der Tarif Alsterperle, der mindestens fünf Prozent Biogas enthält, wird um 16,5 Prozent teurer und kostet 5,65 Cent/kWh.
Preiserhöhung: So rechtfertigt sich Hamburg Energie
Hamburg Energie verweist darauf, dass es die erste Preiserhöhung seit sechs Jahren sei. „Die Preise für Erdgas sind im relevanten Einkaufszeitraum der letzten beiden Jahre im Mittel um rund 17 Prozent gestiegen“, sagt Nicole Buschermöhle, Sprecherin von Hamburg Energie.
Darüber hinaus seien die Netzentgelte für den Transport von Gas durch das Hamburger Netz im selben Zeitraum um mehr als 20 Prozent gestiegen. „Energiepreis und Netzentgelte machen zusammen rund 70 Prozent des Gaspreises aus. Daher müssen wir die Preise erhöhen“, so die Sprecherin.
Auch Strom wird wahrscheinlich bei Hamburg Energie teurer. „Wir werden – unter Berücksichtigung von Preisgarantien und Ausgangspreisen – im Laufe der nächsten Monate voraussichtlich die Tarife einiger Stromkunden anpassen müssen“, sagt Buschermöhle. Der günstigste Ökostromtarif von Hamburg Energie liegt jetzt bei 27,65 Cent/kWh.
Strompreise: Wie geht es bei Vattenfall weiter?
Vattenfall ist derweil in der Kalkulationsphase. „Wir rechnen noch“, sagt eine Unternehmenssprecherin. Für eine Erhöhung der Strompreise zum 1. Januar 2020 ist es aber zu spät, da die Mitteilung darüber die Kunden sechs Wochen vorher erreicht haben muss. Zumindest in der Grundversorgung macht der Gesetzgeber diese Vorgabe. In diesem Jahr hatte Vattenfall die Strompreise zum 1. März angehoben.
Auch im Hamburger Umland haben die Versorger die Strompreise erhöht. Nach einer Übersicht des Vergleichsportals Check24 haben so die Stadtwerke Winsen, Norderstedt, Brunsbüttel und Lübeck die Grundversorgertarife für Strom zum 1. Januar 2020 um bis zu 7,4 Prozent angehoben.
Strom in Hamburg europaweit am teuersten
Schon jetzt zahlen Hamburger die höchsten Strompreise in Europa, ermittelte jüngst das Vergleichsportal Verivox. In den vergangenen zehn Jahren wurde Strom in der Hansestadt um 60 Prozent teurer. Die durchschnittliche Stromrechnung der Hamburger bei einem Jahresverbrauch von 4000 kWh stieg um 470 Euro auf 1257 Euro. Dabei ist der starke Anstieg in den Stadtstaaten einem Aufholeffekt geschuldet. Denn im Oktober 2009 war Strom nirgendwo so günstig wie in Berlin und Hamburg.
Was Verbraucher jetzt wissen müssen
Wer eine Preiserhöhung erhält, kann von seinem Sonderkündigungsrecht Gebrauch machen und sollte sich nach einem günstigeren Stromanbieter umschauen, raten Verbraucherschützer. Für die Sonderkündigung zum Zeitpunkt der Preiserhöhung reicht meistens eine formlose Textnachricht an den bisherigen Versorger aus.
„Das Kündigungsschreiben sollte zwei Informationen enthalten“, sagt Ines Rutschmann vom Verbraucherportal Finanztipp. „Weisen Sie auf Ihr Sonderkündigungsrecht hin und schreiben Sie, zu welchem Tag Sie kündigen. Geben Sie hierbei den Tag an, bevor die Preiserhöhung erfolgen soll“, sagt die Expertin. Betroffene sollten schnell reagieren, denn ein Lieferantenwechsel kann bis zu drei Wochen dauern.
Auch nachhaltiger Strom kann günstig sein
Angesichts des Wettbewerbs finden sich meist günstigere Anbieter, selbst wenn man die Bonuszahlungen für neue Kunden unberücksichtigt lässt. Auch bei nachhaltigem Ökostrom, wie ihn Lichtblick anbietet, zeigt das Vergleichsportal Check 24 günstigere Anbieter. So verlangen die Stadtwerke Flensburg für den Tarif extra Öko 28,52 Cent/kWh, also rund zwei Cent weniger als Lichtblick. Auch der Grundpreis ist mit monatlich 9,37 Euro noch etwas niedriger.
Für den Flensburger Tarif gibt es eine zwölfmonatige Preisgarantie. Grünstrom Premium Classic von Grünwelt Energie kostet 27,10 Cent/kWh, ebenfalls mit zwölfmonatiger Preisgarantie. Der Grundpreis ist mit monatlich 11,32 Euro etwas höher als bei Lichtblick.
Auch für den Gasbezug gibt es günstigere Anbieter, selbst wenn man nur die Konditionen für Biogas bei Check24 vergleicht. Grüngas Classic von Grünwelt Energie kostet 4,71 Cent/kWh. Ein monatlicher Grundpreis wird nicht erhoben. 4,40 Cent/kWh kostet Sauber Gas von Sauber Energie, der monatliche Grundpreis liegt bei 8,33 Euro. Hamburg-Energie-Kunde Harald Schröder wird sich solche Angebote genau ansehen, denn er ist nun zu einem Anbieterwechsel entschlossen.