Hamburg. Jagua for you überzeugt zwei Investoren in der Vox-Gründershow mit einer neuen Körpertinte, die nach zwei Wochen verschwindet.
Dass Janet Carstensen von ihrem Produkt überzeugt ist, trägt sie buchstäblich auf der Haut. Im ärmellosen schwarzen Kleid geht die Hamburgerin in „Die Höhle der Löwen“. Auf den Armen erkennt man die Konterfeis der fünf Investoren, von denen die Gründerin sich in der TV-Show Unterstützung erhofft. „Ich bin ein Fan seit der ersten Staffel, und deshalb habe ich mir eure Gesichter tätowiert“, sagt sie und lächelt dabei.
150.000 Euro braucht die Hamburgerin und bietet dafür 15 Prozent der Anteile an ihrer Firma Jagua for You. Nun kann man sich ja einiges vorstellen, aber möchte man deshalb sein Leben lang so gezeichnet sein? Natürlich nicht. Janet Carstensen promotet am eigenen Körper ihr pflanzliches Spezialgel, mit dem sich jeder ein echt aussehendes Tattoo auf Zeit auf die Haut zeichnen (lassen) kann. „Es hält etwa zwei Wochen und ist absolut schmerzfrei“, sagt sie, die mit ihrer Geschäftsidee die Tattoo-Szene aufmischen will.
Vom Keller auf St. Pauli in "Die Höhle der Löwen"
Die 38-Jährige trifft einen Nerv. Tattoos werden immer beliebter. Genaue Zahlen, wie viele Deutsche tätowiert sind, gibt es nicht. Erhebungen zufolge haben sich inzwischen aber schon bis zu einem Viertel der Bundesbürger ein Tattoo stechen lassen. Von dem Hype profitiert auch Carstensens Start-up, das sie bislang aus dem Keller ihrer Wohnung auf St. Pauli betrieben hat.
Gleich zwei Investoren haben ihr in der Sendung, die am Dienstag als Start der sechsten Auflage des Erfolgsformats beim Privatsender Vox ausgestrahlt wurde, einen Deal angeboten. Beauty-Expertin Judith Williams und Nils Glagau, Geschäftsführer des Mikronährstoffe- und Nahrungsergänzungsmittel-Herstellers Orthomol – und neu in der Jury, forderten für ihr Investment allerdings 30 beziehungsweise 20 Prozent an der Firma. „Beide waren meine Wunschlöwen“, erinnert sich Janet Carstensen ein halbes Jahr nach der Aufzeichnung des Pitches. Die Auswahl war eine schwere Entscheidung. Bis – quasi in letzter Sekunde – Williams und Glagau ihre Angebote zusammenwarfen und den Deal gemeinsam anboten.
Ein Tattoo aus dem Regenwald
„Doppeltes Know-how ist besser“, sagt die Hamburger Gründerin heute. Deshalb sei sie auch bereit gewesen, das Doppelte an ihrem Unternehmen abzugeben. In den vergangenen Monaten hat sie mit Unterstützung ihrer Investoren die Rezeptur ihres Gels von einem Labor überarbeiten lassen. Gewonnen wird es aus dem Saft der Frucht Genipa Americana. „Die Trocknungszeit lag bislang je nach Hauttyp zwischen einer halben und einer ganzen Stunde. Jetzt sind es maximal 30 Minuten“, sagt Carstensen.
2017 hatte die Betriebswirtin durch Zufall vom Saft der Pflanze aus Südamerika erfahren, die dort seit Jahrhunderten zur Körperbemalung genutzt wird und gründete kurz entschlossen ihre Firma Jagua for you. Das Prinzip ist erstaunlich: Nach dem Trocknen werden die Malereien abgewaschen, bis die Farbe nach zwölf bis 24 Stunden wiederkommt und die volle Intensität entwickelt. „Magie des Regenwalds“ nennt die Gründerin diese Wirkung. Weil die Tinte anders als ein konventionelles Tattoo nicht in die zweite Hautschicht eindringt, bleibt ein Jagua-Tattoo nur bis zur Erneuerung der obersten Hautschicht erhalten: in der Regel zwei Wochen.
2020 soll das Tattoo-Gel in Läden erhältlich sein
Offenbar kommt das gut an. Rund 2000 Flaschen hat die gebürtige Niebüllerin, die nach einer Einzelhandelausbildung neben ihrem Job studiert, bei einem Büromöbel-Hersteller gearbeitet und nach einer Asien-Reise ihr Leben komplett umgekrempelt hat, im ersten Jahr von ihrer Wundertinte verkauft. 2019 sollen es schon doppelt so viel sein. Umsatzziel: 400.000 Euro. „Das ist realistisch“, sagt Carstensen.
Im Unterschied zu Henna, das bislang hauptsächlich für temporäre Körperbemalungen genutzt wird, sei ihre Alternative einem echten Tattoo ähnlicher und komme ohne Zusatzstoffe aus. Bislang läuft der Vertrieb vor allem über Amazon und den eigenen Onlineshop. „Die Kunden sind meistens zwischen 15 und 25 Jahre alt und zu 80 Prozent Frauen.“ Im nächsten Jahr soll das Tattoo-Gel auch im Einzelhandel erhältlich sein.
Rezeptur der Körpertinte wurde überarbeitet
„Wir haben in den vergangenen Monaten viel gearbeitet“, sagt die Unternehmerin, die inzwischen Geschäftsführerin einer neu gegründeten GmbH ist. Investorin Judith Williams ist schon vor einiger Zeit aus dem Tattoo-Projekt ausgestiegen. „Sie hat mir einige Türen geöffnet und mich in einem Mentorenprogramm untergebracht“, sagt Janet Carstensen. Mit Nils Glagau baut sie jetzt an ihrer Zukunft.
Nicht nur die Rezeptur der Körpertinte ist neu, auch der Name wurde in Mystic Ink (englisch: mystische Tinte) geändert und der Preis von 16,99 auf 19,99 Euro für ein Fläschen mit 10 Millilitern angehoben. Produziert und abgefüllt wird inzwischen bei einem Zulieferer. Jetzt sucht die umtriebige Gründerin, die noch eine zweite Firma mit ergonomischen Sesseln für Computerspieler hat, mit Hochdruck neue Mitarbeiter, unter anderem für Buchhaltung und Grafik. Bis Weihnachten sollen weitere Produkte auf den Markt kommen. „Etwas für Leute, die nicht malen können“.
Tattoo der Gründerin ist eine Jugendsünde
Bislang gibt es schon ein Set mit Tattoo-Vorlagen, die mit Eukalyptusöl auf die Haut übertragen werden können, so- dass sie sich einfach nachzeichnen lassen. „Man kann sich alle 14 Tage etwas Neues malen“, sagt Janet Carstensen.
Gerade auch für diejenigen, die ein zukünftiges Tattoo vorher testen möchten, sei das eine Option. Sie selbst hat auch eins. Auf dem Rücken. „Eine Jugendsünde aus den 80er-Jahren“, sagt sie. Weglasern kommt für sie nicht in Frage, Veränderungen schon. „Das würde ich aber mit meinem Gel erst mal ausprobieren.“
Die SendungDie Gründershow „Die Höhle der Löwen“ läuft in der sechsten Staffel auf dem privaten TV-Kanal Vox. Es gibt elf neue Folgen, die Dienstagabend ausgestrahlt werden. Gründer präsentieren ihre Geschäftsidee prominenten Investoren – den sogenannten Löwen. „Die Höhle der Löwen“ hat rund drei Millionen Zuschauer und basiert auf dem TV-Format „Dragons’ Den“. In diesem Jahr kämpfen erstmals sechs Investoren um die besten Deals: Start-up-Legende Frank Thelen, Beauty-Expertin Judith Williams, Investor Carsten Maschmeyer, Medienunternehmer Georg Kofler, Handelsprofi Ralf Dümmel, Familienunternehmerin Dagmar Wöhrl und – neu – der Geschäftsführer des Nahrungsergänzungsmittel-Herstellers Orthomol, Nils Glagau. |