Hamburg. Die Zahl der Erwerbslosen in Hamburg geht im August um 1,6 Prozent zurück. Die Logistikbranche zeigt sich besonders robust.
Im Minutentakt fahren die kleinen Transporter an der Bühne des Auktionators vorbei. Ein Peugeot Boxer soll noch 15.500 Euro bringen. Doch die Gebote, die von Händlern vor Ort wie aus dem Internet eingehen, bleiben hinter der Forderung des Verkäufers zurück. Der Auktionator verkündet den Zuschlag bei 12.500 Euro – unter Vorbehalt. Denn der Verkäufer muss erst zustimmen, ob er diesen Preis auch akzeptiert. Besser läuft es bei einem weißen VW Caddy, für den ein Mindestpreis von 2300 Euro aufgerufen wird. Erst bei 3700 Euro gibt es den Zuschlag. Pro Auktion werden auf dem Gelände des Hafendienstleisters BLG Logistics 300 bis 600 Fahrzeuge versteigert. Auch Personenkraftwagen sind darunter. „Solche Versteigerungen vorzubereiten und die Fahrzeuge dann vorzufahren gehört zu unseren Dienstleistungen“, sagt Sven Bröker, Standortleiter von BLG Logistics. Das Unternehmen verschifft jährlich 150.000 Fahrzeuge nach Nordafrika, bereitet aber auch Autos für den Wiederverkauf vor, lackiert sie neu und liefert Neufahrzeuge für alle großen deutschen Hersteller aus.
Nicht zufällig fand die Pressekonferenz der Arbeitsagentur Hamburg bei BLG Logistics statt, denn die Branche spielt für den Arbeitsmarkt eine wichtige Rolle. „Obwohl sie sehr konjunktursensibel ist, zeigt sie keine Schwächephase“, sagt Sönke Fock, Chef der Arbeitsagentur Hamburg. Die Wirtschaftsbereiche Verkehr und Lagerei beschäftigen in der Hansestadt 86.000 Arbeitnehmer. Innerhalb eines Jahres entstanden in diesen Branchen 1700 neue Arbeitsplätze. Im August hat der Hamburger Arbeitsmarkt wieder überraschend die Wende geschafft. „Die Zahl der Arbeitslosen ist sowohl im Vergleich zum Vormonat wie auch zum Vorjahr gesunken“, sagt Fock. So waren im August 66.673 Hamburger auf Jobsuche. Das sind 1,6 Prozent weniger als im Vorjahresmonat und ein Prozent weniger als im Juli 2019. Die Arbeitslosenquote beträgt unverändert 6,3 Prozent. Die Entwicklung kommt überraschend, denn seit April stieg die Zahl der Arbeitslosen in Hamburg – und Experten hatten auch für den August aufgrund der Ferienzeit noch keine Entspannung erwartet. „Um so erfreulicher ist die Entwicklung“, sagt Fock. Denn bundesweit ist die Zahl der Jobsuchenden um 44.000 gegenüber dem Vormonat gestiegen.
16.000 freie Stellen, darunter 840 in Logistik
„In Hamburg verzeichnen wir viele Abgänge aus der Arbeitslosigkeit in Ausbildung oder in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung“, sagt Fock. Ungeachtet des Anstiegs der Arbeitslosigkeit in den vorangegangenen Monaten verweist Fock darauf, dass sich im bisherigen Jahresverlauf 8200 Hamburger weniger arbeitslos gemeldet haben als im Vorjahreszeitraum. Gleichzeitig haben sich rund 6800 Hamburger mehr als im gleichen Zeitraum 2018 wieder aus der Arbeitslosigkeit abgemeldet, weil sie eine neue Beschäftigung gefunden haben. „Der Hamburger Arbeitsmarkt hat nach wie vor eine große Aufnahmefähigkeit und ist durch eine starke Nachfrage nach Fachkräften gekennzeichnet“, sagt Fock. „Insgesamt gibt es 16.000 freie Stellen, darunter 840 in den Bereichen Logistik und Verkehr.“
Auch Sven Bröker will sein Personal gerne aufstocken. „Wir sind Dienstleister für Autohersteller, Auktionshäuser, Händler und Autovermieter“, sagt er. Insgesamt 140 Beschäftigte arbeiten auf dem Terminal. „Wir suchen Lackierer, Kfz-Mechatroniker, Betriebshandwerker, Sachbearbeiter und Kraftfahrer“, so Bröker. Das Unternehmen bildet auch selbst aus. Lamia Kluth lernt Malerin und Lackiererin und bearbeitet gerade einen Stoßfänger. „Künftig wollen wir neben Lackierern und Bürokaufleuten auch Kfz-Mechatroniker ausbilden“, sagt Bröker. „Täglich werden bei uns 25 Fahrzeuge neu lackiert und rund 100 wieder aufbereitet“, erzählt er.
Wer zuverlässig ist, findet bei BLG Logistics schnell einen Job
Auf neues Personal hofft Bröker auch bei der von der Arbeitsagentur veranstalteten Logistik-Jobbörse am 3. September in der BallinStadt im Auswanderermuseum (10 bis 15 Uhr). Mehr als 30 Firmen bieten rund 1000 Jobs und 200 Ausbildungsstellen an. Gesucht werden Speditionskaufleute, Disponenten, Projektmanager, Busfahrer und Lagerhelfer. „Wir können uns schnell ein Bild zur beruflichen Qualifikation und Motivation eines Bewerbers machen“, sagt Bröker über sein Auswahlverfahren. „Wichtig ist für uns absolute Zuverlässigkeit. Wer das bei einer kurzen Probearbeit glaubhaft beweist, erhält einen Arbeitsplatz bei uns im Team.“
Auch in Schleswig-Holstein geht die Zahl der Jobsuchenden zurück. Mit einer Arbeitslosenquote von fünf Prozent steht das Nachbarland noch deutlich besser da als Hamburg. Laut Arbeitsagentur waren 79.300 Menschen arbeitslos gemeldet und damit 6,6 Prozent weniger als im August 2018. „Das Ende der Sommerferien und der Beginn des Ausbildungsjahres wirken sich positiv auf den Arbeitsmarkt aus“, sagt die Chefin der Regionaldirektion, Margit Haupt-Koopmann. Unternehmen hätten über die Ferien aufgeschobene Einstellungen von Personal nun bereits vorgenommen.
Bundesweit nahm die Zahl der Jobsuchenden aber zu. Im August stieg die Zahl der Arbeitslosen im Vergleich zum Juli um 44.000 auf 2,319 Millionen Menschen. Doch zumindest im Vergleich zum Vorjahr waren noch 31.000 Menschen weniger arbeitslos. „Die konjunkturelle Schwächephase hinterlässt leichte Spuren“, so Bundesagentur-Chef Detlef Scheele. In Hamburg und Schleswig-Holstein aber nicht.