Hamburg. Neues Programm soll die Chancen dieser Gruppe verbessern. Arbeitslosigkeit steigt dritten Monat in Folge.

Langzeitarbeitslose, Ungelernte, Ausländer, Ältere: Wer sich mit dem Hamburger Arbeitsmarkt beschäftigt, der kommt an diesen Gruppen nicht vorbei, denn sie stellen eine große Anzahl der Jobsuchenden. Rund 27 Prozent der Arbeitslosen sind 50 Jahre und älter. 56 Prozent der Jobsuchenden haben zudem keine abgeschlossene Berufsausbildung. Doch künftig soll eine andere Gruppe eine noch größere Aufmerksamkeit bekommen, die bisher nicht so im Fokus stand: Es geht um Hamburgs alleinerziehende Arbeitslose. Rund 5500 listet die Arbeitslosenstatistik auf.

„Es sind überwiegend junge Frauen, die wir für den Hamburger Arbeitsmarkt gewinnen wollen, auch wenn sie mit vielen Problemen zu kämpfen haben“, sagt Melanie Leonhard, Senatorin für Arbeit, Soziales, Familie und Integration. Mit einem behördenübergreifenden Programm, das bis 2020 auf ganz Hamburg ausgerollt werden soll, will der Senat verhindern, dass diese Gruppe „die Grundsicherung als Lebensmodell akzeptiert“, wie Leonhard sagt.

Bisher wurden in Wilhelmsburg und Eimsbüttel Erfahrungen mit diesem Programm, das vor allem in der Kooperation von Jobcenter und Jugendhilfe besteht, gesammelt. Jetzt wurde das Programm auch in Harburg etabliert. Es mag zwar für Außenstehende selbstverständlich erscheinen, dass Behörden zusammenarbeiten, um Menschen wieder in Arbeit zu bringen. Aber das ist es keinesfalls. „Das liegt an den unterschiedlichen gesetzlichen Grundlagen für Jugendhilfe und Jobcenter“, so Leonhard.

Langwieriger Prozess

Wenn ein Mitarbeiter der Jugendhilfe eine Alleinerziehende betreut, dann weiß er in der Regel nichts davon, wenn es Probleme mit dem Jobcenter gibt. Drohen womöglich Sanktionen? Soll eine Maßnahme begonnen werden, ohne dass die Kinderbetreuung gesichert ist? Solche Probleme sollen mit einer behördenübergreifenden Zusammenarbeit verhindert werden.

Das Ziel ist es, möglichst viele Alleinerziehende wieder in eine Beschäftigung zu bringen. Das ist oft ein langwieriger Prozess, wenn Berufsabschlüsse nachgeholt werden müssen. „Wenn das wegen der Kinderbetreuung in Teilzeit erfolgt, dann dauert das einige Jahre“, so Leonhard. Außerdem besteht die Gefahr, dass die Bildungsmaßnahme abgebrochen wird, wenn es Probleme in der Familie gibt. „Doch wenn es im Beruf gut läuft und die Kinderbetreuung gesichert ist, dann wird auch vieles zu Hause einfacher“, weiß die Senatorin.

Die Jobcenter laden die Betroffenen zu Jobmessen ein, bei denen Arbeitgeber auch bereit sind, Alleinerziehende einzustellen. „Alles geschieht auf freiwilliger Basis, wir drohen nicht mit Sanktionen“, sagt Dirk Heyden, Geschäftsführer des Jobcenters.

Anstieg im August erwartet

Rund jeder vierte Kunde des Jobcenters hat Kinder unter drei Jahren. Dieser Personenkreis muss sich eigentlich nicht um eine Jobaufnahme bemühen, weil die Zeit als Elternzeit gilt. „Aber der Zeitraum kann genutzt werden, um eine spätere Jobaufnahme zu erleichtern“, sagt Heyden. So kann zum Beispiel bei Flüchtlingen mit der Anerkennung der Berufsabschlüsse begonnen werden. Seit 2014 sinkt die Zahl der alleinerziehenden Arbeitslosen in Hamburg zwar. Im Juli 2014 waren es nach Zahlen der Arbeitsagentur Hamburg noch rund 7700. Aber nach Einschätzung der Arbeitsagentur ist der Rückgang vor allem auf die konjunkturelle Belebung zurückzuführen. Wenn sich die Stimmung am Arbeitsmarkt eintrübt, wird es für diese Gruppe wieder schwieriger, einen Job zu finden.

Immerhin ist die Arbeitslosigkeit in Hamburg jetzt den dritten Monat in Folge gestiegen. So legte die Zahl der Jobsuchenden im Juli gegenüber dem Vorjahr um 2,1 Prozent auf 67.327 zu. Im Vergleich zum Vormonat kletterte die Arbeitslosenzahl sogar um 4,1 Prozent. „Der Anstieg der Arbeitslosigkeit ist für einen Ferienmonat nicht ungewöhnlich, aber wir registrieren doch, dass die bisher höchste Arbeitslosigkeit nicht wie üblich im Januar, sondern im Sommer erreicht wird“, sagt Sönke Fock, Geschäftsführer der Agentur für Arbeit. Die Arbeitslosenquote liegt bei 6,3 Prozent.

Es ist der niedrigste Wert unter den drei deutschen Stadtstaaten. Aber erfahrungsgemäß wird die Arbeitslosigkeit auch noch im August steigen. Folgt man der Entwicklung aus dem Vorjahr, könnten dann knapp 69.000 Jobsuchende in Hamburg erreicht werden. Schon jetzt suchen eigentlich 126.188 Hamburger einen Job, wenn man zu den Arbeitslosen noch jene Personen dazuzählt, die sich in beruflicher Weiterbildung oder anderen Maßnahmen des Jobcenters befinden­ (siehe Tabelle). In einem solchen Umfeld wird es auch für die Pro­blemgruppen schwieriger, ihre Stelle zu behalten oder einen neuen Job zu finden.

Saisonale Gründe verantwortlich

Die Arbeitsagenturmacht hauptsächlich saisonale und nicht konjunkturelle Gründe für den Anstieg verantwortlich. So seien Arbeits- und Ausbildungsverhältnisse ohne unmittelbare Fortsetzung ausgelaufen. In der Folge stieg die Arbeitslosigkeit der 15- bis 25-Jährigen gegenüber dem Vorjahr um 4,1 Prozent auf 5787 Personen. „Sie werden aber schnell wieder eine Anschlussbeschäftigung finden, weil die Nachfrage nach Fachkräften unverändert hoch ist“, sagt Fock. „Während der Urlaubs- und Ferienzeit arbeiteten auch die Personal­abteilungen mit halber Kraft, und Unternehmen seien wegen Betriebsferien geschlossen.“

Gegenwärtig gibt es immer mehr Signale aus verschiedenen Branchen, dass sich die Konjunktur in Hamburg eintrüben könnte, vor allem im Hinblick auf den bevorstehenden Brexit und den nicht gelösten Handelskonflikt zwischen den USA und China.