Hamburg . In der neuen Vox-Staffel stürzen sich so viele Investoren wie nie zuvor auf die Gründer. Welches Szenario Ralf Dümmel deprimiert.
Auf und ab. Auf und ab. Vor dem Haus mit der Nummer zehn, Bleichenbrücke, marschiert Ralf Dümmel hin und her. Fünf Meter in die eine Richtung, dann zehn Meter in die andere. Er hat das Telefon an sein Ohr gepresst, spricht schnell. Er hat nicht viel Zeit, nur ein paar Minuten Pause, dann geht es weiter. Dann steht das nächste Interview an, und das nächste. Alle zehn bis 15 Minuten. Seit elf Uhr geht das so. Jetzt ist es gleich 14 Uhr.
Anlässlich des Starts der sechsten Staffel von „Die Höhle der Löwen“ am 3. September hat der Fernsehsender Vox zum Interviewtag nach Hamburg geladen. Ein Heimspiel für Dümmel, der in der Hansestadt lebt.
Die anderen Löwen sind angereist – und es sind so viele wie niemals zuvor. Mit Ralf Dümmel, Frank Thelen, Dagmar Wöhrl, Carsten Maschmeyer, Georg Kofler, Judith Williams und Nils Glagau treten erstmals sieben Löwen an, die sich in den Sendungen abwechseln werden. Jeweils fünf von ihnen nehmen auf den Stühlen in der Löwenhöhle Platz und buhlen um die Gründer mit den besten Geschäftsideen.
Neu im Löwen-Rudel ist Nils Glagau, dessen Vater Ende der 1980er Jahre Orthomol gegründet hatte. Die Firma gilt heute als Vorreiter im Bereich der Nahrungsergänzungsmittel und erzielt mittlerweile Umsätze von gut 100 Millionen Euro im Jahr.
Der Kampf wird härter
Die Konkurrenz wird immer größer, der Kampf härter, die Kommentare bissiger. Das lassen zumindest die ersten Teaser erahnen, die im Vorfeld der neuen Staffel bereits zu sehen waren. Das dürfte vor allem Dümmel zu schaffen machen, der unter Absagen von Gründern besonders leidet. „Wenn mich eine Idee überzeugt, bin ich wie im Tunnel. Dann male ich mir aus, was ich mit den Gründern alles aufbauen kann. Wenn ich dann verliere, bin ich nahe an einer Depression“, so Ralf Dümmel. Das nehme ihn so sehr mit, dass es ihm im Nachhinein manchmal selbst peinlich sei, wenn er bei der Ausstrahlung der Sendung seine Reaktion im Fernsehen sieht. „Aber das bin halt ich! So wie ich 1,50 Meter hoch aus dem Sessel springe, wenn ich den Deal bekomme – so bin ich todunglücklich, wenn ich ihn verliere.“ Oft ist das allerdings nicht vorgekommen, denn wegen seiner zahlreichen Investitionen hat sich Dümmel in den letzten Staffeln bereits einen Namen als der König der Löwen gemacht.
Bisher hat der Hamburger rund zehn Millionen Euro investiert – von knapp 20 Millionen Euro, die insgesamt in allen Staffeln flossen und an etwa 100 von mehr als 320 Start-ups gingen – darunter auch viele Hamburger Unternehmen. Doch auch wenn Dümmels Herz jedes Mal schneller schlägt, wenn Gründer aus der Hansestadt in der Höhle antreten – einen Wettbewerbsvorteil hätten diese dennoch nicht. „Das einzige, was zählt, ist der Mensch und die Idee“, sagt Dümmel und verrät, dass ihn in der kommenden Staffel eine Gründerin aus Hamburg besonders bewegt habe.
Sie ist nicht die einzige Hanseatin, die in der neuen Staffel antritt – gleich in der ersten Folge wagt sich die Jungunternehmerin Janet Carstensen in die Höhle, die sich für ihren Auftritt extra Tattoos der Löwen-Konterfeis zugelegt hat. Was es damit auf sich hat und ob sie die Investoren von ihrer Geschäftsidee überzeugen kann – das wird erst am 3. September verraten. Nach Angaben von Vox soll es elf Folgen geben. Nach Abendblatt-Informationen sollen im Frühjahr 2020 jedoch weitere Folgen gezeigt werden, die schon jetzt abgedreht wurden.
Dümmel hat einen Riecher für Top-Seller
Für Dümmel spielt das keine Rolle. Er denkt immer nur an den nächsten Deal und den nächsten und den nächsten. „Ich denke nur von Spiel zu Spiel“, sagt Dümmel, der in der Vergangenheit Produkten wie der Abfluss-Fee, Rostschreck, Parodont, Towell, Aktimed oder Veluvia zu großem Erfolg verholfen hat. Nicht wenige dieser Produkte wurden zu bundesweiten Bestsellern.
In das Hamburger Start-up Veluvia, das auf Basis von Superfoods wie Gemüse, Früchten, Beeren, Algen, Pilzen und Wurzeln Nahrungsergänzungsmittel produziert, investierte Dümmel gemeinsam mit Carsten Maschmeyer, der einst die Finanzvertriebsgesellschaft AWD aufgebaut hatte. Veluvia entwickelte sich derart positiv, das das Unternehmen jüngst an den bekannten Homeshoppingsender Channel 21 verkauft wurde.
Dümmel freut dieser Erfolg selbstverständlich. Er sitzt in einem Besprechungsraum und gibt die letzten Interviews für heute. Gleich muss er zum Flughafen, sein Flieger geht in drei Stunden. Der nächste Termin. Worum es geht? Er schüttelt den Kopf, darf er nicht drüber sprechen. Aber, na klar: Es hat was mit der Höhle der Löwen zu tun.
Ideen aus Hamburg
Vom besonderen Wäschetrockner bis hin zum etwas anderen Kleiderbügel – mit diesen Ideen haben Gründer aus Hamburg in der letzten Staffel um finanzielle Unterstützung der Löwen gekämpft. Allein in der fünften Staffel waren sieben Start-ups aus Hamburg am Start – drei davon hatten Erfolg. Unter anderem waren dabei: Trockenfix, die Wäschespirale, auf der Bettwäsche platzsparend trocknet, war nach dem Deal mit Ralf Dümmel, Chef des Handelsunternehmens DS-Produkte, sofort in hoher Stückzahl produziert worden.
Oder Kaiserschlüpfer: Auch wenn die Gründerinnen keinen Deal bekamen, erhielten sie viel Lob von den Juroren. Die Idee: Ein Spezialslip mit Kühlpad für Frauen nach einem Kaiserschnitt. Auch mit am Start war CapsAir: ein Kleiderbügel mit integriertem Mottenschutz auf natürlicher Basis. Massentauglich hat auch sie Ralf Dümmel gemacht: Nach dem Deal mit dem Gründer Ralph Ecks hat Dümmel den Ursprungsbügel in eine Art CapsAir Light ab 10 Euro im Zweierpack verwandelt. Und last but not least Mega Lecka: Auch hier blieben die Gründer ohne Deal, doch die Chia-Bowls verkauften sich nach der Sendung dennoch gut. Der Pudding aus Chia-Samen und Fruchtsaft war schnell in mehreren Hundert Geschäften gelistet. HA