Hamburg. Flughafen arbeitet bei gefördertem Pilotprojekt mit, das Windstrom zur Produktion von synthetischem Kerosin nutzen soll.

Flughäfen, Airlines und Flugzeughersteller stehen am Klima-Pranger. In der Diskussion um den CO2-getriebenen Klimawandel verweisen sie defensiv auf langfristige Selbstverpflichtungen bis 2050, Emissionshandel und freiwillige Ausgleichsprogramme. Weil es auf Sicht keine Alternative zum Verbrennen großer Mengen energiereichen Kerosins gibt, wenn man Jets mit mehr als 500 Tonnen Startgewicht in die Luft bekommen will, ist nun synthetischer Treibstoff zum Hoffnungsträger geworden. Er kann als Ethanol aus Biomasse gewonnen werden oder auch – mit hohem Energieaufwand – aus dem unbegrenzt verfügbaren Wasserstoff. Eine weitere Alternative sind Solarreaktoren, in denen Synthese-Gas als Kerosinvorstufe hergestellt werden kann.

Lufthansa erprobt seit 2011 alternative Kraftstoffe, die dem fossilen Kerosin beigemischt werden. Inzwischen ist aber längst klar, dass die Anbauflächen der Welt in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion niemals ausreichen würden, um den Energiehunger der beständig wachsenden Airline-Branche mit Bio-Sprit zu stillen.

Windstrom zur Produktion von synthetischem Kerosin

Im Februar wurde daher eine Zusammenarbeit mit der norddeutschen Raffinerie Heide vereinbart, wo im Rahmen eines mit 4,2 Millionen Euro Steuergeld geförderten Forschungsprojekts künftig Windstrom zur Produktion synthetischen Kerosins genutzt werden soll. Eine erste Pilotanlage soll bis Ende 2023 starten und dann fünf Prozent des Bedarfs am Flughafen Hamburg abdecken, sagt Raffinerie-Geschäftsführer Jürgen Wollschläger. Das wären jährlich um die 20.000 Tonnen Öko-Kerosin.

„Wir haben hier die Chance, als Raffinerie Teil der Energiewende zu werden“, meint Wollschläger. Derzeit eruiere man mit den Projektpartnern unter Leitung der Universität Bremen die Parameter für das Anlagen-Design und habe auch noch verfahrenstechnische Probleme zu lösen. Die Windenergie zur Abspaltung des Wasserstoffs wird voraussichtlich aus Offshore-Windparks kommen, die Details stehen noch nicht fest. Für den Raffinerie-Chef ist aber klar: „Wir wollen ein wirtschaftlich tragfähiges Projekt, und dazu gehört auch ein preislich konkurrenzfähiges Produkt.“

Kerosinverbrauch könnte deutlich steigen

Der Bedarf ist allerdings gigantisch: Die internationale Luftfahrt hat bereits im Jahr 2010 rund 142 Millionen Tonnen konventionelles Kerosin verbraucht. Experten der Zivilluftfahrtorganisation ICAO gehen davon aus, dass der Bedarf aufgrund des kontinuierlichen Wachstums des Luftverkehrs bis 2050 auf das Sechsfache steigen könnte, also auf 860 Millionen Tonnen. Auch bei erheblichen Effizienzsteigerungen ergibt sich für 2050 immer noch ein Bedarf von deutlich mehr als 500 Millionen Tonnen, die selbst nach der optimistischen ICAO-Prognose wohl nur zum Teil synthetisch produziert werden können.