Hamburg. Reederei überzeugt Anleger mit Ergebnisplus. Aber Rolf Habben Jansen sorgt sich wegen des Handelskonflikts zwischen den USA und China
Jahrelang galt die Handelsschifffahrt als Krisengeschäft. Es gab zu viele Schiffe, die Transportpreise waren im Keller, Reedereien gingen pleite oder schlossen sich zusammen. Doch seit einiger Zeit zeigt sich, dass man mit dem Seegütertransport wieder Geld verdienen kann. Sogar richtig viel Geld, wie die jüngsten Zahlen von Hapag-Lloyd zeigen. Hamburgs Traditionsreederei hat das erste Halbjahr 2019 glänzend hinter sich gebracht.
Anders lässt es sich kaum ausdrücken, wenn sich der Gewinn vor Zinsen und Steuern im Vergleich zu den ersten sechs Monaten 2018 mehr als vervierfacht hat. 389 Millionen Euro gegenüber 91 Millionen im Vorjahr meldete Hapag-Lloyd am Mittwoch. Nach Abzug aller Belastungen blieben unterm Strich 146 Millionen Euro übrig. 2018 stand noch ein Minus von 101 Millionen Euro in den Büchern. Die Umsatzerlöse stiegen um 807 Millionen auf 6,24 Milliarden Euro.
Hapag-Lloyd-Aktie stieg im Tagesverlauf um 14 Prozent
Grund für die gute Entwicklung sind laut Reederei neben einer konsequenten Kostenkontrolle die Entwicklung des Seetransportmarktes: So stieg die Transportmenge um zwei Prozent auf knapp sechs Millionen Standardcontainer (TEU) und die durchschnittliche Frachtrate um fünf Prozent auf 1071 Dollar pro Standardcontainer. Einen positiven Effekt habe zudem die Bilanzierung nach dem neuen internationalen Rechnungsstandard IFRS gehabt, teilte das Unternehmen mit. Das Ergebnis wäre noch besser ausgefallen, wenn nicht die Treibstoffpreise um durchschnittlich elf Dollar pro Tonne gegenüber dem Vorjahreszeitraum angestiegen wären.
Die Anleger zeigten sich erfreut: Die Aktie der Reederei stieg im Tagesverlauf um 14 Prozent auf ein Jahreshoch von 42,15 Euro. Auch die Analysten wurden vom Ergebnis positiv überrascht: Die Reederei habe im zweiten Quartal die Erwartungen klar übertroffen, schrieb Analyst Joel Spungin von der Privatbank Berenberg. Er empfahl Anlegern die Aktie zu halten. „Das Halbjahresergebnis ist besser als erwartet“, sagte Thomas Wybierek, Schifffahrtsanalyst der NordLB. Dennoch sei er überrascht, dass die Reederei an ihrem Jahresziel festhalte, den Gewinn vor Zinsen und Steuern auf mindestens eine halbe Milliarde Euro zu steigern. „Die Rahmenbedingungen für die Containerschifffahrt werden nämlich schlechter“, so Wybierek.
Auch der Chef von Hapag-Lloyd, Rolf Habben Jansen, sieht „dunkle Wolken am Horizont aufziehen. Im Gespräch mit dem Abendblatt benennt er die Risiken und verweist dabei auf den Handelskrieg zwischen USA und China.
Hamburger Abendblatt: Ihr Unternehmen hat im ersten Halbjahr 299 Millionen Euro mehr verdient als im Vorjahr. Sie müssen sehr zufrieden sein. Oder?
Rolf Habben Jansen: Ja, natürlich, sind wir mit dem ersten Halbjahr zufrieden. Das Geschäft hat sich gut entwickelt. Und das Entscheidende ist: Der Markt ist relativ stabil.
Die Musik macht in der Schifffahrt aber das dritte Quartal, das darüber entscheidet, wie das Gesamtjahr verläuft. Was erwarten Sie für die kommenden Monate?
Jansen: Wir gehen davon aus, dass sich die stabile Entwicklung fortsetzt. Es ist immer schwierig vorherzusagen, wie die Frachtraten anziehen. Im vergangenen Jahr hatten wir im dritten Quartal einen starken Anstieg der Raten erlebt. Das wird in diesem Jahr wahrscheinlich moderater passieren. Unterm Strich erwarten wir aber immer noch eine vernünftig verlaufende Peak-Saison.
Experten sehen bereits eine konjunkturelle Abschwächung voraus. Die Frachtraten am Spotmarkt gehen derzeit eher wieder zurück. Macht Ihnen das keine Sorge?
Jansen: Es gibt auch andere Stimmen. Der Branchendienst Alphaliner spricht derzeit von einem vernünftigen Wachstum für 2019. Klar ist: Wenn wir die Situation derzeit mit der vor drei oder vier Monaten vergleichen, gibt es mehr dunkle Wolken am Horizont. Dazu ist beispielsweise auch die handelspolitische Situation angesichts des Streits zwischen USA und China zu ungewiss. Inwieweit sich dies auf das Transportvolumen auswirken wird, lässt sich schwer voraussagen. Die Volumina schwanken immer etwas. Anfang des zweiten Quartals waren sie eher schwach, jetzt sind sie wieder einen Tick besser. Das sagt also nicht viel aus. Wir haben also keinen Grund zur Verunsicherung. An unserem Gesamtziel für 2019 halten wir weiter fest.
Derzeit wird wieder über das Größenwachstum der Schiffe diskutiert. Die Hafenfirmen warnen vor den Milliardeninvestitionen, die auf die Häfen bei noch größeren Schiffen zukommen und fordern dass die EU Größenbegrenzung vorgibt. Wie stehen Sie dazu?
Jansen: In die politische Diskussion mische ich mich nicht ein. Dass das Größenwachstum Einfluss auf die Infrastruktur an Land hat, kann ich nachvollziehen. Ich gehe aber eher davon aus, dass sich das Problem selbst regelt. Die zusätzlichen Vorteile von immer größeren Schiffen werden immer kleiner. Das heißt, große Einsparungen an den Transportkosten sind bei noch mehr Ladungsvolumen nicht mehr zu erzielen. Wir geraten also bereits ans Maximum dessen, was wirtschaftlich Sinn ergibt.
Sie haben Ihre Dienste neu geordnet, und haben die Abfertigung Ihrer Nordamerika-Verkehre am Containerterminal Altenwerder konzentriert. Wie zufrieden sind Sie mit damit? Die HHLA hatte in den vergangenen Wochen ja personelle Engpässe.
Jansen: Wir haben keine großen Probleme. Die Umstellung hat gut funktioniert und die Ladungsmengen haben sich gut entwickelt.
Im Rahmen Ihrer Strategie 2023 wollen Sie nicht mehr nur Häfen bedienen, sondern mehr Tür-zu-Tür-Dienste anbieten. Wie weit sind Sie damit?
Jansen: Hier sind wir noch am Anfang. Da werden wir 2019 noch keine wesentlichen Effekte sehen. Den Schritt nach vorne werden wir eher 2020 und 2021 machen.
Sie haben kürzlich die koreanische Reederei Hyundai Merchant Marine in ihre Schifffahrtsallianz aufgenommen. Dabei dachten viele, dass die Zeit der Konsolidierung und Verschiebungen bald endet.
Jansen: Der Markt ist doch schon zur Ruhe gekommen. Wir haben drei große Allianzen, die die Ost-West-Verkehre bedienen. Das schließt nicht aus, dass die eine oder andere Reederei die Allianz wechseln wird. Die Strukturen, die wir heute haben, sind aber nun schon seit einiger Zeit stabil. Daran wird sich auch vorerst nichts ändern. Die Laufzeiten der Allianzen sind relativ lange.