Zwischen Genießertum, Anti-Veganismus und Lifestyle blüht die Szene der Hackfleisch-Gastronomen auf. Probieren geht über studieren.

Es ist jetzt ziemlich genau 40 Jahre her, dass in der Wandsbeker Marktstraße 109 der erste McDonald’s in Hamburg eröffnete, als 29. Filiale in Deutschland (heute sind es 31 in der Stadt und 1477 im ganzen Land), und wem von uns Heranwachsenden aus dem Umland damals ein Auto zur Verfügung stand, lag weit vorn: Dann quetschten wir uns freitagabends (auch schon mal mit sechs Mann) in den VW Käfer von Mutti und heizten 25 Kilometer über die B 75 für einen BigMac mit Pommes und einer Cola in die große Stadt. Diese Hamburger waren damals für uns „Welt“. Jeder einzelne Bissen hatte internationales Flair. Denn wir wussten es ja nicht besser.

Man ist, was man isst

Lassen Sie uns daher jetzt über richtige Hamburger reden. Über diese herrlich fettglänzenden Türme aus schierem Rindfleisch in Steakqualität, das nicht vorgeformt aus der Tiefkühltruhe, sondern frisch durch den Wolf gedreht und daher auch medium und sogar medium-rare gebraten oder gegrillt werden darf. Das bedeckt, umhüllt und aromatisiert wird von geschmolzenem Käse und zwischen zwei fluffigen Hälften eines Brioche-Brötchens auf Salat gebettet ist; nach Wunsch mit knusprigem Bacon, sautierten Champignons, frischen oder eingelegten Gurken, Chili-Bohnen, Tomaten, Zwiebeln oder irgendwas anderem belegt und ertränkt mit Ketchup oder einer speziellen Sauce. Oder mit zwei Saucen. Oder mit Ketchup, zwei Saucen und allem zusammen – eben genau so, wie sich viele Gäste von Dulf’s Burger an der Himmelstraße in Winterhude beispielsweise, nicht größer als ein üblicher Imbiss, ihre eigene Hamburger-Kreation zusammenstellen, dafür auch schon mal 17 Euro und mehr ausgeben und sogar eine Wartezeit von bis zu einer Stunde in Kauf nehmen.

Ein-, vielleicht zweimal abgebissen (was im Prinzip unmöglich ist) oder angeschnitten, verwandelt sich dieser eben auch optisch noch anspruchsvolle Burger in ein ultrasaftiges Schmackofatz. Servietten, am besten gleich ein halbes Dutzend, sind zwingend, noch zweckmäßiger wäre allerdings ein Regencape.

Jetzt will (oder muss) die kleine Burger-Werkstatt expandieren; im Karolinenviertel entsteht gerade eine Dependance. Sie wären ja auch schön doof, wenn nicht.

Frische Zubereitung, hochwertige Qualität und trotzdem bodenständig

Denn der Fleischklops zwischen den Brötchenhälften war zwar nie ganz out, aber er ist zurzeit wieder megatrendy. Wie überhaupt die ganze, fleischbetonte amerikanische Küche. An der Spitze dieser widerborstigen Gegenbewegung zum Veganismus stehen vor allem jüngere, innovative Gas­tronomen, die trotz oder wegen ihrer häufigen Tätowierungen und Piercings eher wie Hochschulabsolventen ohne berufliche Perspektive aussehen. Die aber ganz genau zu wissen scheinen, was ihre Fahrrad fahrende Klientel mit den lässigen Umhängetaschen wünscht: „Ehrliches“, also politisch korrektes und deshalb gehalt- und geschmackvolles Essen; selbstverständlich nur frisch zubereitet aus qualitativ hochwertigen Rohstoffen, auf denen „Bio“ draufsteht und hoffentlich auch drin ist. Was dann freundlich-bestimmt, aber wirklich nett und zuvorkommend auf Augenhöhe serviert wird. Der Gast ist nicht König, sondern Partner: Hey du, lassen wir es locker angehen. Setz dich, entspann dich und iss!

Diese Reduzierung aufs Wesentliche setzt sich in den szenigen, oftmals angeranzt und abgerockt wirkenden, Burger-Locations fort: Denn das vermutlich beliebteste Stilmittel dieser Restaurants heißt „Shabby Chic“, und das setzt sich zusammen aus mehr oder weniger zusammengewürfeltem Gestühl, das um blanke Holztische auf knarzenden Dielen herumsteht. Der Tresen aus dem Jahre 1912 oder so ist natürlich original, Rohre und Leitungen sind in bester Industriemanier frei auf Wänden verlegt. Manchmal sind die Wände auch mit Mustertapeten beklebt, die bereits unsere Großeltern als psychedelischen LSD-Ersatz anzustarren pflegten. Die zweithäufigste Einrichtungsvariante erzeugt beinahe steril cool wirkende Burger-Restaurants, stark angelehnt ans amerikanische Coffeeshop-Design. Doch im Mittelpunkt stehen die saftigen Burger, in all ihren Variationen. Und die sind Slow Food.

Unsere Empfehlungen:

Dulf's Burger

Der Dulfs Burger
Der Dulfs Burger © HA | Alexander Schuller

Vermutlich die kultigste Burger-Braterei der Stadt, die erst einmal jedoch den Charme einer Imbissbude neben einem Gebrauchtwagenexport in Hamm versprüht. Aber auf der Griddle-Platte schmurgelt feinstes Hack von einstmals glücklichen Charolais-Rindern vor sich hin, der Käse wird zärtlich und geduldig mit einer Hitzeglocke per Hand geschmolzen, und unser Cheeseburger mit Bacon, medium-rare gebraten (für lumpige 7,30 Euro), wurde uns mit schwungvollen Saucenlinien auf einem Schieferbrettchen kredenzt. O ja, es gibt ihn, den Siebten-Burger-Himmel. Komisch, dass man in diesem „Geheimtipp“ manchmal so lange warten muss.

Himmelstraße 45, 22299 Hamburg, T. 46 00 76 63, Mo bis Sa 12–22 Uhr, So 14–22Uhr, www.dulfsburger.de

The Bird

Zu den Stoßzeiten immer rappelvoll, daher sollte man im Bird unbedingt reservieren. Der Lärmpegel ist ungefähr so hoch, wie die Burger groß sind – aber dafür hört man ja auch das Schmatzen der anderen Gäste nicht. Zu Recht hochpreisig: Der House-Burger Da Birdhouse mit American Cheese kostet 12 Euro, aber das patty (wie Insider das Hacksteak nennen) ist 250 Gramm schwer und besitzt Steakqualität, die Saucen sind hausgemacht und dementsprechend gut. Außer Burgern gibt es fantastische Steaks und vieles andere, was amerikanische Esskultur so gewichtig werden lässt.

Trommelstraße 4, 20359 Hamburg, Tel. 75 66 23 33, Mo bis Mi von 18–23 Uhr, Do von 17–23 Uhr, Fr von 17–24 Uhr, Sa von 14–24 Uhr, So von 14–23 Uhr; thebirdinhamburgreservations@gmail.com

Doris Diner

Da möchte man doch am liebsten heulen: Dieser wirklich hübsche amerikanische Coffeeshop im Retrolook der 50er-Jahre hält sich zwar gefühlt schon seit Jahrzehnten – und das, obwohl der Bacon-Cheeseburger (9,90 Euro) viel leckerer aussieht, als er schmeckt. Nämlich fade. Und ein wenig zäh ist das Fleisch auch noch. Tja, das patty ist eben industriell vorgefertigt. Ob die bequeme Convenient-Küche auch bei den übrigen Speisen dominiert, können wir nicht beurteilen. Wir vermuten qualitativ hohes Fast Food, das satt macht – mehr aber auch nicht. Bitte mehr Mut zur innovativen Küche, damit man zukünftig reservieren muss.

Grindelhof 43, 20146 Hamburg, Tel. 44 02 78, Mo–Do & So 10–24 Uhr, Fr–Sa 10–1 Uhr, www.doris-diner.de

Chicago Meatpackers

Chicago Meatpackers
Chicago Meatpackers © HA | Alexander Schuller

Die bis zu den Salz- und Pfefferstreuern konsequent durchgestylte Hamburger Dependance des Frankfurter Unternehmens gehört zu den teureren amerikanischen Restaurants in der Stadt. Aber auch zu den besten, zumindest, was die Burger betrifft. Für eine Eins reichte es zwar nicht ganz, aber am Ende zählen doch immer bloß die Befindlichkeiten des Gastes und die Tagesform der Küche. Nein, da gibt’s absolut nix zu meckern: 11,90 Euro kostete unser saftiges Testobjekt, aber der ekstatische Jubel stellte sich erst beim Anblick der bestens sortierten Bar ein. Auch deshalb klappt es ohne Reservierungen (auch online möglich) eher selten.

Martinistraße 11, 20251 Hamburg, Tel. 46 77 56 89, So–Do 11.30 Uhr–24 Uhr, Fr & Sa 11.30–1 Uhr, www.chicago-meatpackers.com

Otto's Burger

Huch? Was ist denn das für eine üble Spelunke? Der Gastraum ist düster, verwinkelt und erscheint arg sanierungsbedürftig. Aber das gehört zum Konzept der kleinen Hamburger Burgerkette, die zurzeit drei individuell geschmiedete Glieder betreibt. Denn wenn die Bedienung namens Marc mit französisch gefärbtem Singsang die Bestellung aufnimmt; wenn dann der Cheeseburger mit Rosmarin-Pommes und einer unfassbar leckeren Smokey Mayo (für insgesamt 12 Euro) vor einem steht und man dann endlich hineinbeißen darf: Dann geht die Sonne auf.

Grindelhof 33, 20146 Hamburg 22765 Hamburg, keine Reservierung möglich. Mo–Do von 11.30 Uhr– 22.30 Uhr, Fr bis 23 Uhr, Sa (Burger) von 13 Uhr–23 Uhr, So von 13 Uhr–22 Uhr

Saints & Sinners

Die superfreundlichen Ernährungsmediatoren unternehmen seit zwei Jahren erfolgreich den Versuch, die prinzipiell unversöhnlichen Veganer („Saints“, also Heilige) und Carnivoren („Sinners“, Sünder) friedlich zu vereinen. Aber wir wollten keinen Burger, der „wie nach Fleisch schmeckt“, sondern einen, bei dem das Patty von einem Rind stammt, das einst in Ruhe auf einer grünen Wiese grasen und heranwachsen durfte. Für stolze 12,50 Euro sollte man sich diese saftige Geschmacksexplosion gönnen. Viel besser geht es nämlich nicht.

Talstraße 29, 20359 Hamburg, Tel. 36 16 39 11 (Reservierungen nur telefonisch), Mo–Fr 12–15 Uhr und 18 Uhr (Fr 17 Uhr) bis 23 Uhr, Sa & So durch­gehend von 17 Uhr bis 23 Uhr. www. saintsandsinners-st.pauli.de

Hollywood Canteen

Das Hollywood Canteen
Das Hollywood Canteen © HA | Alexander Schuller

Davon existieren gleich drei in der Stadt. Wir haben uns für die Bramfelder Filiale des Lieferservice-Restaurants mit angeschlossener Gaststube im weiß gekachelten, neonbeleuchten Coffeeshop-Design entschieden und landeten in einem mittelprächtigen Film: Der Clint-Eastwood-Burger für 5,79 Euro mit Pommes frites ließ Tiefkühlware vermuten, für die schnelle Sättigung zwischendurch. Und so schmeckte es dann auch, irgendwie okay, irgendwo zwischen McDonald’s/Burger King und den „echten“ Burger-Restaurants, mit klarer Tendenz in Richtung Fast Food. Dem Anspruch „Best Burger in Town“ wird man nicht gerecht. Aber die Pommes, die waren prima.

Bramfelder Chaussee 165, 22177 Hamburg, Tel. 63 68 96 87, täglich geöffnet von 12.30 Uhr–24 Uhr, www.hollywoodcanteen.de

Better Burger Company

Hier wird am Tresen bestellt, bezahlt, und dann wählt man drei Toppings selbst (im Einsteigerpreis von 6,90 Euro ist das frisch durch den Wolf gedrehte 100-Gramm-Patty inbegriffen). Das Restaurant verspricht: „Unsere Burger machen sexy.“ Aber für befriedigende Gaumenerotik müsste die doppelte Menge Fleisch bestellt werden, was das Vergnügen teurer macht, wie übrigens auch die Beilagen, die extra geordert werden müssen (außer beim Menü). Gegessen wird von Cromarganplatten, die zu klein sind. Es ist leider nicht sexy, wenn Pommes purzeln, und die Mayonnaise tropft.

Gertrudenkirchhof, 20095 Hamburg, Tel. 33 39 52 33, Mo bis Sa 11–22 Uhr, So 12–20 Uhr, www.betterburgercompany.de

Hatari Pfälzer Stube

Dieses Restaurant hat sich – auch mit deutscher Hausmannskost – einen solch hervorragenden Namen erkocht, dass inzwischen zwei weitere Dependancen (in Eimsbüttel und in Ottensen) existieren. Am kleinen Cheeseburger, den wir medium gebraten bestellten (für 5,40 Euro), kann das nicht liegen. Dafür ist die Ehrlichkeit des Kellners bemerkenswert, der beschämt sagte: „Wir braten unsere Burger durch, denn sie kommen aus der Tiefkühltruhe. Aber wir stellen jetzt auf frisches Hack um.“ Legen wir also den Mantel des Schweigens über den Burger und kommen lieber bald wieder.

Schanzenstraße 2–4, 20357 Hamburg, Tel. 43 20 88 66, täglich ab 12 Uhr, Reservierung nur telefonisch, www.hataripfaelzerstube.com

Old Mac Donald

Old Mac Donald
Old Mac Donald © HA | Alexander Schuller

Die dunkelbraune Einrichtung kennt man aus den frühen 90ern, als die ersten „American Sportsbars“ hierzulande Fuß fassen konnten. Der Laden – fest in HSV-Hand – ist Fußballkneipe, Absturzort und Restaurant in einem, so eine Art Nachbarschaftstreff. Auch hier „machen die Burger sexy“, denn der Inhaber betreibt auch die Better Burger Company in der City. Erstaunlicherweise schmeckte der Cheeseburger für 8,90 Euro tatsächlich viel besser: Zum einen lag dies am kompakten 200-Gramm-Patty, das sich besser (medium) braten lässt, zum anderen an der Art, wie uns der Burger serviert wurde.

Stellinger Weg 33, 20255 Hamburg, Tel. 523 29 83, Mo–Sa 11.30 Uhr bis open end, So 10 Uhr bis open end, Reservierungen auch über www.oldmacdonald.de

Brooklyn Burger Bar

Perfekt. Und gerechtfertigt teurer. Mehr muss man eigentlich nicht sagen. Denn abgesehen vom fabelhaften, gegrillten Cheeseburger für 10 Euro (die Pommes kosten 4,20 Euro extra!), der auf einem Emaille-Tablett angerichtet und serviert wird (was schon mal richtig geil aussieht), ist die „BBB“ ein wunderschönes Restaurant, das die heutigen Zeitgeist- und „Hier will ich versacken“-Kriterien auch dank seiner üppig bestückten Bar und dem trendigen „Shabby-Chic“-Ambiente mühelos erfüllt. Ohne Reservierung könnte es ziemlich schwierig werden, einen Platz zu ergattern.

Alter Fischmarkt 3 , 20457 Hamburg, Tel. 34 99 48 66, Mo–Do 18–24 Uhr, Fr & Sa 18–23 Uhr, www.brooklynburgerbar.de

Jim Block

Zurzeit prangen auf vielen HVV-Bussen Motive von Hipstern mit dunkel lackieren Nägeln, die begeistert in einen „Blockburger“ hineinbeißen. Das können wir weder nachvollziehen noch verstehen: dass nämlich ausgerechnet das Blockhouse-Gastronomie-Imperium, das normalerweise mit seiner Fleischqualität punktet, ausgerechnet beim Burger (in unserem Fall ein Cheeseburger-Menü für 8,30 Euro) eine 08/15-Fast-Food-Nummer aus der offenen Grillküche herausbringt und lediglich den Massengeschmack – wenn auch passabel – befriedigen möchte. Vermutlich liegt das an den Gesetzen der zielgruppengesteuerten, erfolgreichen Systemgastronomie.

Insgesamt acht Restaurants, jeweils geöffnet von So–Do 11.30 Uhr–22 Uhr, Fr–Sa bis 23 Uhr

The Burger Lab

The Burger Lab
The Burger Lab © HA | Michael Rauhe

Ohne Frage die experimentierfreudigste Burger-Braterei der Stadt: nomen ist ja schließlich omen („Lab“ steht für Labor), und so schaffen es auch exotische Zutaten wie etwa das rheinische Originalgericht „Himmel und Ääd“ (gebratene Blutwurst mit Stampfkartoffeln und geschmorten Äpfeln) zwischen die Brioche-Brötchenhälften und sind dann „Burger des Monats“. Aber auch der Cheeseburger mit Bacon – wir haben uns zu Vergleichszwecken immer nur diesen Klassiker servieren lassen – für 8,10 Euro ist schlicht ein Meisterwerk und der freundliche Service sowieso unbezahlbar. Keine Reservierung möglich.

Max-Brauer-Allee 251, 22769 Hamburg, Tel. 41 49 45 29, Mo–Sa von 12 Uhr bis spät, So geschlossen, www.theburgerlab.de