Hamburg. Instandhaltungswerke Langenfelde und Eidelstedt werden ausgebaut, 250 Jobs geschaffen. Fernzüge sollen künftig pünktlicher fahren.

Es war eines der skurrileren Vorkommnisse, die zum Ausfall eines Zuges der Deutschen Bahn führen: Weil ein Passagier auf der Toilette eines Regionalexpress von Büchen (Herzogtum Lauenburg) nach Hamburg eingesperrt war, musste am Donnerstagmorgen die Feuerwehr anrücken und ihn befreien. Der Mann hatte die verriegelte Tür von innen nicht mehr öffnen können. Die Folge: Der Zug fuhr statt bis zum Hauptbahnhof nur bis Bergedorf. Und nach der Passagierbefreiung gleich wieder zurück nach Büchen. Die im Anschluss geplante Rückfahrt ab Hauptbahnhof fand nicht statt.

Berthold Huber, der für den Personenverkehr zuständige Manager im Vorstand des Konzerns, war zu diesem Zeitpunkt nicht weit entfernt. Er erklärte am Mittag im Instandhaltungswerk im Hamburger Stadtteil Langenfelde, was das Unternehmen derzeit dafür tut, damit so etwas wie im Regionalexpress nicht mehr vorkommt – oder wenigstens weniger häufig.

Neuer ICE 4 wird in großen Teilen von oben gewartet

„Den Instandhaltungswerken kommt für die Qualität unserer Züge eine Schlüsselrolle zu“, sagte Huber. Eine größere Zuverlässigkeit der Züge sei zudem ein wesentlicher Baustein auf dem Weg, die Zahl der Fahrgäste im Fernverkehr weiter zu steigern. „In den kommenden fünf Jahren investieren wir 500 Millionen Euro in die Werke und stellen 1000 zusätzliche Mitarbeiter ein“, sagte Huber. Im Werk Langenfelde sind Ausbau und Modernisierung bereits besonders weit gediehen. Mehr als die Hälfte der insgesamt 75 Millionen Euro Investitionen sind an diesem Standort bereits realisiert.

„Von September an werden wir auch den neuen ICE 4 warten können“, sagte Werksleiter Marc Herrmann. Er hat in den vergangenen Monaten bereits gut 40 neue Mitarbeiter bekommen. Alles in allem sind es jetzt um die 500. Gebaut wurden unter anderem neue Werkstätten, Rangier- und Abstellanlagen sowie eine Dacharbeitsbühne. Der neue ICE 4 wird in großen Teilen von oben gewartet.

Seit Jahresbeginn werde zudem nach einem neuen Konzept gearbeitet, sagte der Werksleiter: Nicht mehr einzelne Waggons, sondern komplette IC-Züge würden gewartet. Die Verfügbarkeit der Flotte sei dadurch spürbar besser geworden, es komme seltener vor, dass in Zügen einzelne Waggons fehlen, die Wagenreihung nicht eingehalten werden könne oder das Bord-Bistro geschlossen bleibt. „Ich habe in mehr als 20 Jahren bei der Bahn noch nie so gute statistische Werte über die IC-Flotte gesehen“, sagte Huber.

Die beiden Werke in Langenfelde und in Eidelstedt zusammen machen Hamburg zum wichtigsten Standort des Konzerns für die Wartung seiner Fernverkehrszüge. Folglich ist die Hansestadt auch ein Schwerpunkt des Investitionsprogramms. Etwa 170 Millionen der bundesweit 500 Millionen Euro gibt der Konzern in der Hansestadt aus, stellt in beiden Werken zusammen etwa 250 neue Arbeitskräfte ein. „150 davon sind schon da“, sagte Huber.

Passagierzahl in Fernzügen soll sich fast verdoppeln

Er betonte, wie wichtig der Ausbau für die Wachstumspläne der Bahn ist. Im Fernverkehr hatte der Konzern in diesem Jahr rund 145 Millionen Passagiere transportiert – es war trotz der großen Zahl verspäteter Züge ein Rekord. Der nach Einschätzung des Bahnmanagers in diesem Jahr noch übertroffen werden wird. „Ich erwarte 150 Millionen Fahrgäste“, so Huber. Die Langfristplanung des Konzerns sieht gar 260 Millionen ICE-Passagiere am Ende des kommenden Jahrzehnts vor.

Das ist nur mit einer sehr viel größeren Zugflotte zu schaffen. „Die Zahl der ICE-Züge wird in den nächsten Jahren von derzeit 270 auf 400 wachsen. Deshalb ist es so wichtig, die Wartungskapazitäten auszubauen“, betonte Huber.

In den beiden Hamburger Werken werden jeden Tag etwa 30 ICE- und Intercity (IC)-Züge gewartet und repariert. Das können kurze Check-ups sein, größere Inspektionen oder bis zu eine Woche dauernde Revisionen inklusive Austausch wichtiger Teile. Weitere 65 ICE werden über Nacht gereinigt und darauf vorbereitet, am Morgen wieder mit Passagieren auf Fahrt zu gehen.

Dass es auch in der Instandhaltung immer wieder Probleme gibt, die zur dramatisch schlechten Pünktlichkeitsstatistik im Fernverkehr beitragen, ist ein wichtiger Grund für den Ausbau. Interne Statistiken des Konzerns belegen, dass die Zahl der unreparierten Mängel, etwa in Bordküchen, Toiletten oder an Klimaanlagen, mit denen ein Zug wieder aus der Werkstatt rollt, zuletzt sogar gestiegen ist. Vom Ziel, dass mindestens 82 Prozent der Fernzüge pünklich sind – also weniger als sechs Minuten Verspätung haben – ist das Unternehmen weit entfernt. Im Juni fuhren weniger als 70 Prozent der Fernzüge pünktlich.

Enak Ferlemann (CDU), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, sprach das Verspätungsproblem bei der Präsentation ungewöhnlich offen an. „Es ist unerlässlich, dass die Züge schnell gewartet werden können, damit sie pünktlich wieder eingesetzt werden können“, betonte Ferlemann. Der Staatssekretär lobte: „Mit dem Ausbau ihrer Werke setzt die Bahn an der richtigen Stelle an. Die Investitionsoffensive ist wichtig und richtig.“ Dann ließ er kleine Spitze folgen. Die Offensive sei „auch auf Druck des Ministeriums“ zustande gekommen.