Hamburg. Der umstrittene Buchungsservice bietet Mietwagenfahrten mit Fahrer an – bis zu 30 Prozent billiger als ein Taxi.
Gut 200 Sammeltaxis der Fahrdienste Moia und Clevershuttle sind bereits unterwegs auf Hamburgs Straßen. Nun drängt der nächste große Anbieter auf den Markt. Der umstrittene Fahrdienstvermittler Uber startet heute seine Buchungs-App in Hamburg und Umgebung. Die Taxibranche sieht in Uber den wohl gefährlichsten unter ihren neuen Rivalen. Denn der US-Konzern vermittelt Mietwagenfahrten mit Fahrer von Haustür zu Haustür. Es sind Fahrten, die sich kaum von denen in einem Taxi unterscheiden. Aber sie seien teils deutlich günstiger als ein Taxi, verspricht Uber.
Uber in Hamburg – das Video
10 bis 30 Prozent Preisvorteil
„Zwischen zehn und 30 Prozent“, sagte Uber-Deutschland-Chef Christoph Weigler dem Abendblatt kurz vor dem Start des Unternehmens in der nach Berlin, München, Frankfurt/Main, Düsseldorf und Köln sechsten deutschen Großstadt. Erreicht werden könne das durch eine höhere Auslastung der Mietwagen. „Taxis befördern nur in 25 bis 30 Prozent ihrer Einsatzzeit tatsächlich Passagiere. Bei uns liegt die Auslastung bei mehr als 50 Prozent.“
In Hamburg lassen sich über die Uber-App zwei Services ordern: UberTaxi ist ein Buchungssystem für ganz normale Taxifahrten zum üblichen, von der Stadt festgelegten, Tarif. Die in Hamburg entwickelte Buchungs-App myTaxi, die neuerdings Free Now heißt, tut das bereits seit zehn Jahren. Nach Angaben des Unternehmens lassen sich mittlerweile etwa 1800 der mehr als 3200 in Hamburg registrierten Taxen Fahrten von dieser App vermitteln und zahlen dafür eine Provision.
Uber vermittelt auch normale Taxifahrten
Weigler ist optimistisch, dass auch Uber in der Hansestadt mehr und mehr Taxi-Unternehmer für sich gewinnen wird. „Wir reden schon länger sehr intensiv mit ihnen und wissen: Etwa ein Drittel sieht eine App-basierte Vermittlung grundsätzlich skeptisch, ein Drittel sieht darin eine Chance, die Auslastung der Wagen zu erhöhen, ein Drittel liegt irgendwo dazwischen.“
Weithin geschlossen dagegen sind die Reihen der Taxibranche in der Ablehnung der von Uber vermittelten Mietwagenfahrten. Die bietet das Unternehmen in Hamburg von heute an in zwei Varianten namens UberX und UberGreen an. „Bei UberX besteht mehr als die Hälfte der Flotte aus Fahrzeugen mit Elektro- oder Hybridantrieb, bei UberGreen fährt die gesamte Flotte lokal emissionsfrei. Der Preis ist der gleiche“, sagte Weigler.
Eingesetzt werden überwiegend Mittelklassewagen, der Preis werde sofort bei der Buchung angezeigt und bleibe unverändert. Anders als bei Moia und Clevershuttle gibt es keine Stopps und keine Umwege, um andere Passagiere aufzunehmen. Anders als Moia und Clevershuttle betreibt Uber aber auch keine eigene Flotte mit festangestellten Fahrern, sondern gibt die Aufträge an selbstständige Mietwagenanbieter weiter.
Bei Zahlen ist der Konzern schweigsam
Viel mehr mag das Unternehmen nicht preisgeben über seinen Einstieg in den Hamburger Mobilitätsmarkt. Wie viele Taxis haben sich der App schon angeschlossen? Wie viele Mietwagen kann Uber vermitteln? Mit wie vielen Anbietern arbeitet man dabei zusammen? „Wir kommunizieren diese Zahlen nicht, weil wir nicht abschätzen können, wie groß die Nachfrage sein wird“, so Weigler.
Auch darauf, wie lange ein Kunde nach der Buchung auf den Mietwagen wird warten müssen, mag er sich nicht festlegen: „In Berlin sind es bei UberX durchschnittlich weniger als fünf Minuten. In Hamburg wird es an der Binnenalster sicher schneller gehen, als in den Stadtteilen weiter draußen.“ Genutzt werden kann der Buchungsservice den Plänen zufolge eines Tages weit über die Stadt hinaus. Dass schon in der Startphase ländliche Gebiete bedient werden können, ist aber zweifelhaft.
In der Parkbucht auf Fahrgäste warten ist verboten
Klar dagegen ist: Die Mietwagenfirmen genießen größere unternehmerische Freiheiten als ein Taxi-Unternehmen. Der Preis ist nicht staatlich festgelegt, sondern im Prinzip frei verhandelbar – und bei Nachfragespitzen wie in einer Silvesternacht auch höher als sonst, räumt Uber ein. Die Firmen haben keine Beförderungspflicht, die Fahrer benötigen zwar einen Personenbeförderungsschein, müssen aber nicht – wie ein Taxifahrer – ortskundig sein.
Einzige Einschränkung; Mietwagen müssen laut Gesetz nach jeder Fahrt an den Betriebssitz zurückkehren, dürfen also nicht wie ein Taxi am Straßenrand auf den nächsten Fahrgast warten. Allerdings gibt es dabei eine für die Praxis bedeutsame Ausnahme: Erreicht den Fahrer während der Rückfahrt der nächste Auftrag, darf er den Passagier doch direkt ansteuern.
Umstrittener Mietwagenanbieter fährt auch in Hamburg
Mit der sogenannten Rückkehrpflicht aber nehmen es offenbar nicht alle mit Uber verbandelten Mietwagenunternehmen sehr genau. Darauf jedenfalls deuten die Erkenntnisse von Taxenverbänden in den deutschen Städten hin, in denen die Vermittlungs-App schon länger freigeschaltet ist.
In Düsseldorf und Köln steht dabei insbesondere eine Unternehmensgruppe im Fokus der Aufsichtsbehörden, die seit Jahresbeginn auch in Hamburg präsent ist. Und Mietwagenlenker für Fahrten sucht, die über die Uber-App gebucht werden. Weigler betont: „Uber verpflichtet die Partnerfirmen zur Einhaltung aller Vorschriften. Wenn das nicht geschieht, ziehen wir Konsequenzen – und haben das auch schon getan.“
Seitdem Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) vorgeschlagen hat, eben diese Rückkehrpflicht abzuschaffen, sind die Existenzängste vieler Taxiunternehmer noch gewachsen. Seit dem Frühjahr organisiert die Branche Protestdemos in deutschen Städten. In Hamburg schon im April. Clemens Grün, der Vorsitzende des Hamburger Taxenverbandes, warnte kürzlich gegenüber dem Abendblatt mit Blick auf die wachsende Konkurrenz durch die neuen Fahrdienste und Vermittler „Am Ende bleiben von den 3200 Taxis in Hamburg vielleicht nur 1500 bis 1600 übrig.“
Das Image des Unternehmens ist heftig ramponiert
Christoph Weigler hingegen betont: „Uber möchte ein Baustein sein, um die Städte von Individualverkehr zu entlasten. Gemeinsam mit dem Öffentlichen Nahverkehr, mit Taxis, Anbietern wie Moia und Clevershuttle, mit Car- und Bike-Sharing-Unternehmen.“ Deutschland-Chef von Uber ist der 36-Jährige seit Mitte 2017. Und seitdem bemüht, das heftig ramponierte Image seines Arbeitgebers zu verbessern.
Gelitten hat es vor allem darunter, dass hemdsärmelige Manager durchzusetzen versuchten, dass auch in Deutschland Fahrer in ihren Privatautos von Uber vermittelte Passagiere transportieren dürfen. Gestoppt wurden sie erst durch Gerichtsurteile. Weigler betont nun stets, Uber habe gelernt, dass es besser sei, im Rahmen der bestehenden Vorschriften zu handeln.
Noch im Juli startet der nächste Konkurrent
Bislang allerdings deutet nichts darauf hin, dass diese Botschaft die um ihre Existenz fürchtende Taxibranche beruhigt. Und der nächste neue Konkurrent ist bereits in Sicht: Free Now, der gemeinsame Mobilitätsdienst der Autokonzerne Daimler und BMW, hat unlängst angekündigt, er werde ebenfalls in Hamburg Mietwagenfahrten vermitteln. Das Pilotprojekt mit etwa 100 Autos soll noch im Juli starten.