Hamburg. Laut einer Umfrage gibt es unter den Firmen für die Zukunft mehr Pessimisten als Optimisten. Christi Degen ist alarmiert.

Die USA liefern sich seit Monaten mit China und Europa einen Handelsstreit. Die Briten stecken im Brexit-Chaos. Für die Weltwirtschaft sind wichtige Rahmenbedingungen derzeit nur schwer planbar. Dies spürten zunächst deutsche DAX-Unternehmen. Der Chemiekonzern BASF und der Autobauer Daimler kassierten in der vergangenen Woche ihre Gewinnprognosen – nun spüren auch Hamburger Firmen eine schlechtere Lage ihrer Geschäfte.

In der Hansestadt scheine die lange Phase der Hochkonjunktur vorüber zu sein, lautet das Fazit der Handelskammer Hamburg unter Berufung auf die Konjunkturumfrage bei Mitgliedsunternehmen. Die Wirtschaft an der Elbe folge dem bundesweiten Trend. Der Geschäftsklimaindikator für die Hamburger Wirtschaft sank am Ende des zweiten Quartals auf 106,3 Punkte. Das waren satte 7,6 Punkte weniger als drei Monate zuvor. Der Wert entspreche in etwa dem Durchschnittswert für die vergangenen Jahrzehnte.

Jeder Achte hält aktuelle Geschäftslage für schlecht

Die aktuelle Geschäftslage stufen 55,2 Prozent der Firmen mit „befriedigend/saison-üblich“ ein. Etwa jede Dritte bewertet die Geschäftslage als „gut“, jede Achte als „schlecht“. Der Saldo daraus ist zwar immer noch klar positiv – aber für die künftige Entwicklung überwiegt der Pessimismus.

Die scheidende Hauptgeschäftsführerin Christi Degen nennt die Angaben zu den Geschäftserwartungen „besonders dramatisch“. Sechs von zehn Befragten rechnet damit, dass die eigene Geschäftslage in den kommenden zwölf Monaten in etwa so wie gegenwärtig sein wird. Eine „eher günstigere“ Entwicklung erwarten 17 Prozent, eine „eher ungünstigere“ Geschäftslage 22,6 Prozent. „Hier überwiegen seit sechs Jahren zum ersten Mal wieder die pessimistischen Stimmen“, sagt Degen: „Das ist eine besorgniserregende Entwicklung für die Hamburger Wirtschaft.“

HWWI-Chef Vöpel sieht keine Krise

Den Ball eher flach hält Ökonom Henning Vöpel. „Ich sehe die Konjunktur nicht so pessimistisch“, sagte der Direktor des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts (HWWI) dem Abendblatt. „Nach zehn Jahren Hochkonjunktur haben wir kaum noch Spielraum nach oben. Ich erwarte keine Krise, aber eine zyklische Abschwächung der Konjunktur.“

Besonders groß ist der Pessimismus laut Umfrage im Groß- und Außenhandel, in der Gastronomie und im Bau- und Verkehrsgewerbe – vor allem letzterer Sektor überrascht angesichts der Baustellenflut auf Straßen und Grundstücken. Vöpels Erklärung: „Auf einem sehr hohen Niveau können die Aussichten kaum noch besser sein.“ So leide der Bereich vermutlich unter dem Fachkräftemangel.

Laut Umfrage – die Handelskammer befragt vierteljährlich rund 1100 Firmen, die Rücklaufquote liegt bei 60 Prozent – ist dieser das größte Risiko für die Entwicklung des eigenen Betriebs. Als zweite große Gefahrenquelle sehen 43,2 Prozent die ungünstigen wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen wie steigende rechtliche Pflichten, Überregulierungen und Steuerbelastungen. Am dritthäufigsten wird eine unter Umständen sinkenden Inlandsnachfrage (41,3 Prozent) genannt.

Auf dem Arbeitsmarkt dürfte die sich abkühlende Konjunktur noch keine großen Spuren hinterlassen: In den nächsten zwölf Monaten wollen sieben von zehn Unternehmen die Mitarbeiterzahl konstant halten. 18,8 Prozent wollen das Personal in Hamburg aufstocken, 11,3 Prozent planen eine Reduzierung.