Berlin. Der Discounter führt ein neues Treueprogramm ein, das die Vorlieben der Kunden auswertet. Verbraucherschützer üben Kritik.

Bisher sind die Preise in hiesigen Geschäften für alle Kunden gleich. Einzelhandelskonzerne schaffen nun aber die Voraussetzungen für individualisierte Rabatte, die Produkte für einzelne Konsumenten im Laden billiger machen können.

Ab diesem Donnerstag bietet die Discountkette Lidl ihre neue App mit dem Namen Lidl Plus an, die individualisierte Angebote grundsätzlich ermöglicht. Testweise wird die Smartphone-App am Donnerstag zunächst für die 250 Lidl-Filialen in Berlin und Brandenburg freigeschaltet. Im Jahr 2020 soll sie dann bundesweit verfügbar sein. Die Scanner in den Filialen gibt es schon.

Die neue digitale Lidl-Kundenkarte verknüpft den individuellen Einkauf mit Rabatten und Werbung. „Jede Woche gibt es für die Lidl-Plus-Nutzer neue digitale Rabattcoupons für ausgesuchte Produkte direkt auf das Smartphone“, erklärt das Unternehmen. Der Rabatt werde beim Scan der digitalen Kundenkarte an der Kasse automatisch abgezogen.

Lidl kann einzelnen Kunden gezielt Angebote schicken

Nicht nur bei Lidl werden Preisabzüge gewährt. Diese Vorteile gelten auch für die Leistungen einiger Partnerfirmen, wie etwa Flixbus. Technisch stellt der QR-Code auf dem Smartphone die Verbindung zum gerade getätigten Einkauf her. Die Kunden können künftig auf ihren Taschencomputer jederzeit nachschauen, was sie wann und wo bei Lidl zu welchem Preis erworben haben.

Die Vorteile für den Discounter sind groß: Lidl kann einzelnen Kunden gezielte Angebote schicken, um den Umsatz zu erhöhen. Außerdem werden die Einkäufe im stationären Geschäft im Gegensatz zu heute durchschaubar. Denn die Firma erfährt die Vorlieben und Bedürfnisse der Konsumenten. Auf dieser Basis sind grundsätzlich personengenaue Rabatte und auch spezielle Preisgestaltungen möglich.

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    Dazu erklärt Lidl: „Alle Kunden, die Lidl Plus nutzen, erhalten dieselben Coupons und Vergünstigungen. Bis auf Weiteres planen wir keine individualisierten Angebote auf der Basis von Kundendaten.“

    Kirsti Dautzenberg von der Verbraucherzentrale Brandenburg hält individualisierte Preise, die auf bestimmte Menschen und ihr Einkaufsverhalten abgestimmt sind, für „problematisch“.

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    Bisher seien sie im Handel „noch nicht wirklich angekommen“. Studien zufolge würden Verbraucher sie als „ungerecht“ empfinden. Stefan Brink ist Datenschutzbeauftragter des Landes Baden-Württemberg und für Lidl zuständig, weil die Zentrale von Lidl in Neckarsulm nördlich von Stuttgart steht.

    Brink sagt, man führe „regelmäßige Gespräche“ mit Lidl. Die neue App, vor allem die Einwilligungserklärung, werde man „sich genau anschauen“. Laut Datenschutzgrundverordnung dürfen Unternehmen die Informationen von Kunden nur verwenden und verarbeiten, wenn diese ausdrücklich zugestimmt haben.

    Erfahrungen in Österreich und Polen

    Lidl verteidigt das Vorgehen: „Wir klären unsere Kunden in den Teilnahmebedingungen und der Nutzungserklärung sehr genau und transparent darüber auf, welche Daten für die Nutzung der App erforderlich sind und was mit ihren Daten geschieht.“ Potenziell schwierig findet es Stefan Brink, dass möglicherweise besonders geschützte Daten in die Computer des Einzelhändlers geraten könnten.

    Denn das individuelle Einkaufsverhalten könne Rückschlüsse beispielsweise auf Allergien zulassen. Der Umfang der Datenverwendung sei dabei im Vergleich zu anderen großen Einzelhändlern neu. Als weiteren Schritt zum „gläsernen Kunden“ beschreibt Brink die Kombination aus Informationsmenge, exakter Lokalisierung der Konsumenten im Geschäft, persönlichen Angeboten und möglicherweise individualisierten Preisen. Ein solches Smartphone-Programm verwende Lidl als „erster der großen stationären Anbieter“.

    Außerhalb der Bundesrepublik hat der Discounter bereits Erfahrungen mit dem Programm in Dänemark, Österreich, Polen und Teilen Spaniens gesammelt. Andere Einzelhandelsunternehmen wie Edeka, Rewe oder Ikea bieten vergleichbare Kundenkarten oder Smartphone-Anwendungen an, die nach Brinks Einschätzung aber noch nicht so weit entwickelt sind. Online-Händlern wie Amazon fällt die Datensammlung und ihre Verwendung leichter als den stationären Händlern. Beim Erwerb im Internet schwanken die Preise mitunter in Abhängigkeit von der Tageszeit oder der Nachfrage.

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