Hamburg. Idee kommt aus den USA und hat sich in Hamburg etabliert. Die Macher sind für den Hafengeburtstag gebucht.

Soll es Schokolade und Erdbeere sein, Vanille, Mango oder doch lieber Salzkaramell? Wer schon in einer normalen Eisdiele Entscheidungsschwierigkeiten hat, war noch nicht bei Schlecks. In dem Laden in Ottensen wählt man nicht nur Eissorten aus, sondern auch aus hundert Zutaten. Vanilleeis mit frischen Erdbeeren, weißer Crispsschokolade und gebrannten Mandeln, Schokoeis mit Brownie und Erdnussbutter, Erdbeereis mit Wackelpudding und Ahoi-Brausepulver - alles ist erlaubt.

„Bei uns kreiert jeder seine eigene Eissorte“, sagt Thomas Noack, der das Schlecks gemeinsam mit Pia Schatkowski betreibt. Die Vielfalt ist riesig. Rechnerisch, das hat ein eisbegeisterter Matheprofessor ausgerechnet, soll es 600 Milliarden unterschiedliche Kombinationsmöglichkeiten geben.

Ein Osnabrücker holte die Eis-Idee nach Deutschland

In Hamburg ist das Schlecks der einzige Laden mit dem neuen Konzept, bei dem Eis und Zutaten auf einem kalten Granitstein gemischt und geformt werden. Der Trend kommt aus den USA. Ein Osnabrücker hat die Idee nach Deutschland geholt. „Ich bin leidenschaftlicher Eisfan“, sagt Florian Stisser, der sein erstes Cold-Stone-Eis bei einem Gastschulaufenthalt in Colorado probiert hat. Der Ergotherapeut borgte sich das Startkapital zusammen und eröffnete 2012 mit Freundin Claudia Wessendorf, einer Biologin, den ersten Schlecks in Osnabrück.

„Wir waren der neue verrückte Eisladen. Das hat sich schnell herumgesprochen“, sagt der Unternehmer. Anfangs gab es 15 Zutaten. Aber die Eismacher hatten nicht mit der Experimentierlust der Kunden gerechnet. Schon im ersten Sommer verkaufte das Duo 10.000 Liter Eiscreme – und bekam täglich neue Wünsche für weitere Zutaten. Bald kamen die ersten Anfragen nach Schlecks-Läden in anderen Städten. So entstand die Schlecks Franchise GmbH.

Bis zu sechs Mitarbeiter mischen die Eis-Kreationen

Auch Thomas Noack war bei seinen Besuchen sofort begeistert von dem individuellen Mischungsoptionen. 2017 brachten der Eventmanager und seine Lebensgefährtin Pia Schatkowski das Cold-Stone-Eis nach Hamburg. 100.000 Euro haben das Paar investiert, allein je 6000 Euro für die beiden Steinplatten mit Kühltechnik. In dritter Saison stehen sie inzwischen jeden Tag in dem kleinen Eckladen an der Fischers Allee.

Bis zu sechs Schlecks-Mitarbeiter mischen auch die abgefahrensten Eisträume frisch auf den minus 15 Grad kalten Steinen. In der Theke stehen Streusel und Saucen, frische Früchte, diverse Schokoladen, roher Keksteig, frischer Käsekuchen, Salzbrezeln, Kinderschokolade, und natürlich Klassiker wie Nutella und Erdnussbutter. Überforderung bei der Auswahl gehört zum Konzept.

Ein Eis besteht aus vier bis fünf Komponenten

Basis ist ein Waffelbecher, der mit Schokolade und Streuseln der Wahl ausgestrichen wird. Die Kunden suchen dann aus sechs Basiseis- und einer wechselnden Monatssorte aus, die aus einer großen Eisproduktion in der Nähe von Osnabrück kommen. Schoko und Vanille gibt es auch als vegane Variante. Pia Schatkowski mischt gerade mit schnellen Handbewegungen mit zwei Speziallöffeln in der Schlecks-Technik Mango- und Vanilleeis mit Baiser. „Willst du noch eine Sauce“, fragt sie einen Mann vor dem Tresen. Geschickt hat sie ihn durch seine Auswahl begleitet. Vier bis fünf Komponenten sind der Standard. Streusel obendrauf?

„Beratung ist bei uns sehr wichtig“, sagt die 26-Jährige, die auch aus dem Eventmanagement kommt. Schließlich geht es um die Zutaten für die persönliche Lieblingseiskugel. Manchmal müsse man die Kunden auch bremsen. Viel ist manchmal eben auch zu viel. Für alle, die sich die Entscheidung lieber abnehmen lassen, gibt es Hausbecher mit erprobten Geschmackszusammenstellungen.

Echte Kalorienbomben für vier bis fünf Euro

Inzwischen ist Schlecks kein Geheimtipp mehr. An Wochenenden mit blauem Himmel und viel Sonnenschein reicht die Schlange schon mal bis zur nächsten Straßenecke. Gleich zwei Mal war der Laden im Sommer 2018 zur besten Eisdiele gekürt worden. „Wir haben viele Stammkunden“, sagt der 38-Jährige Noack. Er nennt sie „Schlecksperten“. Wer kommt, hat sich das meistens vorgenommen. Denn ein Eis von Schlecks ist etwas anderes als die übliche Kugel im Hörnchen, die man beim Spazierengehen schleckt. Die Becher sind echte Kalorienbomben und mit Durchschnittspreisen zwischen vier und fünf Euro mit einem Eisbecher im Eissalon vergleichbar. Kinderbecher gibt es ab 2,10 Euro.

Das Geschäft läuft. „Wir verzeichnen trotz der eher versteckten Lage ein kontinuierliches Wachstum“, sagt Thomas Noack. Allerdings, betont er, reich könne man mit dem Eisangebot wegen des hohen Personalaufwands nicht werden. Im Hamburger Team sind inzwischen 15 Leute, die meisten als Mini-Jobber. Seit diesem Jahr gibt es einen mobilen Cold Stone, mit dem die Schlecks-Crew auch bei Veranstaltungen und Feiern Eis mischen kann. „Den haben wir in der Winterpause selbst entwickelt und gebaut“, sagt der Hamburger. Die ersten Aufträge sind da, unter anderem ist Schlecks für den Hafengeburtstag gebucht.

Wachstum an neuen Standorten geplant

Insgesamt arbeiten an den vier Schlecks-Standorten in Osnabrück, Münster, Bassum und Hamburg etwa 100 Beschäftigte. Im letzten Jahr haben sie zusammen 56.000 Liter Eis verkauft. Umsatzzahlen nennt Geschäftsführer Spisser nicht. Nur soviel: „Wir planen in den nächsten Jahren einen Partnerzuwachs von ein bis drei neuen Standorten.“ Für 2019 liege der Fokus auf dem Ausbau von mobilen Schlecks-Varianten sowie auf der Erweiterung des Sortiments von veganen Produkten.

In Hamburg gibt es 200 Eisdielen

Die Lust auf Eis ist bei den Deutschen traditionell groß. Der Pro-Kopf-Verbrauch pendelt bei knapp acht Liter im Jahr. Dabei wird das meiste Speiseeis von Discountern verkauft. Dazu gibt es etwa 5500 Eiscafés zwischen Flensburg und Füssen, von denen etwa ein Drittel eine eigene Produktion hat. In Hamburg gibt es Angaben der Handelskammer zufolge etwa 200 Eisdielen, statistisch sind das knapp zwei pro Stadtteil. Dabei haben vor allen kreative Manufakturen großen Zulauf, wie die Eisliebe oder die Eisprinzessinnen in Ottensen, die regelmäßig vorn in den Rankings liegen, oder auch das von Schwimmstar Markus Deibler mitbegründete Luicella’s, das gerade im Grindelviertel und in Lübeck neue Filialen eröffnet hat. Auch der Verband der italienischen Speiseeishersteller, Uniteis, setzt auf Innovation – und präsentiert 2019 Bienenstich als Eis des Jahres.

Eis mit Brownie, Happy Hippo und Schokokuss

Mag man eigentlich selbst noch Eiscreme, wenn man den ganzen Tag Eis für andere macht? Die beiden Hamburger Schlicks-Macher nicken energisch. Thomas Noack liebt die süß-salzigen Kombinationen mit Vanilleeis, Erdnussbutter und Salzbrezeln. Pia Schatkowski kann es nicht schokoladig genug sein – mit Schokoeis, Brownie, Happy Hippo, Schokokuss und obendrauf Erdbeeren. Damit es nicht langweilig ist, wird manchmal auch getauscht.