Hamburg. In Altona will die Supermarktkette ihr Angebot ausbauen. Außerdem lässt sich Edeka eine Hintertür zum Fernsehturm offen.

Edeka will Biomärkten stärker Konkurrenz machen. Deutschlands größter Lebensmittelhändler eröffnet in Hamburg den bundesweit ersten Biofachmarkt. Unter dem Namen „Naturkind“ will das Unternehmen vom Spätsommer an ausschließlich ökologisch produzierte Lebensmittel anbieten.

Das sagte Markus Mosa, Vorstandsvorsitzender der Edeka AG, bei der Vorstellung der Geschäftszahlen für 2018. Eine Ladenfläche am ehemaligen Güterbahnhof Altona, der heutigen Neuen Mitte Altona, ist seinen Angaben zufolge bereits gefunden. Betreiber des neuen Biomarkts ist ein selbstständiger Edeka-Kaufmann.

Edeka will mit "Naturkind" ins Biogeschäft einsteigen

Im März war durchgesickert, dass die Supermarktkette mit eigenen Läden in das wachsende Biosegment einsteigen will. Dafür hatte sich das Unternehmen, die frühere Tengelmann-Marke Naturkind schützen lassen. Die Leitfarbe ist Grün. Die ersten Entwürfe für die Gestaltung liegen vor. Angeboten werden nicht die Bioeigenmarken von Edeka, sondern Produkte bekannter Biomarkenhersteller. Es sei aber denkbar, dass eine Naturkind-Marke entwickelt werde.

Ob und wie schnell es weitere Naturkind-Biomärkte geben soll, ließ Mosa offen. Auch zu der Investitionssumme gab es keine Angaben. Geplant sind nach Informationen der „Lebensmittelzeitung“ auch Shop-in-Shop-Lösungen in Edeka-Filialen. Neben Edeka Nord seien zwei weitere Regionen an dem Konzept interessiert, sagte Mosa. „Wir sind meistens beim Start ziemlich langsam, aber dann schwer zu stoppen.“

Edeka und Budnikowsky wollen gemeinsam expandieren

Eine ähnliche Wachstumsstrategie verfolgt das Unternehmen, das wegen seiner Marktstellung kartellrechtlich kaum Spielraum für Zukäufe hat, beim Zusammenschluss mit der Hamburger Drogeriekette Budnikowsky. Seit 2018 haben die Partner Einkauf, Logistik und Marketing in einem Gemeinschaftsunternehmen gebündelt, um Konkurrenten wie Rossmann und dm Paroli zu bieten. Später als zunächst angekündigt hatte Edeka im Zuge der bundesweiten Expansionsstrategie Anfang 2019 den ersten Budni-Markt in Bremerhaven eröffnet. Ein weiterer wurde gerade in Bamberg eröffnet. „Wir sind zufrieden mit der bisherigen Entwicklung“, sagte Mosa.

Bis Jahresende seien 15 Neueröffnungen vor allem im Süden Deutschlands geplant. Mittelfristig hält er 50 neue Edeka-Budnis im Jahr für realistisch. „Wenn die ersten Märkte gut anlaufen, wird es beim Rollout kein Pro­blem geben.“ Das Engagement sei langfristig geplant, so der Vorstandschef. Edeka hat einen einstelligen Millionenbetrag in das Projekt investiert.

Edeka ist auch im vergangenen Jahr gewachsen

Der Lebensmittelhändler mit bundesweit 11.300 Märkten und 376.000 Mitarbeitern kann auch für 2018 ein Wachstum verbuchen. Der Umsatz erhöhte sich um 3,2 Prozent auf 53,6 Milliarden Euro, lag aber etwas unter dem Plus von 5,4 Prozent des Vorjahres. Motor seien die selbstständigen Unternehmer unter dem Edeka-Dach gewesen, deren Umsätze mit 27,6 Milliarden Euro um 4,9 Prozent über dem Vorjahr lagen.

In einem wachsenden Gesamtmarkt hat Edeka seine Anteile ausgebaut. Sie legten nach einer GfK-Analyse um 0,4 Punkte auf 20,4 Prozent zu. Auch die Discount-Tochter Netto behauptete sich mit 7,9 Prozent Marktanteil.

Edeka wehrt sich gegen Heinz-Ketchup-Preiswucher

Entsprechend selbstbewusst zeigte sich der Vorstandschef, wie gewohnt in schwarzem Anzug, weißem Hemd, blauem Schlips und kastigem Brillengestell. Für die Präsentation der Geschäftszahlen hatte der 51-Jährige, der seit elf Jahren an der Spitze des Verbunds steht, die sogenannte Ideenwerkstatt in der Konzernzentrale in der City Nord gewählt. Dort stehen in den Regalen um den großen Konferenztisch nachhaltige Produkte, die mit der Umweltschutzorganisation WWF entwickelt wurden.

Gegenüber sind Erbsen-Basilikum-Aufstrich, Bambuswattestäbchen und Bioananas in Dosen platziert, die über die Start-up-Plattform Foodstarter an Edeka-Kaufleute vertrieben werden. An einer Säule stehen zwei Displays mit Ketchup und Saucen von Papa Joe’s. Mit dieser neuen Eigenmarke reagiert Edeka auf einen Lieferstopp des Ketchup-Herstellers Kraft Heinz. Der Grund: Edeka hatte eine Preiserhöhung im zweistelligen Prozentbereich nicht akzeptiert. „Wir wehren uns aus Überzeugung“, erklärte Mosa das Kräftemessen.

Die Alternative zu der bislang allgegenwärtigen Ketchup-Marke werde aktuell ausgeliefert. Die bestellten Mengen seien größer als erwartet. „Ich wüsste nicht, wie Heinz wieder ins Regal zurückkommt.“

Fernsehturm: Edeka lässt sich Hintertür offen

Edeka macht zwei Drittel des Geschäfts mit Markenartikeln. Allerdings wachsen laut Mosa im Vergleich die Umsätze mit Eigenmarken-Produkten – auch unter dem steigendem Preisdruck der Discounter – inzwischen stärker. „Wir müssen intelligent reagieren“, sagte Mosa mit Blick auf die Entwicklung.

Dass das nicht nur neue Produkte, Marken und Ladenkonzepte betrifft, hat sich gerade gezeigt. Edeka hatte sich mit den Gastronomen Tim Mälzer und Philipp Rüther um den Betrieb des Hamburger Fernsehturms beworben, war aber wegen „unzumutbarer Rahmenbedingungen“ aus dem Projekt ausgestiegen.

Die Herausforderung seien die vielen unterschiedlichen Interessen der Beteiligten gewesen, so Mosa. Das habe von der Höhe der Investitionen über die Pacht-Laufzeiten, Zugangsmöglichkeiten und Einschränkungen während des Messebetriebs gereicht. „Für uns ist das Thema nach heutigem Stand erst mal erledigt“, so Mosa. Eine kleine Hintertür lässt er sich allerdings offen. Wenn die strittigen Themen anders ausgestaltet würden, könne er sich eine Rückkehr an den Verhandlungstisch vorstellen.