Hamburg. Hans-Georg Frey legt seine letzte Bilanz für den Konzern vor. Umsatz und Gewinn steigen. Doch es wird schwieriger.

Hans-Georg Frey mag den direkten, den persönlichen Kontakt mit seinen Gesprächspartnern. Auge in Auge oder am Telefon, das macht keinen großen Unterschied. Direkt in eine auf ihn gerichtete Kamera zu sprechen, liegt ihm nicht so sehr. Das war am Mittwoch gut zu beobachten, als der Vorstandschef des Hamburger Gabelstaplerbauers und Logistiksystemanbieters Jungheinrich sowie sein Finanzvorstand Volker Hues die Unternehmensbilanz 2018 vorstellten.

In einer sogenannten virtuellen Pressekonferenz, live ins Internet übertragen aus dem 49. Stock des Commerzbank-Hochhauses im Frankfurter Bankenviertel. Wohin gucken, was tun mit den Händen, wenn man im Bild ist, aber gerade nicht spricht? Der sonst so selbstsichere Konzernlenker wirkte plötzlich etwas irritiert. Die Kamera war dann gnädig und fokussierte auf den vortragenden Finanzexperten.

Es war Freys mittlerweile 13. Jungheinrich-Bilanz – und es war seine dritte virtuelle. Das ist einfach effizienter. Das Management hat an solchen Tagen ohnehin Termine in der deutschen Bankenmetropole. Früher brach man nach der Präsentation in Hamburg stets schnell Richtung Flughafen auf.

Seit zwölf Jahren an der Spitze des Konzerns

Für Frey war es zugleich die letzte Konzernbilanz. Seit gut zwölf Jahren lenkt der studierte Jurist mit zweitem Staatsexamen und steiler Karriere in der Maschinenbaubranche die Geschicke des Industriekonzerns von der Wandsbeker Unternehmenszentrale aus. In wenigen Monaten wird Frey seinen Chefsessel räumen und an die Spitze des Aufsichtsrats wechseln. Irgendwann im Sommer. Den genauen Termin wird er bei der Hauptversammlung Ende April bekanntgeben.

Den Vorstandsvorsitz übergibt Frey – das ist schon seit dem Sommer 2018 klar – an Lars Brzoska. Der Mittvierziger war bei Jungheinrich erst Vertriebsvorstand, jetzt verantwortet er das Technikressort. Frey nennt ihn einen „Topnachfolger“. „Wir arbeiten seit fast fünf Jahren eng zusammen, und es ist eine große Freude.“

Umsatz steigt regelmäßig um mehr als zehn Prozent

Brzoska übernimmt ein grundsolides Unternehmen: In der Ära Frey wuchs der Jahresumsatz des Konzerns von zwei Milliarden auf zuletzt 3,8 Milliarden Euro. Seit der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise 2009, als die Erlöse der Hamburger um mehr als 20 Prozent einbrachen, Jungheinrich in die Verlustzone rutschte und Hunderte Arbeitsplätze abbauen musste, sind die wesentlichen Kennzahlen wie Auftragseingang, Produktion, Umsatz und Gewinn regelmäßig aufs Jahr gesehen im zweistelligen Prozentbereich gewachsen.

Im vergangenen Jahr produzierte Jungheinrich erstmals mehr als 121.000 Fahrzeuge und verbuchte mit einem Anstieg des operativen Gewinns (Ebit) um sechs Prozent auf 275 Millionen Euro einen Rekordwert. Der Überschuss schrumpfte allerdings um drei Prozent auf 176 Millionen Euro. „Die Steuerquote war höher als im Vorjahr“ erläuterte Finanzvorstand Hues. Dennoch soll die Dividende unverändert bleiben: 48 Cent je Stammaktie. Die stimmberechtigten Unternehmensanteile werden von den Familien der beiden Töchter von Gründer Friedrich Jungheinrich gehalten. Die Inhaber von Vorzugsaktien sollen 50 Cent pro Anteil bekommen.

Automatisierte Warenlager sind die Zukunft

Ein Wermutstropfen: Die Zahl der produzierten Fahrzeuge stieg lediglich um ein Prozent. „Es gab Materialengpässe. Zum Jahresende konnten wir viele Fahrzeuge nicht ausliefern“, sagte Frey dem Abendblatt. Allerdings ist die Zahl der – zumeist in Europa – verkauften Stapler längst nicht mehr der allein entscheidende Faktor. Ein hoher Anteil des Umsatzes wird im Vermietgeschäft erzielt, das Geschäft mit Logistiksystemen, etwa hochautomatisierten Lagerhäusern, hat hohe Zuwachsraten. Frey hat die Intralogistik-Sparte stark forciert.

Für 2019 peilt Jungheinrich nun das zehnte Wachstumsjahr in Folge an. Der hohe Auftragsbestand und gute Geschäfte in den beiden ersten Monaten bilden eine gute Basis dafür. Allerdings werden die Wachstumsraten wohl geringer ausfallen als in der Vergangenheit. „Langfristig streben wir durchschnittlich sieben Prozent Wachstum an“, sagte Frey, und: „Wir wollen dauerhaft zu den Top drei der Branche weltweit gehören.“

Schon 2019 mehr als vier Milliarden Umsatz?

Der verhaltenere Ausblick schickte die Aktien am Morgen zunächst auf Talfahrt, im Laufe des Tages allerdings drehte das Papier wieder deutlich ins Plus. „Jungheinrich ist ein gutes Investment“, betonte Frey am Mittwoch gleich mehrfach. Allerdings ist der Kurs des im Index für kleinere Aktiengesellschaften SDAX notierten Konzerns von 41,60 Euro im Januar 2018 auf um die 28 Euro gefallen. „Langfristig betrachtet hat sich der Wert seit der Finanzkrise aber vervierfacht“, sagte der Vorstandschef.

Für 2019 erwartet er neue Aufträge im Wert von bis zu 4,2 Milliarden Euro, einen operativen Gewinn von 275 bis 295 Millionen Euro sowie 3,85 bis 4,05 Milliarden Euro Umsatz. Das Durchbrechen dieser Schallmauer hatte Frey ursprünglich erst für 2020 geplant.