Hamburg. Zum Abschied erhält Stefan F. Heidenreich eine Rekord-Vergütung für 2018. Sein Grundgehalt ist niedrig – die Boni sind es nicht.

„Wir sind hanseatische Kaufleute“, sagte Stefan F. Heidenreich, Beiersdorf-Chef bis Ende 2018, einst mit Blick auf die zurückhaltenden Umsatz- und Ertragsprognosen des Nivea-Herstellers. Doch diese Zahl hat mit hanseatischer Zurückhaltung wenig zu tun: Laut Geschäftsbericht erhält Heidenreich, der den Konzern seit dem 26. April 2012 leitete, für das Jahr 2018 eine Gesamtvergütung von 23,45 Millionen Euro. Zuerst berichtete die Online-Ausgabe des Wirtschaftsmagazins „Capital“ darüber. Wie aus dem Geschäftsbericht von Beiersdorf hervorgeht, erhielt der frühere Vorstandsvorsitzende eine Grundvergütung von 1,262 Millionen Euro. Den Großteil der Gesamtvergütung machen Auszahlungen von variablen Gehaltsbestandteilen aus, die über einen längeren Zeitraum angesammelt wurden.

„Bei Beiersdorf praktizieren wir ein an den langfristigen Unternehmenserfolg gekoppeltes Vergütungssystem“, sagte eine Firmensprecherin. Dabei trügen alle Vorstände das „unternehmerische Risiko“ mit: „Entwickelt sich das Unternehmen gut, zahlt es sich für die Vorstände aus, entwickelt es sich schlecht, wirkt es sich negativ aus.“ Heidenreich, der zum 31. Dezember 2018 im gegenseitigen Einvernehmen aus dem Vorstand ausgeschieden sei, erhalte die Festvergütung und den variablen Bonus bis zum Ende seines Anstellungsvertrags am 31. Dezember 2019.

Das bedeutet: Auch für das aktuelle Jahr bekommt der Ex-Chef noch einmal Geld. Dieser Betrag werde im nächsten Geschäftsbericht dann aber nicht mehr für Heidenreich separat ausgewiesen, sondern in einem Sammelposten für ehemalige Vorstandsmitglieder. Ohnehin dürfte es sich dann um eine sehr viel kleinere Zahl handeln. Denn: „Seinen langfristigen Bonus erhält er für die sieben Jahre bis zum Amtsende“, sagte die Firmensprecherin – also nicht noch einmal für 2019.

Heidenreich war schon beim Surfen spitze

Mit den knapp 23,5 Millionen Euro markiert Heidenreich nicht nur für Beiersdorf einen Rekord. Er hat tatsächlich gute Chancen, für 2018 an der Spitze aller 30 Vorstandschefs der im Deutschen Aktienindex (DAX) vertretenen Unternehmen zu stehen. Soweit bisher bekannt ist, kassiert Allianz-Chef Oliver Bäte etwas mehr als zehn Millionen Euro, gefolgt von SAP-Vorstandssprecher Bill McDermott mit etwa 9,8 Millionen Euro. VW-Lenker Herbert Diess erhält einschließlich aller Boni und Versorgungsansprüche 8,5 Millionen Euro, der Daimler-Vorsitzende Dieter Zetsche kommt auf knapp sechs Millionen Euro. Bisher fand sich Beiersdorf eher nicht auf den vorderen Plätzen der DAX-Managervergütungsrangliste; lange Zeit fanden sich die Hamburger nahe dem unteren Ende der Skala.

In Börsenkreisen hieß es dazu, Heidenreich habe aber „für Beiersdorf-Verhältnisse schon immer recht gut verdient“. Tatsächlich bekam sein Vorgänger Thomas-Bernd Quaas für 2011 gerade einmal 1,44 Millionen Euro. Heidenreich, der Ende der 1970er-Jahre Vize-Europameister auf dem Surfbrett war, später Rennen mit Geländemotorrädern fuhr und jüngst erfolgreich an Segelregatten teilnahm, erhielt für das Jahr 2012 bereits fast 2,6 Millionen Euro, obwohl er in den ersten knapp vier Monaten des Jahres zwar Mitglied, aber nicht Vorsitzender des Vorstands war. Für 2017 gab es 3,57 Millionen Euro.

Nach Darstellung des „Capital“-Berichts profitiert Heidenreich über die langfristigen Boni nun davon, dass er während seiner Amtszeit zwar die Gewinnmargen – an die sein Bonus gekoppelt gewesen sei – hochgefahren habe, dies aber mit dem „Verzicht auf Zukunftsinvestitionen“ erkauft habe. Sie seien zwischen 2014 und 2016 von 4,8 Prozent des Umsatzes auf einen „Tiefpunkt“ von 2,4 Prozent gesunken, schreibt das Magazin. Nun müsse Heidenreichs Nachfolger Stefan De Loecker nachlegen.

Auch Myanmar und Bangladesch erschließen

Das tat dieser am 27. Februar. In der Bilanzpressekonferenz erläuterte der neue Beiersdorf-Chef seine neue Strategie, die unter anderem vorsieht, die Digitalisierung weiter voranzutreiben und bisher gar nicht oder kaum erschlossene Wachstumsmärkte in Asien – wie etwa Myanmar oder Bangladesch –, aber auch in Afrika und Südamerika zu erschließen. Von sofort an will der Konzern jährlich 70 Millionen bis 80 Millionen Euro zusätzlich investieren, was in den nächsten Jahren zunächst einmal auf die Rendite drücken wird. Diese Nachrichten ließen die Aktie des Kosmetikkonzerns innerhalb eines einzigen Tages um fast zehn Prozent abstürzen.

Über die gesamte Amtszeit von Heidenreich war der Kurs von knapp 53 Euro auf gut 91 Euro gestiegen, womit das Papier besser abschnitt als der DAX im gleichen Zeitraum. Tatsächlich hat sich der Jahresüberschuss des einzigen Hamburger DAX-Unternehmens von 2011 bis 2018 von 259 Millionen auf 745 Millionen Euro verbessert, während der Umsatz um gut ein Viertel vorankam.

Heiko Feber, Branchenexperte beim Bankhaus Lampe, findet Heidenreichs Strategie keinesfalls verfehlt: „Der Ertrag ist nun einmal ein wichtiger Faktor. Nur den Umsatz zu steigern wäre sicher nicht hilfreich gewesen.“ Es komme hierbei immer darauf an, einen „gesunden Mittelweg“ zu finden. Nach Einschätzung des Analysten hat Heidenreich „einen guten Job gemacht, um die Beiersdorf-Kostenstruktur auf ein vernünftiges Niveau zu bringen“.

Allerdings hätten sich zuletzt die Bedingungen am Markt gewandelt. „Gerade in Asien wird die Digitalisierung für den Absatz immer wichtiger“, sagt Feber. „Die Menschen sind heute in bestimmten Produktsegmenten weniger markenbewusst als bisher.“ Die Folge: „Man muss stärker investieren, um die jüngeren Verbraucher anzusprechen.“