Hamburg . Der renommierte Herrenausstatter hat seinen Stammsitz seit 1845 an diesem Standort. Warum jetzt Schluss ist.

Das Einrichtungshaus Bornhold, der Modesalon Hoffmann, Steinbrück Pelze und das Wäschehaus Möhring haben eines gemeinsam. Diese traditionsreichen inhabergeführten Geschäfte haben den Neuen Wall in den vergangenen Jahren verlassen. Wenn Flächen frei werden, ziehen auf der Nobeleinkaufsmeile meist Ketten ein. Nun wird der nächste große alteingesessene Name vom Neuen Wall verschwinden: Die Rede ist von Ladage & Oelke.

Seit 1845 hat das auf englische Bekleidung spezialisierte Familienunternehmen an der Hausnummer 11 seinen Stammsitz. Ladage & Oelke ist einer der bekanntesten Herrenausstatter der Stadt und der Anlaufpunkt für anglophile Hanseaten.

Doch am 30. März nach 174 Jahren ist Schluss: „Der Standort hat sich in den letzten Jahren stark verändert. La­dage & Oelke ist am Neuen Wall mittlerweile eines der letzten inhabergeführten Geschäfte“, sagte Geschäftsführerin Selma Wegmann dem Abendblatt.

Wie es mit Ladage & Oelke nach dem Neuen Wall weitergeht

Die Urgroßnichte des Firmengründers Johann Oelke, führt das Geschäft mit 25 Mitarbeitern in der fünften Generation gemeinsam mit ihrem Ehemann Thomas. Der sagt: „Wir sind hier eigentlich nur noch von Filialisten umgeben. Das ist nicht mehr das passende Umfeld für unser Konzept, deshalb haben wir uns für einen Abschied vom Neuen Wall entschieden.“ In der Nachbarschaft des Traditionshauses befinden sich Modeketten wie Mango, Cos oder & Other Stories, die wenig mit dem gediegenen Herrenausstatter gemeinsam haben.

Die gute Nachricht: Ladage & Oelke wird in der Innenstadt bleiben. Zunächst wird übergangsweise ein Laden an den Großen Bleichen 34 mit rund 500 Qua­dratmetern Verkaufsfläche die neue Heimat. Die Eröffnung ist am 13. April geplant. Voraussichtlich im Frühjahr 2020 solle dann eine neue noch größere Fläche bezogen werden. Der Standort sei noch geheim, sagte Selma Wegmann.

"Ladage & Oelke bleibt Teil der Hamburger Innenstadt"

Nach Abendblatt-Informationen befindet dieser sich aber in der Nachbarschaft zum Neuen Wall: „Ladage & Oelke ist und bleibt Teil der Hamburger Innenstadt. Wir setzen auch weiterhin auf unser liebevoll ausgewähltes Sortiment englischer Bekleidung, aber erweitern unser Portfolio auch um weitere exklusive Marken, um uns neue Zielgruppen zu erschließen“, sagt Selma Wegmann. Thomas Wegmann ergänzt: „Wir setzen auf ein besonderes Einkaufserlebnis für unsere Kunden. Dazu gehört natürlich eine fachkundige Beratung, aber wir wollen auch Kooperationen mit Partnern eingehen, die ihre Produkte auf unserer Fläche präsentieren, die nichts mit Mode zu tun haben.“

Die Schaufensterfläche an den Großen Bleichen solle bereits für Inszenierungen genutzt werden, so Wegmann. Der neue Standort soll „Altes und Neues, Klassik und Moderne, miteinander verbinden“, kündigte Selma Wegmann an.

Bekanntestes Kleidungsstück: der Ladage-Dufflecoat

Wer den Laden am Neuen Wall betritt, der begibt sich auf eine Zeitreise. Schwere Holzdielen, Säulen und Kronleuchter prägen das Interieur. In den Holzregalen liegen sorgsam zusammengelegt Pullover aus Cashmere oder Lambswool. Wachsjacken, Tweedsakkos, edle Anzüge und Abendgarderobe gehören zum Angebot. Bekannt ist der La­dage-Dufflecoat. Diese robusten Mäntel aus Wolle oder Loden sind ein beliebtes Kleidungsstück der Hamburger Gesellschaft und werden extra für den Herrenausstatter hergestellt. Die hölzernen Knebelverschlüsse werden in Hamburg handgedrechselt.

Bereits im vergangenen Jahr gab es eine Veränderung: Die Damenabteilung wurde nach 24 Jahren aufgelöst und seitdem gibt es ausschließlich – wie in den Jahrzehnten vorher – Herrenbekleidung.

Der Nachmieter am Neuen Wall ist noch nicht bekannt

Bleibt die Frage, wer die Fläche am Neuen Wall 11 über zwei Ebenen mit rund 300 Quadratmeter Verkaufsfläche bezieht. Die Immobilie gehört den Nachfahren von Johann Oelke. Dem Vernehmen nach dürfte es bereits mehrere Interessenten geben. Denn der obere Teil der Einkaufsmeile gilt als Spitzenlage. Hier sollen auf den kleineren Flächen Mieten von bis zu 330 Euro pro Quadratmeter bezahlt werden.

Die Nachricht über die bevorstehende Schließung am Neuen Wall erreichte auch Citymanagerin Brigitte Engler: „Das Traditionsunternehmen gehört zu Hamburg und ist sehr wichtig für die Innenstadt. Deshalb sind wir froh, dass uns Ladage & Oelke erhalten bleibt.“ Für die Fläche könnte sich Brigitte Engler auch eine „gastronomische Nutzung“ vorstellen.

Ehemalige Möhring-Fläche bleibt problematisch

Unterdessen scheint die Sanierung der ehemaligen Fläche des Wäschehauses Möhring am Neuen Wall 25 eine Herausforderung für die Meag, Eigentümerin der Immobilie, zu sein. Bereits Mitte 2017 hatte Möhring das Geschäft nach fast 50 Jahren verlassen und war an den Großen Burstah gezogen. Danach wurde am Neuen Wall mit den Bauarbeiten begonnen, die bis heute nicht abgeschlossen sind. Bislang hat die Meag offiziell noch keinen neuen Mieter präsentiert. Aber es wäre keine Überraschung, wenn sich dort die nächste Kette niederlässt.