Hamburg. Bei anderen Anbietern können gesetzlich Krankenversicherte ihre Beiträge senken. Das Abendblatt sagt, was dabei wichtig ist.

Bei den Beiträgen zur gesetzlichen Krankenkasse werden viele Arbeitnehmer und Rentner seit Anfang des Jahres gleich doppelt entlastet. Die Arbeitnehmer oder die Rentenversicherung übernehmen die Hälfte des Zusatzbeitrages, gleichzeitig haben mehr als ein Drittel der Krankenkassen ihren Zusatzbeitrag, der bisher vom Arbeitnehmer allein übernommen werden musste, gesenkt; darunter sind auch Kassen in Hamburg.

Keine Senkung bei DAK und Barmer

So reduzierte die AOK Rheinland/Hamburg den Zusatzbeitrag um 0,30 Prozentpunkte auf 1,10 Prozent. Auch die Techniker Krankenkasse (TK) senkte um 0,20 Prozentpunkte auf nun 0,70 Prozent. Bei Barmer und DAK-Gesundheit reichte die Kassenlage aber offenbar nicht für eine Senkung aus. „Bei der Verteilung der Gelder aus dem Gesundheitsfonds gibt es strukturelle Verzerrungen, die uns benachteiligen“, sagte eine Sprecherin der DAK dem Abendblatt. Deshalb seien die Rücklagen der DAK deutlich geringer als bei Wettbewerbern. „Außerdem wollen wir weiter in hochwertige Leistungen für unsere Versicherten investieren“, sagte die Sprecherin.

Christoph Kranich, Verbraucherzentrale Hamburg.
Christoph Kranich, Verbraucherzentrale Hamburg. © Juergen Joost | Juergen Joost

Doch auch wer nicht von einem niedrigeren Zusatzbeitrag profitiert, kann seine Beiträge reduzieren: Durch einen Wechsel zu einer anderen Kasse sind Einsparungen von bis zu gut 300 Euro im Jahr möglich. Das zeigen Vergleichsrechnungen des Abendblatts. Längst nicht alle Versicherten schöpfen dieses Potenzial tatsächlich aus. „Würden alle gesetzlich Versicherten zur bundesweit günstigsten Krankenkasse wechseln, ergäbe sich daraus eine Entlastung von 3,6 Milliarden Euro“, sagt Ansgar Lammersdorf, Geschäftsführer bei Check24. Ein Wechsel kann sich also auszahlen. Wer sind die günstigsten Anbieter? Was ist beim Kassenwechsel zu beachten? Das Abendblatt beantwortet die wichtigsten Fragen.

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Welches sind die günstigsten Kassen
in Hamburg?

In der Hansestadt können Versicherte zwischen 50 Krankenkassen auswählen. Die günstigsten Anbieter sind nach einer Auswertung von Check24 zwei Betriebskrankenkassen (BKK) und eine Ersatzkasse mit einem Beitragssatz von jeweils unter 15 Prozent. Das sind die beiden BKK Euregio und Firmus sowie die HKK (Handelskrankenkasse). Mit ihren Zusatzbeiträgen liegen die drei Anbieter deutlich unter dem Durchschnittswert von 0,90 Prozent beim Zusatzbeitrag.

Bei einem Monatsverdienst von 4500 Euro liegt die jährliche Ersparnis bei rund 300 Euro, wenn ein Versicherter von einem Anbieter mit einem Beitragssatz von 16,10 Prozent dorthin wechselt. Dazu gehört neben der DAK Gesundheit die Kaufmännische Krankenkasse (KKH). Die teuerste Krankenkasse in Hamburg ist im Moment noch die Viactiv Krankenkasse mit einem Beitragssatz von 16,30 Prozent. Doch sie hat angekündigt den Zusatzbeitrag zum 1. April 2019 um 0,50 Punkte zu senken.

Wie setzt sich der Beitrag zusammen?
Alle Kassen erheben mindestens den Grundbeitragssatz von 14,6 Prozent. Den individuellen Zusatzbeitrag bestimmen die Kassen selbst. Er ist ein Mittel des Wettbewerbs. Die Werte in der Tabelle (siehe oben) beziehen sich nur auf den Krankenkassenbeitrag ohne gesetzliche Pflegeversicherung.

Wann kann ein Versicherter die
Krankenkasse wechseln?

Wechseln kann ein gesetzlich Versicherter erst, wenn er schon länger bei einer Kasse ist. „Die Mitgliedschaft muss mindestens 18 Monate bestehen“, sagt Christoph Kranich von der Verbraucherzentrale Hamburg. Wer einen Tarif mit Selbstbehalt hat, muss mindestens drei Jahre Mitglied sein. „Eine Ausnahme gibt es, wenn die Krankenkasse den Zusatzbeitrag erhöht“, sagt Kranich. Dann gilt unabhängig von der 18-Monatsfrist ein Sonderkündigungsrecht. Wechsler müssen aber auch in diesem Fall eine Frist beachten: Das Kündigungsschreiben muss spätestens bis Ende des Monats bei der Versicherung eingehen, in dem diese das erste Mal den neuen Zusatzbeitrag erhebt. Die reguläre Kündigungsfrist beträgt zwei volle Monate zum Monatsende. „Das bedeutet, wer bis Ende Februar bei seiner alten Kasse kündigt, der kann dann zum 1. Mai bei einem neuen Anbieter sein“, sagt Kranich.

Wie hoch kann die Ersparnis sein?
Das hängt vom bisherigen Beitragssatz und sehr stark von der Höhe des Gehalts ab. Je höher das Einkommen, desto größer die Ersparnis. Das gilt allerdings nur bis zur sogenannten Beitragsbemessungsgrenze. Bis zu diesem Betrag werden Krankenkassenbeiträge erhoben. Erhält ein gesetzlich Krankenversicherter ein höheres Gehalt, muss er dennoch nicht mehr Beitrag zahlen. 2019 beträgt diese Beitragsbemessungsgrenze 54.450 Euro brutto im Jahr oder 4537,50 Euro im Monat. In der Tabelle werden die DAK und die KKH als Beispiele gewählt, weil sie hohe Beitragssätze haben. Eine Empfehlung, diese Kassen zu verlassen, ist damit nicht verbunden.

Was spricht für einen Wechsel?
„Entscheidend sollte sein, ob man mit den Leistungen der Krankenkasse zufrieden ist oder nicht“, sagt Verbraucherschützer Kranich. „Wir raten ausdrücklich von einem Krankenkassen-Hopping nur unter finanziellen Gesichtspunkten ab.“ In jedem Fall sollten die Kassenleistungen bei der Entscheidung über einen Wechsel berücksichtigt werden.

Wie stark unterscheiden sich die
Leistungen der Krankenkassen?

Zu 95 Prozent sind die Leistungen gesetzlich festgelegt und daher bei allen Anbietern gleich. Bei Zusatzleistungen gibt es aber deutliche Unterschiede. „Was einem Versicherten dabei wichtig ist, hängt von den persönlichen Bedürfnissen ab“, sagt Verbraucherschützer Kranich. Nach einer Studie von Check24 ist 66 Prozent der gesetzlich Versicherten die Übernahme der Kosten einer professionellen Zahnreinigung besonders wichtig. Solche Behandlungen kosten in der Regel zwischen 60 und 85 Euro. Von den fünf günstigsten Krankenkassen geben BKK Firmus (40 Euro), BKK Verbund Plus (75 Euro) und IKK Gesund plus (30 Euro) einen Zuschuss.


Welche Vorteile bieten Krankenkassen wie Techniker, AOK und Barmer?
Sie wurden mithilfe des Vergleichsportals Check24 als günstigste Krankenkassen ermittelt unter bestimmten Voraussetzungen. Die Voraussetzungen bei der Erstellung der Reihenfolge waren, dass die Kasse mindestens eine Geschäftsstelle in Hamburg hat, und Reiseschutzimpfungen sowie osteopathische Behandlungen und professionelle Zahnreinigung zumindest teilweise übernimmt.

Allerdings werden die Kosten für die Zahnreinigung von einigen Krankenversicherungen nur unter bestimmten Bedingungen übernommen. Während es bei der BIG einen Zuschuss von 50 Euro dafür gibt, müssen bei anderen Anbietern bestimmte Zahnärzte aufgesucht werden. Die AOK Rheinland/Hamburg bezuschusst die professionelle Zahnreinigung mit bis zu 60 Euro. „Eine Bindung an spezielle Vertragsärzte ist dabei nicht vorgesehen“, sagte eine Sprecherin der AOK. Voraussetzung für den Zuschuss ist aber die Teilnahme an einem Bonusprogramm. Das ist mit dem Erreichen bestimmter Gesundheitsziele verbunden.

Auch hier gilt: Es hängt von den persönlichen Präferenzen ab, für welche Krankenkasse man sich entscheidet – nicht nur vom Beitragssatz.