Hamburg. Der BUND kritisiert die Pläne, den Hamburger Flughafen auszubauen. Michael Eggenschwiler verteidigt das Vorhaben.
Dass ein Flughafenchef und ein Umweltschützer in der Regel auf sehr unterschiedliche Ideen kommen, kann man als gesetzt betrachten. Am Dienstag allerdings handelten Hamburg-Airport-Chef Michael Eggenschwiler und BUND-Landgeschäftsführer Manfred Braasch ähnlich. Beide warfen ihre Terminplanung über Bord und setzten kurzfristig Pressekonferenzen an – im Stundenabstand und natürlich getrennt. Und dabei ging es ziemlich zur Sache. Der BUND forderte den sofortigen Stopp aller Ausbaupläne am Hamburger Flughafen und außerdem die Abberufung von Eggenschwiler.
Hintergrund sind die Planungen für den Ausbau des innerstädtischen Airports in Fuhlsbüttel mit einem Investitionsvolumen von insgesamt 500 Millionen Euro. Wegen des steigenden Passagieraufkommens soll unter anderem die Zahl der Flugsteige von 34 auf 56 ausgeweitet werden, nach Abendblatt-Informationen rechnet der Helmut-Schmidt-Flughafen im Jahr 2035 mit rund 26 Millionen Passagieren.
Aus Sicht des BUND sind die Planungen rechtlich nicht haltbar und müssen deshalb sofort gestoppt werden. Über Jahre sei die massive Ausbauplanung vom Flughafen mit Rückendeckung der Genehmigungsbehörden umgesetzt worden. „Dies hätte nur mit einem Planfeststellungsverfahren und entsprechender Öffentlichkeitsbeteiligung geschehen dürfen“, sagte Braasch. „Die völlig überholte Planfeststellung aus dem Jahr 1997 deckt diesen Ausbau nicht ab.“ Darin werde als dritte Ausbaustufe eine Kapazitätserhöhung auf 14 Millionen Passagiere und 195.000 gewerbliche Flüge genannt. Braasch geht davon aus, dass langfristig zu den bisher pro Jahr 160.000 Starts und Landungen 100.000 Flugbewegungen dazukommen. Das ergebe sich aus einer Analyse der Beratungsfirma FDC Airport Consulting, die der BUND beauftragte.
Zahl der Flugbewebgungen soll jährlich um 0,5 Prozentpunkte steigen
Kurz zuvor hatte Eggenschwiler das rechtmäßige Vorgehen bei der Planung des sogenannten Interimsgebäudes auf dem Vorfeld und dem Ausbau der Pier Süd verteidigt. „Wir haben immer bei all unseren Projekten ganz regulär die Genehmigungen sowohl unserer Gremien des Flughafens als auch aus baulicher Sicht“ eingeholt, sagte der Flughafenchef im Terminal 2. Die Zahl der Flugbewegungen solle jährlich nur um etwa 0,5 Prozentpunkte steigen.
Braasch kritisierte, dass der Flughafenchef mit Einzelgenehmigungen für mehrere Ausbauschritte ein gesetzlich vorgeschriebenes Verfahren zu umgehen versucht und damit der Bevölkerung ihr Beteiligungsrecht vorenthalten habe. Damit sei eine Grenze überschritten. „Michael Eggenschwiler ist Chef eines mehrheitlich in öffentlicher Hand befindlichen Unternehmens und hat zum Wohl der Stadt und seiner Bürger zu handeln. Wer sich mit einem überdimensionierten Prestigeflughafen in Hamburg ein Denkmal setzen will, muss seinen Platz räumen“, so Braasch. Eggenschwiler wollte die Rücktrittsforderung nicht kommentieren.
Der BUND-Chef forderte Wirtschaftssenator Michael Westhagemann (parteilos) auf, die Ausbaupläne zu stoppen und die Aufsicht über den Flughafen neu zu ordnen. Gerade angesichts der Passagierzuwächse in den vergangenen Jahren – von 13,5 Millionen 2013 auf 17,6 Millionen im vergangen Jahr – und der steigenden Belastung der Bevölkerung, so Braasch, „muss man am Hamburger Flughafen auch über Grenzen des Wachstums nachdenken“.
In der Wirtschaftsbehörde wollte man sich zu der Rücktrittsforderung des BUND nicht äußern. „Über die Pläne zur bedarfsgerechten Anpassung der Terminals des Hamburger Flughafens wurde sowohl medial als auch in parlamentarischen Gremien breit informiert“, sagte eine Sprecherin. Die Planungen seien rechtmäßig.
Pier Süd soll Anfang 2024 in Betrieb gehen
Eggenschwiler verteidigte die Ausbaupläne gegen die Kritik von Airlines. „Es gibt Zeiten, wo es an den Terminals oder an der Pier recht eng ist“, sagte er. Die eingesetzten Maschinen würden nicht nur größer, sondern auch voller. Daher seien die Wartebereiche gut ausgelastet. Es sei wichtig, dass man den Komfort erhöhe „und die Passagiere auch sehen, wir tun etwas für sie“.
Am Vortag hatte Ralf Teckentrup, Condor-Chef und Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Fluggesellschaften (BDF), im Abendblatt kritisiert, dass der Flughafen in Hamburg zu viel Infrastruktur in zu kurzer Zeit aufbaue. An den bestehenden Gates gebe es noch Platz für Wachstum. „Die Fluggesellschaften sehen für die Dauer der nächsten fünf Jahre keinen Bedarf für den Bau der Pier Süd“, sagte Teckentrup. Bei diesem Vorhaben sollen auf dem alten Frachthof ab 2020 nach aktualisierten Angaben des Flughafens fünf (statt bisher sechs) Flugsteige gebaut werden. Zum Hintergrund: Derzeit stocken die Gespräche zwischen Airlines und Flughafen über eine Erhöhung der Gebühren. Diese werden zur Finanzierung der Infrastruktur eingesetzt. „Pier Süd soll Anfang 2024 in Betrieb gehen“, sagte Eggenschwiler. Gebäudenahe Gates seien von den Fluglinien heute immer stärker gewünscht. Grundsätzlich sei es für Flughäfen eine schwierige Aufgabe, die Infrastruktur rechtzeitig bereitzustellen, insbesondere wenn das Passagierwachstum deutlich zulegt – so wie es in Hamburg in den vergangenen Jahren geschehen ist.
Auch zum Interimsgebäude auf dem weit von den Terminals entfernten Vorfeld 2 äußerte sich Eggenschwiler. Es soll Ende 2019 in Betrieb gehen und mindestens während der Bauzeit von Pier Süd bis 2024 in Betrieb sein. Danach sollen die Passagiere möglichst alle wieder in Terminal 1 und 2 an Bord gehen. Eine Hintertür ließ er sich aber offen. Wenn der Bedarf da sei, könnten anschließend weiter Busse dorthin fahren. Eggenschwiler: „Wir werden sehen, wie die Verkehrsentwicklung ist. Vielleicht sind wir dann ganz froh, dass wir es haben. Vielleicht werden wir es dann wieder relativ schnell stilllegen.“