Hamburg. Schweden geben Pilotprojekt auf. Filialen am Jungfernstieg, in Altona und im AEZ machen dicht. Rund 70 Mitarbeiter betroffen.

Mehr royaler Glanz geht nicht. Der neue Flagshipstore von Clas Ohlson in Hamburg hat gerade 24 Stunden geöffnet, als im Mai 2016 Königin Silvia ins Geschäft kommt. Die schwedische Monarchin nutzt einen Besuch in der Hansestadt zum Bummel durch den Laden. In kurzer Zeit versammeln sich viele Menschen vor dem Laden, um die beliebte Regentin mit deutschen Wurzeln zu fotografieren.

Einen glamourösen Start legte die schwedische Einrichtungskette bei ihrem ersten Schritt in Deutschland hin. Der Markt in der Bundesrepublik biete hohes Potenzial, die Stadt an der Alster sei wegen der Nähe zum Heimatmarkt, dem Verständnis für die Kultur und der hohen Kaufkraft der perfekte Ort für die Erstansiedlung, hieß es damals. Und die Expansion schritt schnell voran: Clas Ohlson eröffnete Filialen in den Einkaufszentren AEZ und Mercado. Mit dem Start in Deutschland sei man „sehr zufrieden“, sagte eine Managerin, als im November 2017 das vierte Hamburger Geschäft an der Spitalerstraße aufmachte. Weitere Läden in der Hansestadt sollten folgen, dann wollte man die Expansion in andere Großstädte angehen, bevorzugt in Innenstädten, hieß es.

Geplante Ziele wurden nicht erreicht

Nun bewertet das schwedische Unternehmen die Lage ganz anders. Die Schweden ziehen sich aus dem deutschen Markt zurück. Wie aus dem Halbjahresreport 2018/19 von Clas Ohlson hervorgeht, will die Kette alle Geschäfte in Großbritannien und in der Bundesrepublik schließen. Eine erste Beurteilung der vier Pilotgeschäfte in Deutschland habe ergeben, dass die Filialen nicht in der Lage seien, die geplanten Ziele zu erreichen, sagt die Vorstandschefin Lotta Lyrå. In Großbritannien seien über zehn Jahre hinweg „signifikante Verluste“ angefallen. Nun will sich die Kette außerhalb Skandinaviens auf das Onlinegeschäft konzentrieren. Die Bürger hierzulande sollen bei Clas Ohlson nur noch im Internet einkaufen können.

„Unsere Erwartungen an den deutschen Markt haben sich leider nicht erfüllt“, sagte Konzernsprecher Niklas Carlsson dem Abendblatt. Seit Eröffnung des ersten Hauses sei es nicht gelungen, die Filialen als Ganzes profitabel zu machen. „In Deutschland herrscht ein sehr harter Wettbewerb. Trotz großer Anstrengungen durch unser Team waren wir nicht in der Lage, das Geschäft so zu entwickeln, wie wir gehofft hatten.“ Clas Ohlson bewegt sich mit seinem Sortiment gleich in mehreren, hart umkämpften Bereichen. Bei den Schweden gibt es nicht nur diverse Einrichtungsgegenstände wie Weihnachtsdeko zu kaufen, sondern auch Haushaltsbedarf und Artikel wie Bohrer, Besen und Wandfarbe, die Kunden sonst eher im Baumarkt vermuten.

Unklar, wann genau Clas Ohlson Hamburger Fililalen schleßt

Wie hoch die Verluste in Deutschland genau waren, wollte der Sprecher nicht sagen. Aus dem Halbjahresbericht geht aber hervor, dass durch die Aufgabe der Geschäfte in Großbritannien und in Deutschland ein positiver Effekt auf den operativen Gewinn von 75 Millionen schwedischen Kronen (etwa 7,3 Millionen Euro) pro Jahr zu erwarten ist. Zugleich rechnet die Kette allerdings auch mit einmaligen Kosten für die Geschäftsaufgabe in Höhe von 210 Millionen Kronen (etwa 20,5 Millionen Euro).

Die Schließung der Filialen in Deutschland und Großbritannien trifft insgesamt 150 Mitarbeiter. In Hamburg sind nach Angaben des Sprechers rund 70 Beschäftigte betroffen. Die Mitarbeiter wurden am Dienstag von dem Rückzug aus Deutschland informiert.

Wann genau die vier Hamburger Filialen dicht gemacht werden, steht im Augenblick noch nicht fest. „Wir wollen die Geschäfte bis April 2019 schließen“, so Carlsson. „Ob dies gelingt, hängt aber auch von den bestehenden Mietverträgen ab.“ In der Hansestadt sitzen die Schweden zum Beispiel im repräsentativen Streit’s-Haus am Jungfernstieg, das zuvor das gleichnamige Kino beherbergte. Das Haus wurde extra für die skandinavische Kette umgebaut. Mehrjährige Mietverträge sind bei solchen Immobilien üblich. Der Vermieter des Streit’s Haus wollte sich auf Anfrage nicht zu dem Vorgang äußern. Auch beim Shoppingcenter-Betreiber ECE, der im AEZ die Flächen für Clas Ohlson vermietet, hielt man sich zurück. „Grundsätzlich würden wir es aber bedauern, wenn sich Clas Ohlson tatsächlich komplett aus dem deutschen Markt zurückziehen möchte, da dieses innovative Konzept unser Angebot im AEZ sehr gut ergänzt“, sagte ein Sprecher.

Ein kleiner Werkzeugkoffer für Prinzessin Estelle aus Hamburg

Ungeachtet des Rückzugs aus Deutschland will das 1918 in Insjön gegründete Unternehmen in Skandinavien an dem bestehenden Filialnetz festhalten. 1989 eröffnete die erste Filiale außerhalb von Insjön. Zwei Jahre später kam Norwegen mit einem Laden in der Hauptstadt Oslo als erster Auslandsmarkt hinzu. Heute betreibt die Kette 96 Geschäfte in Schweden, 40 in Finnland und 90 in Norwegen. Der Wandel hin zum verstärkten Einkaufen im Internet verändert aber auch die Strategie in Skandinavien. „Wir fokussieren uns auch hier klar auf das Onlinegeschäft“, so Carlsson. Deshalb sei man gerade dabei, im Internet das Angebot auch auf Dienstleistungen für den Haushalt auszuweiten. „Dazu gehören etwa Klempner- oder Elektrikerarbeiten.“

Eine sehr bekannte Schwedin konnte in den vergangenen zweieinhalb Jahren übrigens den richtigen Umgang mit Werkzeugen lernen. Königin Silvia hatte bei ihrem Kurzbesuch in Hamburg 2016 einen kleinen Werkzeugkoffer erhalten – es war ein Geschenk für ihre Enkelin, Prinzessin Estelle.