Hamburg. Hamburger Start-up Kushel will mit besonderem Materialmix Heimtextilien nachhaltig machen mit Fasern aus Buchenholz. Made in Europe.

Erst mal wirkt es wie ein Widerspruch. „Wir haben nach einem Produkt gesucht, das es so noch nicht gibt“, sagt Jim Tichatschek. Da hängt die Latte natürlich hoch. Der Hamburger sitzt mit seinem Zwillingsbruder John und Mattias Weser im Konferenzraum eines Start-up-Büros in Ottensen. Drei eher unaufgeregte Typen. Pulli, Bart, sachorientiert.

Ein Jahr haben sie ihr Projekt entwickelt. Das Ergebnis: ein Handtuch. Neu ist was anderes. Aber dieses Handtuch soll nicht nur weich und saugfähig sein, sondern auch besonders nachhaltig produziert. „Wir wollen einen neuen Trend setzen und beweisen, dass es möglich ist, ein Produkt herzustellen, während man gleichzeitig der Umwelt mehr Ressourcen zurückgibt, als für die Produktion verbraucht werden“, sagen die Gründer.

Handtücher aus Holz

„Kushel“ haben sie es genannt. Das Besondere ist der Materialmix. „Unsere Handtücher sind mit Holz gemacht“, sagt Jim Tichatschek. Die Modalfasern werden aus Rotbuchen gewonnen und mit Biobaumwolle gemischt – im Verhältnis 30 zu 70. „Der Modalanteil macht die Handtücher weicher, atmungsaktiver und saugt mehr Feuchtigkeit auf“, sagt Mattias Weser. Zudem belastet die Herstellung die Umwelt weniger. Nach Berechnungen von Nachhaltigkeitsberater Felix Spethmann von der Hamburger Firma Klimapartnerschaft werden bei der Kushel-Produktion im Vergleich zu herkömmlichen Handtüchern 90 Prozent weniger Frischwasser verbraucht und 44 Prozent CO2-Emissionen gespart.

Es geht also um mehr als nur ums Abtrocknen. Jim Tichatschek, ein studierter Volkswirt, hat mehrere Jahre als Unternehmensberater für große Firmen in Hamburg gearbeitet. 2015 machte er sich mit dem Vertrieb von Rucksäcken der Szenemarke Ethnothek im deutschsprachigen Raum selbstständig, die vor allem aus recyceltem Kunststoff gefertigt und mit handgewebten Stoffen von kleinen Manufakturen aus der ganzen Welt versehen werden. „Ich wollte meine Energie für Produkte verwenden, die Sinn stiften“, sagt der 35-Jährige im Rückblick. Allerdings stellte er auch fest, dass der Absatz an Grenzen stieß. „Die Kunsthandwerker schaffen gar nicht so viel, wie wir verkaufen könnten.“ Das war die Initialzündung für das Gründertrio, eine eigene Marke zu etablieren­ mit Produkten, die vielseitig nutzbar, umweltverträglich und in industrieller Fertigung in großen Stückzahlen produzierbar sind.

Die Fasern stammen von Buchenholz

Nachgedacht haben die Gründer über besondere Sofakissen, Flip-Flops oder Regenschirme – natürlich immer mit einem speziellen Umweltaspekt. „Ein Handtuch ist etwas, was alle brauchen. Da kann man viel bewegen“, sagt John Tichatschek, der für das Start-up aus seinen Job als Aufnahmeleiter bei Filmproduktionen ausstieg. Die drei fingen an, den Markt zu sondieren, Hersteller und Materialien zu prüfen, fuhren auf Messen. Schließlich entschieden sie sich für einen Produzenten von Modalfasern aus Buchenholz, die aus nachhaltiger Forstwirtschaft in Österreich stammen, nicht bewässert, gedüngt und weit transportiert werden müssen. Die Biobaumwolle kommt aus der Türkei. An der Weiterverarbeitung sind eine Spezialspinnerei in Griechenland und eine Weberei in Nordportugal beteiligt. „Uns war wichtig, dass der gesamte Produktionsablauf in Europa bleibt“, sagt Mattias Weser.

100.000 Euro haben die Start-up-Unternehmer nach eigenen Angaben schon in ihr Projekt gesteckt – und viel Arbeitszeit. Inzwischen ist klar, wie das Handtuch aussieht, dass es zunächst drei Farben (Naturweiß, Rosa, Dunkelgrau) geben soll und vier Größen vom Gesichtshandtuch bis zum Badelaken. Das Textilsiegel Ökotex 100 haben sie bereits, weitere Zertifikate sollen folgen. „Unser Ziel ist, die erste klima- und ressourcenpositive Marke auf dem Markt zu sein“, sagt Mattias Weser, der Kommunikationsdesign studiert und unter anderem bei Trendforscher Peter Wippermann gearbeitet hat. Das soll auch dadurch erreicht werden, dass Wasserverbrauch und CO2-Emissionen durch Zertifikate und die Finanzierung von Wasserprojekten kompensiert werden. Für jedes verkaufte Handtuch versprechen die Gründer, zwei Bäume zu pflanzen. Im kommenden Jahr soll die Marke mit weiteren Heimtextilien ausgebaut werden.

Kushel gibt es erst ab April 2019

Um mit der Produktion beginnen zu können, will das Unternehmertrio jetzt weiteres Kapital über ein Crowd-funding bei der Finanzierungsplattform Kickstarter einsammeln. Mindestens 15.000 Euro sollen bis zum 3. Dezember zusammenkommen. Interessenten an ihren Handtüchern bieten sie günstige Preise. Statt 24 Euro kostet am Anfang der Kampagne etwa ein Handtuch in der Größe 50 mal 102 Zentimeter 19 Euro, das größere Duschhandtuch (70 mal 142 Zentimeter) gibt es für 34 statt für 49 Euro.

Bis sich Kushel-Fans tatsächlich abtrocknen können, dauert es allerdings noch: Liefertermin ist April 2019. „Für uns ist das jetzt auch die Chance zu testen, wie die Kunden reagieren, welche Farben und Größen gekauft werden“, sagt Jim Tichatschek. Schließlich wollen die Start-up-Unternehmer, dass die sauberen Handtücher in möglichst vielen Badezimmern hängen.