Hamburg. Die Agentur Poolone vermarktet die Docks von Blohm + Voss im Hafen. Wer dort werben möchte, muss aber strenge Auflagen einhalten.
Will ein Unternehmen in Hamburg auf sich aufmerksam machen, hat es in der Medienstadt viele Möglichkeiten. Der Betrieb kann in verschiedenen Zeitungen Anzeigen buchen, mehrere Radiosender verkaufen ihm Werbeminuten, schließlich gibt es auch noch unzählige Plakatwände in der Stadt. Aber ein Platz verspricht das Maximum an Aufmerksamkeit. Es ist die größte feste Werbefläche in Europa: die Außenwände der Schwimmdocks 10 und 11 bei Hamburgs Traditionswerft Blohm + Voss.
170 Meter lang, zehn Meter hoch. Unübersehbar. Tausende Menschen, Hamburger und Touristen schauen täglich von den Landungsbrücken auf die Docks. Wer Hafenkneipen, Beach-Clubs oder Restaurants in der Umgebung besucht, blickt unweigerlich darauf. An Hafengeburtstagen flanieren Hunderttausende daran vorbei. „Das ist eine extrem begehrte Werbefläche“, sagt Hans Wittwer, einer der Geschäftsführer der Agentur Poolone Giant Media und damit Chef der Dockwerbung. Poolone hat nämlich die Exklusivrechte, die Fläche zu vermarkten.
Die Agentur hat dazu einen Vertrag mit Blohm + Voss sowie einen Rahmenvertrag mit der Stadt darüber geschlossen, was überhaupt an den Dockwänden hängen darf. Werbung im Stadtbild ist nämlich stark reglementiert. Anfang der 90er Jahre sah das noch anders aus. Es gab keine Gesetze für Plakate. Damals waren die Werber noch auf das Wohlwollen der Behörden angewiesen. Doch dann gab es eine Reihe von Gerichtsurteilen und seit 1994 eine klare Regelung. Seitdem weiß jeder Werber, was er darf und was nicht.
An einigen Stellen in der Stadt sind Werbeplakate verboten
Werbeplakate an Baugerüsten, Hauswänden und Plakatständern sind bis zu einer Größe von 120 Quadratmetern erlaubt, sofern sie durch die Bauaufsicht der Stadt genehmigt wurden. Verboten oder nur eingeschränkt möglich sind sie am Rathausmarkt, den Straßen und Wegen rund um Binnen- und Außenalster sowie in Neu-Altona. Dasselbe gilt für eine Reihe von Gebäuden, die unter Denkmalschutz stehen. Für die Docks, die für die Stadt besonders wichtig sind, gelten aber eigene Regeln.
Zigarettenwerbung macht Poolone nicht, aber Alkohol wäre erlaubt. „Entscheidend ist, dass die Werbung Hamburg-Bezug hat“, sagt Wittwer. „Wenn Holsten werben wollte, würde es nicht reichen, dass die Firma aus Hamburg kommt. Sondern das Motiv müsste einen Hamburg-Bezug haben.“ So durfte beispielsweise der US-amerikanische Konzern Amazon für seinen digitalen Sprachassistenten Alexa im Hafen werben, weil ihm ein lokaler Bezug einfiel. „Alexa, spiele das Lied Junge, komm bald wieder“, stand auf dem Plakat. Und den Song von Freddy Quinn verbindet man mit der Hansestadt. Sogar der Hamburger Länder-Konkurrent Baden-Württemberg durfte an den Docks für sich werben: „Weltmarkt grüßt Fischmarkt“, stand auf dem Plakat.
Eine Einschränkung ist, dass Poolone nicht das ganze Jahr Zugriff auf die Dockflächen hat: An drei bis vier Monaten im Jahr soll das Dock frei bleiben, verlangt die Stadt. Das stört Wittwer aber kaum: „Es erhöht doch die Exklusivität, wenn eine Werbefläche nicht immer zu haben ist.“ Zudem können keine Plakate montiert werden, wenn Blohm + Voss im Werftbetrieb die Kräne auf den Docks bewegen muss, da die Monteure der Plakate sich über deren Schienen abseilen müssen. „Grundsätzlich sind Schiffsarbeiten im Dock aber kein Problem für die Werbeplakate“, so Wittwer.
Entwürfe werden von der Lürssen Werft abgesegnet
Er kümmert sich zusammen mit seinen 25 Kollegen von Poolone, davon 14 in Hamburg und elf in Münster, um vieles selbst. Will ein Unternehmen an den Docks werben, beauftragt es eine Werbeagentur, die wiederum Spezialmittler einschalten. Dabei handelt es sich um Agenturen, die auf Außenwerbung spezialisiert sind. Diese wiederum wenden sich an Poolone. Sobald die Werbemotive vorliegen, redet die Agentur mit der Lürssen Werft, zu der Blohm + Voss gehört. Diese wiederum reicht die Vorschläge an die Hamburg Port Authority weiter, die für die Stadt die Hafenflächen betreibt. Da sich alle kennen, funktioniert das reibungslos: „Oftmals kann man schon im Vorfeld klären, ob eine Werbeanfrage genehmigungsfähig ist oder nicht“, sagt Wittwer.
Sobald die Genehmigung vorliegt, beauftragt Poolone eine Digitaldruckerei mit dem Herstellen der Plakate nach dem Motiv, das sie in einer Computerdatei erhalten haben. „Natürlich wird ein 1700 Quadratmeter großes Plakat nicht in einem Stück gedruckt. Vielmehr sind es acht Einzelteile, die später mit einem Abstand von wenigen Zentimetern aufgehängt werden“, sagt Wittwer. „Die Zwischenräume sieht man aber bei der Größe nicht.“
Die Stoffbahnen bestehen aus einem PVC-Netzmaterial. Die Farbe ist nicht wasserlöslich, weil das Plakat halten muss, wenn das Schwimmdock zur Ein- oder Ausfahrt der Schiffe ins Wasser abgesenkt wird. Etwa eine Woche benötigt die Druckerei für den Auftrag. Nicht wegen des Drucks der Plakatteile, sondern wegen des Nähens der Stoffkanten mit starken Ösen. 100 Kilo wiegt eine Stoffbahn, die muss die Befestigung tragen.
Werbung kostet rund 200.000 Euro
Wenn das Plakat fertig ist, beauftragt Poolone Industriekletterer, die die einzelnen Bahnen am Dock festbinden. Aus Sicherheitsgründen verlangt Blohm + Voss, dass eine Barkasse vor der Dockwand kreuzt, falls ein Kletterer doch einmal ins Wasser stürzen sollte. Sechs Stunden hängen sie an der Stahlwand, um das Plakat zu befestigen – bei gutem Wetter mit wenig Wind. Bei schlechteren Bedingungen dauert das Anbringen der Werbung länger.
Das Ganze hat seinen Preis: 200.000 Euro sind schnell mal fällig, inklusive Agenturgebühren. Davon bekommt die Stadt nur eine kleine Gebühr für die Antragsbearbeitung. Blohm + Voss erhält den Löwenanteil der Einnahmen.
Es gibt aber auch Fälle, in denen die Werft und Poolone auf ihr Geld verzichten. Etwa bei Charity-Werbung wie kürzlich für die Basketball-Weltmeisterschaft der Rollstuhlfahrer. „Da die Veranstalter wenig Geld hatten, haben wir die Werbung quasi zum Selbstkostenpreis durchgeführt. Da wir hier leben und arbeiten, ist es uns auch wichtig, etwas für Hamburg zu tun“, sagt Wittwer. Die Werft sehe es ähnlich.
Ihr Geld holen sich die Partner von den zahlungskräftigen Kunden, die an Europas größer Plakatfläche werben wollen. Und da reißt der Strom der Antragsteller nicht ab, wie Wittwer bestätigt: „Wir haben Bewerbungen für 2019 und für 2020.“