Hamburg. Umweltschützer sehen große Fortschritte beim Thema „saubere Mode“. Allerdings gibt es nun Kritik an der Schnelllebigkeit der Kleidung.

Chlorphenole, perfluorierte Kohlenwasserstoffe oder Phthalate: Bei manchen Chemikalien, die noch heute in der Textilproduktioneingesetzt werden, kann dem Verbraucher schon mulmig werden. Gelten sie doch als hochgiftig, krebserregend oder als gefährlich für die Fortpflanzungsfähigkeit. Vor sieben Jahren, am 13. Juli 2011, startete die Umweltschutzorganisation Greenpeace deshalb eine Detox-Kampagne, um elf „chemische Superschadstoffe“ weltweit aus der Textilproduktion zu verbannen und so die Gefährdung für Mensch und Umwelt in den Produktionsländern wie China, Indonesien oder Mexiko zu verringern.

Mit Erfolg, wie die Geschäftsführerin von Greenpeace International, Bunny McDiarmid, nun in Hamburg bilanzierte. „Es gab einen tief greifenden Wandel in der Bekleidungsindustrie“, lobte sie in dem Greenpeace-Bericht „Destination Zero: Sieben Jahre Entgiftung der Textilindustrie“ die Entwicklung in den vergangenen Jahren.

Sichtbare Fortschritte

Insgesamt 80 Firmen, die für etwa 15 Prozent der globalen Textilproduktion stehen, haben sich laut Greenpeace inzwischen verpflichtet, bis 2020 bei der Produktion ihrer Ware den Einsatz der elf gefährlichsten Chemikaliengruppen auf null zu senken. Mit an Bord sind neben den Modegiganten H&M, Primark und Zara, Sportartikelhersteller wie Adidas, Nike und Puma sowie die Handelsketten Aldi und Lidl. Mit dabei ist auch der Hamburger Kaffeeröster Tchibo, der einen großen Teil seines Umsatzes mit Textilien macht.

Die Umsetzung der Versprechen macht Greenpeace zufolge sichtbare Fortschritte. Fast drei Viertel der beteiligten Unternehmen verzichteten mittlerweile bei der Textilproduktion auf gefährliche perfluorierte Chemikalien, sogenannte PFCs, die unter anderem als krebserregend gelten. Die restlichen Unternehmen machten „gute Fortschritte auf dem Weg dahin“. Auch bei anderen gefährlichen Stoffen gehe die Entwicklung voran. „Aus ökologischer Sicht ist dies alles ein riesiger Erfolg“, urteilte Greenpeace. Dabei seien die Forderungen ursprünglich als „Ding der Unmöglichkeit“ abgetan worden.

„Detox ist heute kein Nischenthema mehr“

Thomas Rasch vom Deutschen Modeverband Germanfashion räumt ein, vor der Detox-Kampagne habe das Hauptaugenmerk der Branche auf der Produktsicherheit in Deutschland gelegen. Durch die Kampagne sei auch die Situation in den Produktionsländern stärker ins Blickfeld geraten.

Auch nach Einschätzung von Kai Falk vom Handelsverband Deutschland (HDE) hat die Entgiftungskampagne dazu beigetragen, die Branche zu verändern. „Detox ist heute kein Nischenthema mehr. Das Ziel der Kampagne ist voll im Handel angekommen“, meint er. Für den Handelsexperten Martin Fassnacht von der Wirtschaftshochschule WHU ist das auch nötig: „Die Verbraucher erwarten heute mehr Engagement für die Umwelt von den Unternehmen.“ Bitter für Handel und Hersteller sei allerdings, dass die Masse der Verbraucher nicht bereit sei, mehr dafür zu bezahlen.

Radikaler Wandel nötig

Für Greenpeace sind die bisherigen Erfolge aber kein Grund, sich auszuruhen. Denn Umweltschützer treibt die Sorge um, dass die bisherigen Fortschritte durch die immer größere Schnelllebigkeit der Modewelt unterlaufen werden. Sonst werde der Kleiderkonsum in den nächsten Jahren drastisch ansteigen: Von 62 Millionen Tonnen im Jahr 2017 auf 102 Millionen Tonnen im Jahr 2030, befürchtet Greenpeace. Hier sei die Modebranche gefordert. Sie müsse für einen radikalen Wandel sorgen, indem sie statt immer kurzlebigerer Kollektionen qualitativ bessere, haltbarere und vielseitigere Kleidung herstelle. „Die Zeit ist reif, das nächste Undenkbare in Angriff zu nehmen“, meint Bunny McDiarmid.