Berlin. H&M kommt aus den Schlagzeilen nicht heraus. Offenbar wird Kleidung in einem Gefängnis in China produziert. Auch C&A ist betroffen.

Die Vorwürfe von Peter Humphrey wiegen schwer: Der britische Privatdetektiv will in seiner fast zwei Jahren langen Zeit in einem Gefängnis in China mitbekommen haben, wie Häftlinge zur Herstellung von Kleidung für große Ketten wie H&M oder C&A eingesetzt worden sind.

Wie Humphrey in einem Bericht in der „Financial Times“ schreibt, sei das am Stadtrand der Millionen-Stadt Shanghai gelegene Gefängnis Qingpu Teil der Lieferkette vieler bekannter Unternehmen.

So habe er auch gesehen, wie Häftlinge Kleidung oder Einzelteile für den Konsumgüterhersteller 3M produzieren. Wie Soldaten seien sie am Morgen in die Gefängnisfabrik marschiert, beschreibt Humphrey seine Eindrücke. Um Zwangsarbeit soll es sich aber nicht handeln.

Viele von ihnen seien Afrikaner und Asiaten gewesen, die kein Geld gehabt hätten und für die die Gefängnisarbeit die einzige Möglichkeit gewesen sei, sich etwas dazu zu verdienen, um sich Snacks oder Hygieneartikel im Gefängnis leisten zu können. Dafür hätten sie umgerechnet etwa 15 Euro erhalten – pro Monat.

H&M und C&A verbieten Gefängnisarbeit – eigentlich

Vom Portal „Quartz“ auf den Bericht angesprochen verweist ein Sprecher von H&M darauf, dass alle Lieferanten des Konzerns eine Verpflichtung unterschrieben müssen, die unter anderem Zwangs- und Gefängnisarbeit verbietet. „Nach unserem Kenntnisstand gibt es keine Verletzung“, sagte der Sprecher. Aber man nehme den Bericht ernst.

Das Unternehmen habe allerdings von Gerüchten über die Gefängnisarbeit in der Vergangenheit gehört und deshalb die Lieferanten aus China daran erinnert, dass eine Verstoß gegen die Richtlinie zu einem dauerhaften Abbruch der Geschäftsbeziehungen führen würde.

Auch der deutsche Konzern C&A, der angeblich vor einem Verkauf an chinesische Investoren steht, verbietet Gefängnisarbeit in seinen Verhaltensregeln. Bei der jährlichen Überprüfung der 273 Lieferanten in China seien keine Auffälligkeiten festgestellt worden, sagte ein Sprecher. Auch C&A droht laut „Quartz“ bei Widersetzung mit Abbruch der Geschäftsbeziehungen.

Verzweigtes Konstrukt der Produktionskette

Gefängnisarbeit wird von den Konventionen der UN-Institution Internationale Arbeitsorganisation (ILO) nicht grundsätzlich untersagt. Trotzdem haben sich viele Unternehmen in ihren ethischen Richtlinien dagegen ausgesprochen, Gefängnisse zum Teil ihrer Produktionskette zu machen. Dazu gehören auch die Modekonzerne H&M und C&A.

Produzieren Unternehmen doch in Gefängnissen, sind sie dazu angehalten, die Regeln der ILO zu befolgen, die eine Grenze zur Zwangsarbeit ziehen sollen. Ob und wie die Richtlinien kontrolliert werden, ist allerdings unklar.

Zudem schreibt Humphrey, der 2014 bis 2015 wegen Spionage in Haft war, dass die betroffenen Marken oftmals gar nichts von der Praxis mitbekämen. Mögliche mache das ein verzweigtes Konstrukt in der Produktionskette in Ländern wie China oder Bangladesch.

Rapider Imageverlust von H&M

Viele Marken hätten einen Vertrag mit einer Fabrik, die wiederum Verträge mit anderen Fabriken oder dem mit viel günstigeren Gefängnis schließe. Wo genau die Ware produziert wurde, sei dann nicht mehr genau herauszufinden.

Für H&M dürfte der Imageschaden durch den Bericht indes noch größer werden. Zuletzt sah sich die angeschlagene Modekette unter anderem Rassismus-Vorwürfen ausgesetzt, weil es mit einem schwarzen Jungen im Affen-Pullover geworben hatte.